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Wir Sprachnörgler geben niemals auf

Es ist ein immerwährender Kampf, mein täglich Brot seit Jahren: Ich durchforste Texte auf falsches Deutsch, falsche Bezüge, entschwurbele Schwurbeldeutsch und beseitige Sprachmacken. Bei uns im Journalismus heißt das redigieren, bei anderen Spracharbeitern heißt es anders. Ich jedenfalls tue es, gebe nicht auf in diesem Kampf für gutes und richtiges Deutsch. Niemals. Andere tun es auch nicht.


Ich weiß, wir Spracharbeiter nerven mitunter mit unserer Besserwisserei und unserem Klugscheißermodus. Und oft, wenn ich den gleichen Fehler zum 20. oder 30. Mal beseitigt habe, frage ich mich, warum ich mir das antue. Ob es wirklich wichtig ist und ob ich nicht mal etwas nachsichtiger sein und irgendeinen Sprachunsinn einfach so stehenlassen sollte. Immer wieder und wieder das gleiche tun, ohne dass sich je etwas ändert, macht mürbe. Da möchte ich manchmal alles einfach hinschmeißen.

Aber ich gebe nicht auf. Nicht nur, weil es mir eine Herzensangelegenheit ist. Sondern weil es um zu veröffentlichende Texte geht. Ich habe immer noch die Illusion, dass gutes Deutsch beim Lesen unmerklich bildet und damit diese richtig geschriebene und verwendete Sprache abfärbt, sich bei den Lesern einschleift. Mein kleiner täglicher Kampf gegen den Sprachverfall. Und ja, ich muss ihn führen, weil er mir seit Jahren in Fleisch und Blut übergegangen ist. Ich kann nicht anders. Dabei erkenne ich durchaus, dass Sprache sich ändert, dass sich unser Wortschatz erweitert und dass es heute Formulierungen oder Schreibweisen gibt, die vor 20 Jahren noch undenkbar waren. Ich möchte keine in Stein gemeißelte Sprache. Aber ich stemme mich gegen Macken und Mätzchen, die unsere Sprache verhunzen. Wo die Grenze liegt, entscheide ich immer wieder neu. Es hängt vom Text ab.

Bei einem anderen Phänomen sehe ich nur in zweiter Linie eine Art Bildungsauftrag für gute Sprache. In erster Linie geht es dabei um einen Service für die Leser. Den leisten wir Spracharbeiter immer dann, wenn wir Schwurbeldeutsch entschwurbeln. Wenn wir zu lange Wörter zerlegen, Substantive in Verben umwandeln, dem Blähdeutsch die Luft herauslassen und Fachbegriffe übersetzen. Gerade Verwaltungen schreiben ein Deutsch, das für viele Menschen schlicht unverständlich ist und so von Fremd- und Fachwörtern wimmelt, dass das Lesen sehr anstrengend und die Aussage verschwommen ist. Oft genug habe ich Beispiele dafür angeführt, hier, hier und hier. Dieses Verwaltungsdeutsch breitet sich an vielen Orten wie eine Krake aus. Dieser Krake die Fangarme abzuschlagen, sehe ich als meine Aufgabe an. Das ist mein Service am Leser. Nennt mich Klugscheißer, aber ich lasse nicht nach. Niemals.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

2 Kommentare

  • Atalaya

    Das deutsche Wesen misst sich an der vorgeblichen Tiefe seiner sprachlichen Ergüsse, nicht an ihrer Verständlichkeit. Hegel und Heidegger lassen grüßen und der Amtsschimmel wiehert sich einen.

    So eine professionelle Deformation ist schon manchmal lästig. Ich leide auch an ihr und zugleich freut sie mich diebisch. Deshalb muss ich auch wieder etwas aufgreifen, was mir gar nicht gefallen mag, nämlich einen Satz mit „Und ja“ zu beginnen. Ich verstehe nicht, was das soll. Das ist eine Marotte, eine Unart, die uns der Grundschullehrer noch mit dem Schulheft um die Ohren gehauen hätte. Denn mit „und“ beginnt „man“ keinen Satz. Und ja: mit „Und ja“ schon gar nicht! :-)

    Ist das nur eine Frage des Geschmacks oder ist dieses „Und ja“ schon der repressive Einbruch hedonistischen Zwangsgeschwurbels in unser mühsam gehegtes Residualhirn?

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