Freilichtmuseum Molfsee: Reise durch Schleswig-Holstein
Mehr als 70 historische Gebäude auf 40 Hektar Freifläche: Das ist das Freilichtmuseum Molfsee. Seit drei Jahren ergänzt durch ein Museum der Alltagsgeschichte, ermöglicht es in einigen Stunden einen Streifzug durch die bäuerliche Geschichte Schleswig-Holsteins.
Ich war schon einmal im Freilichtmuseum in Molfsee, das ist aber Jahrzehnte her. Zeit also, es noch einmal zu besuchen, zumal sich dort viel getan hat. Seit der Eröffnung 1965 sind immer wieder neue Gebäude hinzugekommen. Abgebaut an ihren ursprünglichen Standorten, Stück für Stück nummeriert, eingepackt und in Molfsee wieder aufgebaut, haben sie das Museum nach und nach immer mehr erweitert. Heute stehen auf dem Gelände mehr als 70 Bauernhäuser, Katen, Scheunen, Schuppen, drei Windmühlen, eine Wassermühle, aber auch Ziehbrunnen und ein Vierrutenbarg, eine viereckige offene Scheune, deren Dach hoch- und heruntergefahren werden kann.
Reise durch die Landschaften Schleswig-Holsteins
Die Häuser sind nach Regionen angeordnet. Los geht es mit Lauenburg und Holstein über Dithmarschen, die Elbmarschen, Fehmarn, Eiderstedt, Nordfriesland, weiter nach Angeln und über Stapelholm zurück. Eingebettet sind die Häuser und Katen in die hügelige Landschaft südlich von Kiel und in ein Gelände mit zwei großen Teichen. Besucher haben die Möglichkeit, über eine kleine Runde einen Teil der Häuser oder über die große Runde alle zu sehen. Dafür braucht man Zeit.
Denn das Prinzip des Museums ist es, die Häuser nicht nur von außen zu zeigen. Sie sind offen zur Besichtigung und innen ausgestattet mit den passenden Möbeln aus der Zeit, als sie erbaut wurden. Ergänzt wird das Innere durch landwirtschaftliche Geräte, und im Haubarg aus Witzwort stehen sogar lebensgroße Kühe und Pferde aus Plastik (denen aber inzwischen das eine oder andere Ohr oder Horn fehlt).
Leider ist ein erklecklicher Teil der Häuser zurzeit nicht zugänglich, da sie restauriert werden. An 28 der historischen Gebäude wird gerade gebaut, dafür investiert das Museum sechs Millionen Euro. Die Arbeiten werden in einem Bautagebuch für die Öffentlichkeit dokumentiert. Etliche Dächer, davon viele Reetdächer werden erneuert, Farbanstriche aufgearbeitet, und es wird etwas für die Barrierefreiheit getan.
Auch ohne die gesperrten Häuser gibt es genug zu sehen. Und der Besucher lernt und sieht eindrücklich, wie unterschiedlich das bäuerliche Leben in Schleswig-Holstein – und vermutlich nicht nur dort – im 18. und 19. Jahrhundert war. Es reicht vom Leben in ärmlichen Katen über das in ganz normalen Bauernhäusern bis zu Anwesen, die den Reichtum und die Kultiviertheit der Bewohner dokumentieren. Die Bauformen reichen von den in Schleswig-Holstein vielerorts üblichen Hallenhäusern mit Wohnräumen vorne und großer Diele mit seitwärts angeordneten Viehställen hinten bis zum Dreiseithof, zum Vierseithof und zum Haubarg. Nur eine Feldscheune habe ich nicht entdecken können.
Wunderschöne Bauerngärten und ein Rosengarten
Besonders lohnend ist ein Besuch im Freilichtmuseum Molfsee gerade jetzt im Sommer, wenn alles grünt und blüht. Denn zu den Bauernhäusern gehören oft üppig angelegte Bauerngärten, nicht nur für den Gemüseanbau, sondern auch mit vielen Blumen. Häufig aufgeteilt durch niedrige Buchsbaumhecken. Wie sehr sich manche Bewohner den Luxus eines besonderen Gartens leisten konnten, zeigt der Rosengarten mit Gartenhaus des Wassermüllers aus Rurup. Gartenhäuschen wie dieses, erklärt eine Tafel, seien für die Landbevölkerung kaum erschwinglich gewesen.
Wer müde Füße, Hunger und Durst bekommt, dem empfehle ich ein Päuschen am Kiosk am historischen Jahrmarkt. Dort vergnügte sich bei meinem Besuch gerade eine Kindergartengruppe mit Hau-den-Lukas und auf der Schiffsschaukel. Ein großer Spaß für die Kinder, ebenso wie die Mitmachstationen. Dort dürfen die Besucher alte Spiele ausprobieren, etwas das Stelzenlaufen, oder Wäsche waschen wie damals. Daran hatten, wie ich beobachten konnte, die Kinder ebenso viel Spaß wie an den Tieren auf dem Gelände: Schweine, Schafe, Ziegen, Enten. Sogar frei laufende Pfauen stolzieren herum.
Einblick in den Alltag im Norden
Am Ende – oder am Anfang, je nach Präferenz – wartet die 2021 eröffnete Ausstellung im Jahr100Haus auf die Besucher. Die Dauerausstellung dokumentiert die Alltagskultur in Schleswig-Holstein in den vergangenen 100 Jahren. Da ist vieles dabei, was ich noch aus meiner Kindheit und Jugend kenne. So ist etwa genau der Föhn ausgestellt, den meine Mutter Jahrzehnte lang benutzte. Oder der erste Apple-Computer, so wie ich ihn damals mal bei jemandem gesehen habe. Zum Alltagsleben gehörte auch ein Poesiealbum, ausgestellt ist eines von 1928.
Es sind aber auch besondere Objekte dabei. Etwa die Pistole, mit der Marianne Bachmeier im Gerichtssaal den Mörder ihrer Tochter erschoss. Oder – mein Lieblingsobjekt – eine Sprottenkistennagelmaschine. Kannte ich noch nicht, ebenso wie das Schuhdurchleuchtungsgerät. Mit dem wurde im Schuhgeschäft festgestellt, ob der Schuh zum Fuß passt. Eines der ungewöhnlichen Objekte, die mir in Erinnerung geblieben sind, ist die Fackel, mit der bei den Segelwettbewerben 1972 das olympische Feuer in Kiel-Schilksee entzündet wurde.
Das Freilichtmuseum erfordert viel Zeit
Wer das Freilichtmuseum Molfsee besuchen möchte, sollte sich viel Zeit dafür nehmen. Ich habe für den großen Rundgang einschließlich Pause gut drei Stunden gebraucht und noch einmal eine Stunde für die Dauerausstellung. Wer nicht ganz so gut zu Fuß ist, kann die Museumsbahn nehmen. Alle Infos zum Besuch gibt es gebündelt hier. Da ich in diesem Beitrag nicht alle meiner besten Fotos – es waren natürlich noch viel mehr Bilder – unterbringen kann, habe ich sie hier zusammengefasst.