Applaus und Akkord

Eines vorweg: Ich bin bekennender Fan von klassischer Musik und kenne mich mit den Gepflogenheiten klassischer Konzerte aus. Ich weiß aber auch, dass ich damit ziemlich einsam auf weiter Flur stehe. Für viele ist klassische Musik genau das, was ich einst als bissigen Witz las: Klassik – tote Musik für halbtote Zuhörer.

Genau das ist es aber nicht. Es ist eine Musik, die einen mitreißt oder in sich versinken lässt. Und dann kommt er, der Moment, in dem der verzückte Zuhörer  harsch aus seinem Hingerissensein gerissen wird: Wenn nach dem ersten Satz geklatscht wird. Zögernd fallen etliche weitere Zuschauer ein, wenn das Applaudieren beginnt. Bald macht sich Verlegenheit breit, das Klatschen erstirbt schnell, der Dirigent hebt die Hände zum nächsten Einsatz. Zugegeben, ich übertreibe ein bisschen, aber so kommt es mir halt oft vor.

Wann darf ich im klassischen Konzert klatschen? Grundsätzlich, zumindest in unserem Kulturkreis, nicht zwischen den Sätzen. Wohl aber zwischen den einzelnen Werken. Wer unsicher ist, schließe sich der Masse an. Ein innerer Applausometer hilft, zwischen falschem, weil magerem Beifall, und dem echten, frenetischen Applaus zu unterscheiden.

Dass Klassik still genossen wurde, war nicht immer so. Zu Mozarts Zeiten wurde im Opernhaus getratscht, gelacht,  gepöbelt – nicht über die Musik. Die war damals häufig das, was heute die Musik im Kaufhaus ist. Kulisse, Hintergrundbeschallung. Lag es vielleicht daran, dass niemand richtig hingehört hat, dass Mozart zu Lebzeiten keine Anerkennung seiner Musik fand. Seit Gustav Mahler änderte sich das, die Zuhörer lauschten der Musik, würdigten die Leistung der Künstler. Und hörten auf, zwischen den Sätzen zu klatschen.

Zu Recht, wie ich finde. Ein Werk, auch wenn es nach Sätzen gegliedert ist, ist eine geschlossene Einheit, Satz baut auf Satz auf. Die Linie wirkt nur ungebrochen. Und noch ein Argument gegen das Klatschen zwischen den Sätzen, das mir als Laien-Chorsängerin einfällt: Beginnt ein Chorstück mit dem vollen Choreinsatz auf der allerersten Zählzeit, braucht der Chorist die Tonart des vorangegangenen Satzes, um seinen Ton zu finden. Wie soll das gehen, wenn zwischendurch Applaus den Akkord überstimmt? Fatal, wenn der Chor den nächsten Einsatz harmonisch vergeigt.

Wenn  der letzte Ton verklungen, das Werk zumeist mit einem furiosen Finale zu Ende gebracht ist, dann darf applaudiert werden, am besten frenetisch. Aber bitte erst nach dem letzten Ton und einer ein paar sekündigen Stille, der Stille der Ergriffenheit. Wenn applaudieren trotz aller angeführten Argumente zwischen den Sätzen durchaus noch hinnehmbar ist, ist eines meiner Ansicht nach eine Todsünde: In die letzten Töne hinein laut „Bravo“ zu rufen oder schon loszuklatschen. Aber das tun sowieso nur Leute, denen es beim Konzertbesuch nicht um die Musik geht. Denn das ist ein Phänomen, das vor allem bei Benefizkonzerten auftritt.

Ein lesenwerter Artikel der Berner Zeitung von vor einem Jahr würde übrigens eifrig kommentiert: Die Klatschpolizei hört alles.

 

http://tt.bernerzeitung.ch/kultur/klassik/Die-Klatschpolizei-hoert-alles/story/19448559

 

Das Poesiealbum – ein Zeitdokument

„Deutsch sein heißt gut sein, treu sein und echt!“

Das schrieb der damals 23-jährige Lehrer Curt Frege in das Posiealbum, das sein Bruder Johannes, mein Großvater, gerade geschenkt bekommen hatte. Ein in Leder gebundenes Büchlein mit Verschluss und in Gold geprägten Buchstaben auf dem Einband. Ein Büchlein, das sich heute in meinem Besitz befindet und eine traurige Geschichte erzählt. Aber auch eine Geschichte von unendlicher Sorgfalt, von der Kunst der schönen Schrift und davon, sich für Freunde viel Mühe zu geben. Die Einträge in dem Buch sind kleine Kunstwerke.
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Blut und Weizen – Flaggenkunde

Flaggen symbolisieren Länder. Das Flaggen-Design symbolisiert Geschichte und Charakteristik von Ländern.

Flagge Lettlands

Beispiel Lettland: Die Flagge ist Rot-Weiß-Rot. Die Geschichte dazu grausam. Die Farben stehen für das Sterbelager des unbekannten lettischen Freiheitskämpfers. Blutüberströmt wurde er vom Kampf zu seiner Lagerstatt gebracht, auf weißes Linnen gebettet. Rechts und links floss das Blut von seinem Körper und färbe das Leintuch rot, nur in der Mitte, wo der Körper lag, blieb es weiß.

 

 

 

 

 

 

Beispiel Ukraine: Das Gelb-Blau steht für den blauen Himmel über den gelben Kornfeldern des Landes.

Blauer Himmel über reifen Kornfelder - Flagge der Ukraine

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wer kennt weitere Geschichten?

Ich sammele sie hier für ein Brevier der Flaggenkunde.

Stil-Sünden im Sommer

So kommt der Herr stilecht daher. Sie hat sich dagegen mindestens in der Farbe vergriffen.
Stil oder Nichtstil? So kommt der Herr stilecht daher. Sie hat sich dagegen mindestens in der Farbe vergriffen.

Kaum klettert das Thermometer über 20 Grad, scheint es keine Spiegel mehr zu geben. Ein Gang durch die Stadt offenbart Stil-Sünden von Weiblein und vor allem Männlein, wie sie schlimmer nicht sein können.

Wir Frauen neigen zu falscher Selbsteinschätzung. Oder wie unsere Oma immer sagte: Nichts gegen Beine, aber Gurken gehören ins Glas. Wer Mini trägt, sollte makellose Beine zeigen, und bauchfrei sieht nur bei derjenigen gut aus, die bauchfrei ist. Nicht jede, die ein Schlauchkleid trägt, schafft es, den Bauch weit genug einzuziehen. Und Söckchen zu Sandalen gehen gar nicht, ohne geht’s aber auch nicht, ohne sich Blasen zu holen. Und so kann ich zumindest gut nachfühlen, warum manche Frauen auf die textile Hülle am Fuß nicht verzichten wollen. Für das Auge ist aber kein Genuss. Es bleibt die alte Erkenntnis: Wer schön aussehen will, muss leiden.

Aufmerksamkeit verdient auch das Obenherum.  Tops sind nur topp, wenn aus ihnen keine Schwabbelarme hervorschauen. Alles, was zu eng oder zu weit ist, sieht nicht gut aus. Wer dünne Stoffe trägt, muss auf das Darunter achten, nichts ist schlimmer, als bunte Blümchen, die durch den weißen Hosenstoff blinzeln. Hervorlugende BH-Träger aus durchsichtigem Plastik sehen genauso störend aus wie der Tanga-Bund, der aus der Hose hervorlugt.

Die Stil-Sünden der Männer sind bei Sommerhitze aber noch viel schlimmer. Vor allem, wenn sie zu kurzen Hosen greifen. Die kurze Hose für den Mann, die wirklich gut aussieht, muss erst noch erfunden werden. Absolut unakzeptabel sind knappe weiße Höschen, die aussehen wie vom Tennisplatz oder aus der Mottenkiste der 70er-Jahre, schlabberige Bermudas und bunte Spielhöschen. Verschlimmern lassen sich diese Modesünden nur noch mit dem unpassenden Schuhwerk. Socken – womöglich noch in Weiß – in Sandalen? Schrecklich. Socken in bevorzugt schlammbraunen ausgelatschten Halbschuhen gröberer Machart zur kurzen Hosen? Unmöglich. Wenn dann noch der Bauch über den Hosenbund hängt und zwischen Hosenunterkante und Sockenoberkante die weißen Stachelbeerbeine zur Schau getragen werden, wendet sich der Betrachter mit Grausen.

So bitte nie
So bitte nie

 

Kniestrümpe - nur so akzeptabel

 

Badeschlappen sind zwar bequem, aber keine wirkliche Alternative Sie gehen gerade noch, wenn Männerfüße gepflegt und die Schlappen einigermaßen ansehnlich sind und nicht aus dem Ein-Euro-Laden kommen. Aber die Schlappen sollten doch der Freizeit vorgehalten bleiben.

Auch wenn’s heiß ist, liebe Männer: Eine ordentlich lange Hose mit leichten Halbschuhen sollte es beim Stadtspaziergang oder bei der Arbeit schon sein. Dazu ein gut geschnittenes Polohemd. Am Strand dürft Ihr dann oben herum blank ziehen und unten herum bunte Bermudas tragen.

Stil-Sünden sind natürlich kein reines Sommerphänomen. Jetzt tritt es nur mehr zutage, weil nicht das Mäntelchen der kalten Jahreszeit die schlimmsten Modesünden im Freien bedeckt.

Über die Stil-Sünden des Sommers haben sich außer mir auch schon andere Gedanken gemacht:

http://www.fashionpuppe.com/2011/04/mannermodeimsommer/

http://www.erdbeerlounge.de/mode-trends/Stilsuenden-im-Sommer-_a719/site1-0-0

Wer kennt noch mehr?

Tragt mit mir die Top-Ten der Sommer-Stilsünden für Männer und Frauen zusammen.

Die Last mit den Namen

Der Lübecker Altbischof hat so manchen Redakteur zur Verzweiflung getrieben – wegen seines Namens. Wie schreibt er sich nun richtig? Mit oder ohne Bindestrich zwischen Karl und Ludwig, Kohlwaage oder Kohlwage? Darüber ist nicht mal die Kirche selbst einig. In der Nordelbischen Kirche heißt er Karl Ludwig Kohlwage, beim evangelischen Nachrichtendienst EPD Karl-Ludwig Kohlwage. Immerhin bei der –wage mit einem a sind sie sich einig. Wer über Kohlwage schreiben musste, dessen Neid galt den Radiokollegen.

Lassen wir die Nachnamen mal beiseite, das ist ein zu weites Feld. Konzentrieren wir uns auf die Vornamen. Darin stecken schon genug Fallen. Günter (norddeutsch ohne h) oder Günther? Ralph oder Ralf, Stephan oder Stefan? Stephanie oder Stefanie? Rainer oder Reiner? Da kommt der alte Scherz gerade recht: Keiner wäscht reiner. Ja, kann sich Reiner/Rainer denn nicht selber waschen?

Es gibt kaum einen Vornamen, der sich eindeutig schreibt. Wer keine Fehler machen möchte, frage lieber nach. Ich weiß nicht, wie viele Eltern sich bei der Namenswahl darüber Gedanken machen, wie oft ihr Kind später einmal über die richtige Schreibweise Auskunft geben muss. Selbst angeblich eindeutige Vornamen wie Christoph oder Kurt – ich habe einen Kollegen, der heißt Curd – lassen mehrere Möglichkeiten zu.

Aber es geht noch komplizierter. Die zusammengesetzten Vornamen bergen noch mehr Stolperfallen. Karl-Heinz hat landläufig einen Bindestrich zwischen seinen beiden Vornamen, aber das ist längst nicht mehr selbstverständlich. Ich kenne einen Ernst-Otto und einen Ernst Otto.

Der eifrigste Namensforscher des Nordens, vielleicht sogar ganz Deutschlands, ist ein Mann aus Ahrensburg: Herr Bielefeld. Vorname? Knud! Mit d.

Hier schreibt Knud Bielefeld:

www.beliebte-vornamen.de/

Über die Namensgebung von Romanfiguren hat sich Jutta Miller-Waldner in ihrem Blog „Juttas Schreibtipps“ Gedanken gemacht:

http://juttas-schreibtipps.blogspot.com/search/label/Nomen%20est%20omen

Kurze Kulturgeschichte der Textübertragung

Ab und zu – beim Mittagessen in der Redaktion – kommt diese „Weiß-Du-noch“-Phase. Dann erzählen die alten Hasen den jungen Kollegen, wie früher Text und Bilder ihren Weg vom Arbeitsort des Redakteurs in die Zentrale gefunden haben. Im Nachhinein lässt sich nicht mehr jede Veränderung genau datieren, doch ich versuche hier einfach mal den Rückblick auf 30 Jahre Arbeit in Außenredaktionen.

Einst spielte das Telefon die wichtigste Rolle bei der Textübertragung. Und die Schallplatte. Große Scheiben, die in einem speziellen Gerät steckten und immer wieder neu über die Telefonleitung besprochen werden konnten. Eine Sekretärin mit Kopfhörern saß anschließend davor und tippte den Text ab. Vom diktierenden Redakteure wurde klare Aussprache verlangt und das flotte Buchstabieren jedes fraglichen Wortes. Meier – Martha-Emil-Ida-Emil-Richard. Ich kann bis heute das deutsche Buchstabier-Alphabet rauf und runter. Glücklich der, der beim Diktieren gemütlich in irgendeinem Außenbüro sitzen konnte, die Füße hochgelegt, das Manuskript auf den Knien und – seien wir ehrlich – so mancher Text wurde auch flott von der eingeschickten Pressemitteilung abgelesen und nicht selbst formuliert. Sah ja keiner. Ganz pfiffige Kollegen, zumeist solche, die auf Radio-Erfahrung zurückblicken konnten, formulierten völlig frei. Ich kannte mal einen alten Hasen, der sprang nach einer Kreistagssitzung in eine Telefonzelle, gab seinen Text aus dem Kopf durch, legte auf und verschwand in den Feierabend. Es gab aber auch frustrierende Erlebnisse. Wer viel durchzugeben hatte, quasselte sich mitunter den Mund fusselig. Umso ärgerlicher, wenn die Mühe umsonst war. Beim Vorlesen blickte ich eines Tages aus dem Fenster und sah draußen auf dem Platz vor dem Büro einen Bagger baggern. Ich diktierte und diktierte und diktierte. Am Ende, nach 40 Minuten, sagte ich der Sekretärin „So, das war’s“ Keine Antwort. Erst jetzt sah ich, dass der Bagger draußen vor dem Fenster seit geraumer Zeit an einem Telefonkabel zerrte.

Irgendwann tauchten die ersten Faxgeräte auf. Ungetüme, in die das Blatt Papier auf eine Rolle gespannt werden musste. Die drehte sich dann, und irgendwie und irgendwann war der Text in der Zentrale.

Dann kam eine technische Revolution. Ein kleiner Computer, eine Art früher Laptop, zunächst nur mit einigen wenigen Zeilen Text auf dem schmalen Bildschirm. Das Ding hatte einen Akustikkoppler. Der ähnelte überdimensionalen Handschellen mit zwei großen mit Gummidichtungen ausgelegten Kreisen an jedem Ende. Dahinein galt es, den Telefonhörer zu drücken. Der Koppler wandelte Text in Klickgeräusche um, die am anderen Ende der Leitung wieder in Text umgewandelt wurden. Aber wehe, wehe, wenn es zwischendurch in der Leitung knackte, was durchaus vorkam. Dann war dieses Textstück entweder zerhackt oder die ganze Übertragung unterbrochen.

Das Diktieren auf Schallplatte funktionierte wie das Übertragen mit Akustikkoppler auch aus einer Telefonzelle. Das Wort Telefonkarte war noch ein Fremdwort. Wer also seinen Text aus der Zelle schicken wollte, musste vorher einen Stapel Ein-Mark-Stücke bereit legen und während der Übertragung ständig Münzen nachwerfen.

Bei allen diesen Techniken der Textübertragung blieb ein Problem: Wie die Bilder transportieren? Je nach den örtlichen Gegebenheiten wurden sie entweder einem Linienbus oder einem Lokführer mitgegeben und am Zob oder Bahnhof von einem Redaktionsboten abgeholt. Deutliche Bildunterschriften waren zum Zwecke der Zuordnung immens wichtig. Das führte manchmal zu peinlichen Pannen. Ich sehe noch den Bildtext vor mir: „Karl Napf (dick, Brille, lacht) . . . Es stand so im Blatt.

Mit dem Ausbau der Datennetze endeten alle diese vorsintflutlichen Techniken der Textübertragung. Als 1990 die DDR-Grenze fiel und die ersten Westredakteure im Osten für Zeitungen im Westen arbeiteten, gab es noch einmal kurz einen Rückschritt: Jeden Mittag um 13 Uhr kam ein Taxifahrer und holte Manuskripte und Filme ab. Unterdessen bemühte sich ein Kollege, wenigsten einmal am Tag in der Zentrale anzurufen, um durchzugeben, was für die Seiten zu erwarten sei. Ein Stunden fressendes Unterfangen, schließlich musste ein Auslandsgespräch über marode Telefonleitungen geführt werden. Ich höre es noch heute, das Geräusch, dass mich sogar im Schlaf verfolgte: 0049-tut-tut-tut, 0049-tut-tut-tut, 0049-tut-tut-tut . . .

 

Unser Norden – das schönste Viertel des Jahres

Jetzt ist wieder die Jahreszeit, in der der Norden Deutschlands punkten kann: Hier sind Nächte etwas heller, die Luft ist etwas frischer, die Sonne etwas kräftiger und ausdauernder als im Rest der Republik. Fehmarn ist mit 2000 Stunden Sonne im Jahr einer der sonnigsten Flecken im Lande. Der Norden bekommt obendrein noch ein wenig von der arktischen Mittsommersonne mit, wenn auch nur ganz am Rande. Wer im Juni abends um halb elf noch unterwegs ist, dem geht das Herz auf: Schummerlicht in tiefster Nacht, im Zwielicht leuchten die Felder längs des Weges, einfach schön. Ein Mittsommer wie aus dem Bilderbuch.

Doch diese Freude ist bitter erkauft. Unser Norden, das ist da, wo der Winter lange dauert, wo die Wärme im Frühjahr zuletzt hinkommt, wo sich der Herbst besonders stürmisch ankündigt und der kalte Wind erbarmungslos um die Häuser heult. Das ist da, wo die Menschen von März bis Mai und von September bis Oktober neidisch auf den Süden Deutschlands blicken, und im in schmuddeligen, nasskalten Winter noch neidischer noch ein wenig weiter südlich, da, wo weißer Schnee unter blauem Himmel garantiert ist.

Unser Norden – das ist ein Landstrich der Strickjacken, Wollsocken, Schals, Umschlagtücher, der Mützen und Handschuhe, und das zu drei Vierteln des Jahres. Aber für ein Viertel ist es hoch im Norden so schön wie sonst nirgends. Darum schnell genießen!

Update auf der Hälfte des Sommers 2011: Der Sommer der ein Winter war. Bei 15 Grad Höchsttemperatur an den Hundstagen bitte schon jetzt die Strickjacke, die Umschlagtücher und Wollsocken herausholen. Denke bereits über unsere Sauna nach, da drin ist es wenigstens trocken und warm.

Voltaires Rätsel – wer kann es lösen?

Voltaire und Friedrich der Große unterhielten sich gegenseitig mit Rätseln. Für alle frankophilen hier ein besonders schönes. Die Auflösung gibt es morgen, bis dahin dürfen alle mal knobeln.

 

Friedrich der Große schrieb an Voltaire:

 

 

 

 

Voltaire  antwortete:

 

 

 

 

 

Wer knackt den Code?

 

Korrektur und Nachtrag: Olaf hat natürlich Recht: Es war anders herum, Friedrich fragte, Voltaire antwortete. Hab’s geändert.

 

Privat fotografieren verboten

Das hätte ich nie für möglich gehalten: Mir ist das Fotografieren verboten worden. Dürfen die das?

Die Situation: ein Reitturnier eines ländlichen Reitervereins. Springen und Dressur bis Klasse M, schöne Pferde, hübsch geputzt, schöne Reiter in Turnierkleidung, schöner Sport. Ergo: schöne Fotomotive. Ich reihe mich unter die Zuschauer ein, fotografiere vom Rand aus. Erst das Springen der K-, M- und G-Ponys. Alles kein Problem. Dann die Dressur. Stehe am Rand des Vierecks, fotografiere, mache einen Starter lang Pause, fotografiere wieder, ganze Serien von Bewegungsabläufen. Und sehe mich plötzlich einem wütenden Herrn gegenüber, der eine Kamera mit großer Optik in der Hand hält. „Sind sie von der Presse?“, fragt er barsch. Nein, sage ich, heute mal nicht, bin ganz privat hier. „Dann dürfen Sie hier nicht fotografieren.“ Verblüffung meinerseits. Wieso? Warum? Was soll das? Das ist hier eine öffentliche Veranstaltung eines eingetragenen gemeinnützigen Vereins. Er sagt: „Wir haben hier die Fotorechte vom Veranstalter gekauft. Sie dürfen deshalb nicht fotografieren. Hinterher stehen die Fotos dann im Internet, das kennen wir schon, das wollen wir nicht, hören Sie sofort auf damit, sonst gibt es Ärger.“ Das geht so eine ganze Weile hin und her. Ich beharre darauf, fotografieren zu dürfen, was immer ich möchte. Er: „Nein, verboten, wir gehen sofort zum Veranstalter.“ Ich argumentiere weiter, die Fotos seien ganz für mich privat, ich sei selber Reiterin, wolle nur Bewegungsabläufe studieren, mache das aus Spaß an der Freude. Er gibt immer noch keine Ruhe. Auf meinen Einwand, hier würden viele Leute fotografieren, meint er, die lichteten schließlich nur ihre Kinder oder Freunde ab, das sei ja in Ordnung, aber mehr nicht. Schließlich gebe ich zurück, wenn er nicht aufhöre, zücke ich halt meinen Presseausweis, dann sei hoffentlich Ruhe. Er: „So geht das nicht, dann hätten Sie sich vorher akkreditieren müssen.“ Schließlich räume ich das Feld, verziehe mich wieder zum Springparcours – und fotografiere weiter. Auf die Debatte mit dem Veranstalter habe ich mich nicht eingelassen, und ich habe es hinterher bereut. Ich hätte es durchfechten müssen. Dass ich es um des lieben Friedens willen nicht getan habe, ärgert mich jetzt maßlos.

Der Mann ist Tierfotograf und verkauft seine Turnierbilder an die Reiter. Das Recht hat er sich vom Veranstalter gekauft. Mehr aber nicht.

Frage an die Fotorecht-Experten: Darf der das, Privatleuten das Fotografieren verbieten? Selbst wenn sie dabei so professionell aussehen wie ich? Ich verkaufe meine Fotos schließlich nicht, mache ihm keine Konkurrenz. Was sagt Ihr?

 

Nachtrag: Das Thema beschäftigt mich nachhaltig, und beim weiteren Nachdenken ist mir noch dieses eingefallen:  Wenn die Fotorechte tatsächlich exklusiv verkauft wurden, muss das Verbot für alle gelten. Und dann muss es auch bekannt gemacht werden, etwa durch Schilder oder Ansagen.

 

 

Reiten – das ist wie Fahrrad fahren

Sie hatten es mir vorher gesagt: Es ist wie Fahrrad fahren. Das verlernt man nicht. Wer einmal geritten ist, kann es für den Rest seines Lebens. So ganz mochte ich es nicht glauben, als ich mich nach 28 Jahren zum ersten Mal wieder auf ein Pferd gesetzt habe.

Wir hatten Pferde zu Hause. Erst Shetland-Ponys, dann Isländer, und ich habe reiten und laufen gleichzeitig gelernt. Ich habe als Kind auf Pferden gelebt. Mich hat nichts erschreckt und mir hat nichts Angst gemacht, was mit Pferden zu tun hatte. Ich bin oft runter gefallen, ohne dass es mir etwas ausgemacht hätte. Ich bin Reitjagden geritten, ich bin stundenlang auf dem Pferd unterwegs gewesen, entlang großer Straßen und Bahnlinien. Ich habe es genossen, auf einem durchgehenden Pferd zu sitzen, habe es einfach laufen lassen und entspannt die Geschwindigkeit genossen.

Dann kam der Beruf, und ich kam nie wieder auch nur in die Nähe eines Pferdes.

28 Jahre später. Meine Tochter lernt reiten. Ich gucke mir das an, nehme meinen ganzen Mut zusammen, fragte die Reitlehrerin, ob ich es wohl auch noch einmal wagen soll. Sie sagt, ich soll. Holt mir ein halbhohes Pferd, das ganz ruhig sei. Ich sitze auf. Und fühle mich halb gut, halb ängstlich. Ein paar Runden Schritt, dann Trab. Leichttraben. Geht prima. Ich krieg’s ohne Probleme hin. Und steige nach einer Stunde steifbeinig vom Pferd.

Muskelkater! Ich spüre Körperpartien, von denen mir nie bewusst war, dass es sie noch gibt. Das geht ein, zwei Wochen so, dann ist es vorbei. Ich reite und reite. Schritt, Trab, dann der erste Galopp. Wie habe ich das früher bloß hingekriegt, und das auch noch problemlos. Ohne Festhalten geht gar nichts. Doch, es geht. Ein paar Wochen später der erste freihändige Galopp. Kurz. Na also, geht doch.

Die Pferde sind weiter halbhoch. Ich fühle mich sicher so auf halber Höhe. Dann der Schock. Ein neues Pferd für mich. Eine Trakehner-Stute, groß, schwarz, stark. Da soll ich drauf? Ich wage es mit schlotternden Knien (was beim Reiten gar nicht geht, die Knie gehören an die Pauschen, die Unterschenkel an den Pferdebauch). Heute ist die Stute mein Lieblingspferd, ich fühle mich sicher auf ihr, sie geht perfekt an den Hilfen, reagierte auf jeden noch so kleinen Schenkeldruck und nervt mich höchstens durch ihr Phlegma. Sie an ihren faulen Tagen anzutreiben, ist richtiger, echter Sport.

Heruntergefallen bin ich noch nicht. Will ich auch nicht. Und was mich tröstet: Ein Berufsreiter in meinem Alter sagt mir kürzlich, nein, vom Pferd fallen müsse er nicht mehr. Deshalb überlasse er das Einreiten junger Pferde den jungen Pferdewirtinnen in seinem Stall. „In meinem Alter muss ich das nicht mehr haben.“ Recht hat der Mann. Den alten Reiterspruch „Wer noch nicht heruntergefallen ist, hat auch noch nicht drauf gesessen“ habe ich schließlich schon in jungen Jahren übererfüllt.

Zwischen diesen Bildern liegen über 30 Jahre

 

Reitjagd 1974 auf meiner Isländerstute Silka
Reitjagd 1974 auf meiner Isländerstute Silka
Auf dem Reitplatz 2010 auf Trakehnerstute Malaika
Auf dem Reitplatz 2010 auf Trakehnerstute Malaika