-
Trittbrettfahrer beim Fototermin
Gut, dass die meisten Zeitungen, die in einem Ort erscheinen, so wenige Doppelleser haben. Sonst würde denen sofort ins Auge fallen, dass fast alle zu den jeweilen Texten die identischen Fotos drucken. Ein Ärgernis für alle ambitionierten Pressefotografen. Vor allem für die, die schreiben und fotografieren und es täglich mit Trittbrettfahrer-Fotografen zu tun haben. Das Spiel ist immer gleich: Pressekonferenz, alle sitzen um einen großen runden Tisch, die Gastgeber erklären ihr Projekt, ihre neue Ausstellung, ihre Sommerakademie, ihre Jobbörse, was auch immer. Wenn alles gesagt ist, kommt der entscheidende Moment: Jetzt brauchen wir noch ein Foto, sagt irgendein Kollege. Und ein anderer fragt womöglich: Hat jemand eine zündende Idee? Um…
-
Ein Stück Lady in der Hosentasche
Aus mir wird nie eine Lady. Da ist Hopfen und Malz verloren. Viel zu burschikos, viel zu wenig Zeit, um sich mehr als zehn Minuten am Morgen mit mir selbst und meinem Äußeren zu beschäftigen, viel zu geizig, um Geld für unnützen, aber schönen oder gar stilvollen Schnickschnack auszugeben. Und doch schlummert irgendwo ganz tief drinnen in mir die Sehnsucht danach, eine Lady zu sein. Schön, stilvoll, stets schick und elegant und charmant. Den Hang, ein bisschen Lady zu sein, lebe ich an einem winzigen Detail aus. Taschentücher. Richtige schöne Taschentücher aus guter Baumwolle, noch viel lieber aus Batist, und am liebsten mit Filethäkelei am Rand. Zum Glück verfüge ich…
-
100-Tage-Blog-Bilanz
Mein Blaues Blog lebt seit 100 Tagen. http://wp.me/p1J2oJ-l Wie bei jedem, der ein neues Amt übernimmt, ist es an der Zeit, die 100-Tage-Bilanz zu ziehen. Technik: Dank WordPress ging das Einrichten viel leichter als gedacht. Tryl and Error bei der Theme-Suche: Ich brauchte etliche Versuche, bis ich das passende gefunden hatte. Die Anpassung an meine Vorstellungen dauerte Stunden, Abende, Wochen . . . Ohne das Buch „Weblog mit WorldPress 3“ von Gabriele Frankemölle hätte ich es nie geschafft. Die Anleitungen darin sind so leicht nachvollziehbar, dass sogar ich alle Probleme lösen konnte: Bei den ersten Artikeln, in die ich Bilder einfügen wollte, habe ich ganz fürchterlich in der Werkzeugleiste herumgestochert,…
-
Elbphilharmonie: Wir brauchen große Architektur
Alle Jahre wieder hebt in Hamburg ein großes Wehklagen an. Das Prestige-Objekt der Stadt wird erneut ein paar Milliönchen teurer. Die Elbphilharmonie entpuppt sich als Fass ohne Boden. Seit dem Bürgerschaftsbeschluss 2005 erschrecken immer neue Horrormeldungen über Bauverzögerungen und Preisexplosionen die heimische Politik und die kritische Öffentlichkeit. Ich glaube, da muss Hamburg durch. Um eines dieser Bauwerke zu bekommen, die die Welt bewundert. Die die Welt unverbrüchlich mit einer Stadt verbindet. Wie den Petersdom mit Rom, den Eiffelturm mit Paris, das Opernhaus mit Sydney. Früher wurden große Bauwerke mit Blut und Tod derer bezahlt, die sie errichten mussten. Heute werden sie mit politischen Diskussionen bezahlt. Und natürlich wie schon seit…
-
Eingedeutsches Der-Die-Das
Ein Blog-Artikel beschäftigt die Blogger-Welt: Ist Der-die-das Blog ein Ding oder ein Mann, genauer sächlich – also „das Blog“ – oder mannlich – „der Blog“. Losgetreten hat die Debatte Anantol Stefanowitsch in seinem Sprachblog (wie gut, dass dieser Satz für den wie das Blog gleichermaßen richtig ist). Hier der Text „Das Blog ist tot, es lebe der Blog“ zum Mitdiskutieren: http://www.scilogs.de/wblogs/blog/sprachlog/sprachgebrauch/2011-08-25/das-blog-ist-tot-es-lebe-der-blog Die Debatte zeigt ein Problem, das nicht so leicht zu lösen sein dürfte. Welches Geschlecht haben aus dem englischen eingedeutschte oder übernommene Begriffe? Das ist eine Frage, der sich semantisch nachgehen lässt. Welche Bedeutung hat das jeweilige Wort und welches Genus hat es. Die zweite Herangehensweise ist die über…
-
Heldinnen an der Wespenfront
Ich verneige mich in Ehrfurcht vor allen Bäckereifachverkäuferinnen. Sie sind die wahren Heldinnen an der Wespenfront – und lassen die Tierchen dabei gelassen links liegen. Zeit für einen Kaffee. Also hinein in die nächste Bäckerei, Hackenkaffee holen, besser bekannt hierzulande als Coffee to go. In der Auslage reihen sich Plundergebäck an Apfeltasche, Pflaumenkuchen an Mandelhörnchen. Das alles umsummt von hungrigen Wespen. Die Kundin vor mir wählt ein Stück Kuchen aus, die Verkäuferin langt mit der Zange todesmutig in die Auslage. Mit keinem Blick würdigt sie die Wespen. Sie bedient die Kundin, als sei gar nichts los. Ich weiß nicht, woher die Damen ihre Gelassenheit nehmen. Wie sie es schaffen, nicht…
-
Die Kunst des Foto-Strips
1000 mal 100 Pixel, das ganze garniert mit passender Farbe, gern auch verlaufend, und dem richtigen Text. Fertig ist der Foto-Strip. Ich habe diese ungewöhnliche Montage-Technik vor einiger Zeit auf der FC entdeckt und mich auch daran versucht. Zugegeben, so ganz eisern hbe ich die 1000-mal-100-Pixel-Regel nicht durchgehalten. Aber meine Ergebnisse gefallen mir. Schon deshalb, weil sie mich viel Nachdenken gekostet haben, bis sie vollendet waren. Da gibt es viel zu bedenken. Zunächst gilt es, das richtige Motiv zu finden. Könner gehen schon bei der Motivsuche mit dem künftigen Strip im Kopf zu Werke. Eifriges Durchforsten des eigenen Archivs bringt einen aber auch weiter. Auf 1000 mal 100 Pixel ist…
-
Gehört die Zauberflöte zur Allgemeinbildung?
Praktikant bei einer Tageszeitung, Anfang 20, Student, wird losgeschickt zu einer Aufführung von Mozarts „Zauberflöte“. Nein, er soll keine großartige Musikkritik schreiben, sondern nur einen Benefiztermin am Rand in Bild und ein paar Zeilen festhalten. Frage an den jungen Mann: „Zauberflöte, schon mal gehört?“ Ja, davon habe er schon mal gelesen. „Ich meine, schon mal gehört, die Musik?“ Nein, meint er, bisher nicht. Ich trällere ihm kurz das Auftrittslied von Papageno, das Vogelfängerlied, vor. Nein, das kenne er nicht. Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass es zu einer umfassenden Allgemeinbildung gehört, schon einmal im Leben ein Gedicht von Schiller gelesen, ein Stück von Brecht oder von Shakespeare gesehen, ein Gemälde von…
-
Mutters neues Schuljahr
Der erste Tag im neuen Schuljahr ist da. Nun beginnen sie wieder, die Leiden einer Schulkind-Mutter. Jeden Tag zu Kloppenburg, sorry, das heißt jetzt Rossmann, und unweigerlich kommt dann auch der Kampf mit der Klebefolie. Tag 1: Anruf im Büro. Mama, ich brauche ein Heft DIN A 4, liniert mit Rand mit blauem Umschlag, ein Heft DIN A 5 kariert ohne Rand mit gelbem Umschlag und ein Heft DIN A 4 kariert ohne Rand mit rotem Umschlag, dann eine blaue und eine gelbe Sammelmappe und einen grünen Schnellhefter, außerdem einen Collegeblock. Also rein in die Schlange all der Schulkinder und Mütter, die ihre Listen abarbeiten. Eine Liste gibt es allerdings…
-
Schmerzhafte Erziehung
Was tun, wenn öffentlich einem Kind von einem Elternteil Schmerzen zugefügt werden? Wann darf, wann muss man einschreiten? Ein großer Flohmarkt in einer mittelgroßen Kreisstadt. Eine typische Familie – Vater, Mutter, Sohn, Tochter – bummelt zwischen den Ständen entlang. Die Mutter bleibt ein wenig zurück, der Vater geht mit den Kindern, das Mädchen ist etwa acht bis zehn Jahre alt, voraus. Plötzlich scheint es, als ob der Sohn, etwa 12, 13 Jahre alt, irgendetwas falsch gemacht hat. Der Vater herrscht ihn an, greift dann seinen Unterarm und drückt zu. Zunächst sieht es so aus, als fasse er seinen Sohn nur am Arm, um dessen Aufmerksamkeit zu erregen. Doch dann drückt…