Der unbekannte Franz Schmidt und andere Entdeckungen

Ich bilde mir ein, mich in Sachen Kultur ganz gut auszukennen. Egal ob bildende Kunst oder klassische Musik, da bin ich auf der Höhe. Und doch gibt es immer wieder Künstler, von denen ich noch nie gehört habe und die für mich eine echte Entdeckung sind. So ging es mir mit Franz Schmidt, aber auch mit Else Berg, Charlotte Salomon und Lotte Laserstein.

So oft über Social Media gelästert wird, können Twitter oder Facebook doch zu Fundgruben werden. Ohne Twitter etwa hätte ich Franz Schmidt (1874-1939) nie kennengelernt. Wobei der Mann die sogenannte Google-Krankheit hat. Mit dem Namen bist du alles andere als einmalig und stichst bei Google kaum aus der Masse heraus. Wobei der arme Franz Schmidt auch noch mit der Tatsache geschlagen ist, dass es einen berühmten Henker gleichen Namens gibt, ebenso wie einen Architekten, einen Mechaniker, einen Spielwarenfabrikanten und etliche andere.

Musikbeschreibungen mit viel Melodie

Auf das Unglück, als großartiger Komponist mit einem Allerweltsnamen geschlagen zu sein, weist auch Hofrat Dr. Fandorin hin, dem ich den Hinweis auf Franz Schmidt (den Komponisten) zu verdanken habe. Mehr noch: Der Hofrat hat die Musik Schmidts so wunderbar beschrieben, dass seine Tweets wie Musik klingen. Hier gibt es den ganzen Longread in gut lesbarer Form (auf den Thread-Reader klicken):

Die Tweets haben richtig Lust aufs Reinhören gemacht. Der Hofrat hat nicht übertrieben. Dieser Franz Schmidt war ein Künstler und ein Komponist, der es verdient hätte, viel mehr beachtet zu werden. Ich hoffe, er erlebt eine Renaissance, wie sie seit einigen Jahren dem von mir sehr geschätzten Josef Gabriel Rheinberger zuteil geworden ist.

Wer Kunst und Kultur liebt, sollte auf Twitter unbedingt H. P. folgen. Dem Account habe ich eine andere Entdeckung zu verdanken: Else Berg. Eine der vielen Künstler und Künstlerinnen, die den Nazis zum Opfer fielen.

Der Wikipedia-Eintrag über Else Berg ist eher schmal, offenbar ist nicht viel über sie bekannt. Ich hatte den Namen vorher noch nie gehört. Sie ist genauso eine Neuentdeckung für mich wie Charlotte Salomon, eine Malerin, die ebenfalls dem Holocaust zum Opfer fiel. Oder Lotte Laserstein, die das Dritte Reich in einem Versteck überlebte. Alles Künstlerinnen, die ich ohne Social Media nicht kennengelernt hätte. Und dabei dachte ich immer, ich wüsste über Kunstgeschichte gut Bescheid. Aber diese verfolgten Künsterlinnen waren lange ein blinder Fleck für mich. Eine andere, zu Unrecht vergessene Künstlerin dieser Zeit ist Alice Freifrau von Maltzahn (1883-1973), geborene Alice Marie Ella Markgräfin von Coligny-Petitjean, die allerdings einen ganz anderen Hintergrund hatte.

Späte Würdigung großer Künstler

Vieleicht liegt es daran, dass ich Jahrgang 1960 bin, mein Kunstgeschichtsstudium 1981 begonnen habe und diese Künstler erst langsam wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt sind. Ebenso wie Felix Nussbaum, über den Dank glücklicher Umstände und seiner Biografie so viel mehr bekannt ist wie über seine Zeitgenossinnen. Wie gerne erinnere mich an den Besuch des Felix-Nussbaum-Hauses bei meiner #tourdemuseum vor einem Jahr.

Nehme noch Tipps entgegen

Wer weiß, wie viele Künstler und Komponisten noch da draußen sind, von denen ich nichts weiß, die mir aber sehr gefallen könnten. Wenn irgendjemand Tipps für mich hat, nur her damit. Ich bin immer neugierig auf Neues, ohne dabei das Bewährte zu vergessen. Aber an guter Kunst, sei sie in Form von Musik, Bildern, Skulpturen oder Büchern kann man nie genug haben.

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