Kunst gucken in der Hamburger Kunsthalle
Was tun, wenn es draußen drückend heiß ist? Ins Museum gehen. Ich habe meinen Plan umgesetzt, mich nochmal genauer in der Hamburger Kunsthalle umzusehen. Kunst gucken bei Hitze lohnt sich.
Der Sonntag, 21. Juli 2024, war der weltweit heißeste Tag seit Beginn der Aufzeichnungen. Zwar ist der norddeutsche Sommer dieses Jahr eher durchwachsen, aber selbst hier war es am Sonntag sehr heiß. Da ist ein Museum gerade der richtige Ort, um es etwas kühler zu haben. Schließlich sind Museen klimatisiert, die Ölfarbe soll ja nicht zu weich werden und herunterlaufen (zugegeben, das ist eine Laienansicht). Und da ich mir nach der Kaspar-David-Friedrich-Ausstellung sowieso vorgenommen hatte, die Kunsthalle nochmal zu besuchen, war die Hitze ein guter Anlass.
Berühmte Werke der Kunst
Was mir gar nicht so klar war: Das Museum beherbergt eine große Anzahl weltberühmter Gemälde. Da ist nicht nur der „Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich, der für die Haamburger Ausstellung gar nicht ausgeliehen werden musste, weil er zum Bestand gehört. Zu den herausragenden Werken im Museum zählt unter anderem das berühmte Luther-Porträt von Lucas Cranach d. Ä., der „Morgendliche Ausritt im Bois de Boulogne“ von Pierre-August Renoir, das Porträt des Kunsthändles Clovis Sagot von Pablo Picasso oder der „Arabische Friedhof“ von Wassily Kandinsky.
Besonders gut gefallen hat mir die Zusammenstellung von niederländischen Kirchenbildern des 17. Jahrhunderts, als Beispiel sei die „Oude Kerk in Amsterdam“ von Emanuel de Witte genannt. Weitere Favoriten waren für mich der Tischler bei der Arbeit von Julius Wohlers (der leider noch nicht in der Sammlung Online zur Verfügung steht) und „Charlotte Corinth am Frisiertisch“ von Lovis Corinth. An diesem Bild hat mich der bewegte Pinselstrich faszinierte, die zarten Farben und die Tatsache, dass das Bild aus der Nähe betrachtet genauso faszinierend ist wie wenn man etwas zurücktritt. Ein fantastisches Werk, dessen Darstellung im Internet bei weitem nicht an die Betrachtung des Originals herankommt.
Das Original übertrifft jede Abbildung
Das ist eben der Unterschied zwischen Original und Abbildung. Natürlich kann ich heute fast alle Gemälde weltweit auf Papier oder Online betrachten. Aber das ist eben nicht dasselbe, als davor zu stehen und es auf sich wirken zu lassen. Nirgends wird das deutlicher als bei den Impressionisten. Bei anderen Werken ist es die schiere Größe des Originals, die den besonderen Eindruck ergibt.
Mit solcher schierer Größe beginnt der Rundgang in der Hamburger Kunsthalle, jedenfalls im Altbau. Mittelpunkt ist der Makart-Saal, in dem das 50 Quadratmeter große Bild „Der Einzug Karl V. in Antwerpen“ von Hans Makart (1840-1884) hängt, inmitten von – ja, das kann man so sagen – Ölschinken der Historienmalerei. Von dort geht es chronologisch weiter, beginnend mit dem Mittelalter bis hin zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Viele Räume sind thematisch gestaltet, wie etwa die bereits erwähnten niederländischen Kirchenbilder. In den Sälen hängen die Bilder vor einem blauen Hintergrund, in den kleineren Räumen vor helleren Wänden. Das Blau hebt die Bilder besonders hervor, ich mag es sehr.
Wie überall in der bildenden Kunst, vor allem in der früherer Jahrhunderte, sind auch die Werke in der Hamburger Kunsthalle überwiegend von Männern gemalt worden. Eine der wenigen dort vertretenen Künstlerinnen ist Anita Reé. Die Kunsthalle zeigt einige Selbstporträts von ihr, insgesamt ist die Künstlerin mit 24 Werken vertreten. Von den Nazis diffamiert und ausgeschlossen, nahm sie sich 1933 das Leben. Reé ist auch Teil der queeren Angebote der Kunsthallen-Angebote zur Pride-Week. Solche Angebote gehören offenbar heute zum guten Ton von öffentlichen Einrichtungen. Ebenso Fragen wie die, die unter dem riesigen Markat-Schinken gestellt werden: „Finden Sie das Gemälde provokativ? Finden Sie es sexistisch?“.
Mit Nummern von Raum zu Raum
Sicher ist manches Werk aus heutiger Sicht sexistisch. Ich kann das ausblenden, während ich die Kunst an sich bewundere. Ich habe mich also in der Kunsthalle vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhunderte vorgearbeitet. Eine wunderbare Sammlung. Etwas verwirrend ist allerdings der Rundgang, der sich nicht immer auf den ersten Blick erschließt. Am Ende hat es sich als hilfreicher erwiesen, die Saal- und Raumnummern als Anhaltspunkt zu nehmen. Sie sind auf die Türrahmen geschrieben, und so konnte ich mich von Raum zu Raum hangeln. Zwischendurch fehlten nämlich die Hinweise auf den Rundgang oder waren verwirrend.
Insgesamt war es ein wunderbarer Tag mit viel Kunst bei erträglichen Temperaturen. So ein Museumsbesuch ist zu fast jeder Jahreszeit gut. Im Sommer, um es kühler zu haben, im Winter, um dem norddeutschen Schietwetter zu entgehen. Was mich außerdem gefreut hat. Das Museum war nicht nur gut besucht, es waren auch viele junge Leute da. Klassische Kunst ist offenbar etwas für jedes Alter und nicht, wie vielfach vermutet, nur für die Älteren unter uns.