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Weck und Römertopf: Die Nostalgie ist pleite

Ach, es ist nichts mehr, wie es war. Was wir noch von unseren Müttern und Großmüttern kennen, verschwindet nach und nach. Und es geht Schlag auf Schlag, erst Weck, dann der Römertopf. Immerhin sind sie nicht ganz verschwunden.

Weck war in Gefahr. Die Firma, die seit 1900 die gleichnamigen Gläser fürs Einkochen von Stachelbeeren, Bohnen und Gurken aller Art herstellte, stand vor der Insolvenz. Einwecken in Weckgläser, das klingt nach Kindheit auf dem Land und nach Kompott und weckt in vielen Menschen nostalgische Gefühle. In letzter Minute hat sich dann aber doch noch ein Investor gefunden, der das Traditionswerk rettet.

Ich besitze keine Weckgläser. Ich wecke nichts ein. An diesem Satz sieht man, dass der Name des Glasherstellers irgendwann der Tätigkeit des Einkochens so sehr seinen Stempel aufgedrückt hat, dass daraus ein neues Verb geworden ist. Eines, das sich weit verbreitet hat. Jeder weiß, was gemeint ist, wenn jemand sagt, er habe etwas eingeweckt.

Weck gehört für viele zur Kindheit

Diese Tätigkeit gehörte zu meiner Kindheit dazu. Meine Eltern hatten einen großen Garten, kamen beide vom Lande, mussten bei vier Kindern viele hungrige Mäuler stopfen und hatten als junges Paar nicht viel Geld. Also wurde Gemüse angebaut und Obst geerntet, und alles, was aus dem Garten kam, wurde eingeweckt. Weshalb noch heute Heerscharen von Weckgläsern verschiedener Größen im Keller meines Elternhauses stehen. Wenn es Nachtisch gab, und den gab es fast immer, stieg meine Mutter in den Keller und holte ein Glas Stachelbeeren oder Kirschen.

Weck überlebt also. Der nächste Schlag traf den Römertopf – auch so eine Kultmarke, deren Hersteller nach eigenen Angaben den hohen Energiekosten zum Opfer gefallen ist. Und auch hier gibt es wie bei Weck einen Investor, der allerdings die Produktion ins Ausland verlagert.

Römertöpfe finden sich wie Weckgläser vor allem im Keller. Weil die irdenen Töpfe zwar viel verschenkt, aber wenig benutzt werden. 50 Millionen wurden davon seit den 70er Jahren abgesetzt. Eine tolle Haushaltsabdeckung. Ich besitze auch einen, kann mich aber nicht erinnern, wann ich den das letzte Mal benutzt habe. Dabei ist seine Handhabung recht einfach. Keine Ahnung, warum der so ein Stiefmütterchendasein fristet.

Noch ein Kultgegenstand im Haushalt

Das Jammern war groß über das voraussichtliche Ende der deutschen Kultmarken, als die Insolvenzen bekannt wurden. Weckgläser und Römertopf sind fast unkaputtbar, das drückt natürlich auf den Absatz. Einem anderen Kultgegenstand deutscher Küchen dürfte dieses Schicksal vielleicht erspart bleiben: Die Glasschalen in Blattform können schon mal herunterfallen und zerschellen.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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