gedacht,  Pyropro

Solarpark oder warum ich St. Florian bemüht habe

Die Hiobsbotschaft kam vor gut einem Jahr: Auf dem Acker vor unserem Haus sollte ein Solarpark entstehen. Damit begann mein gespaltenes Verhältnis zur Solarenergie. Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das oft von mir bespöttelte St.-Florians-Prinzip bemüht.

Das St.-Florians-Prinzip leitet sich vom heiligen St. Florian ab, dem Schutzpatron der Feuerwehrleute. Das Prinzip lautet: Heiliger Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ and’re an. Heißt auf andere Projekte übertragen: Ja gerne, aber bitte nicht hier. Das gilt für Straßen, aber vor allem für Windkraftanlagen und nun auch für Solarparks. Viele Menschen halten die Erzeugung regenerativer Energie für richtig, wollen aber die dafür nötigen Anlagen nicht vor ihrer Haustür haben. Dabei greifen die Gegner gerne auch zu drastischen Formulierungen.

Keine Regeln für den Solarpark-Bau

Jetzt also die Solarenergie. Überall Land auf, Land ab, bekommen die Bauern zurzeit Angebote, Flächen für Solarparks zu verpachten. Für manchen eine gute Einnahmequelle, ebenso wie die Windräder. Darüber entscheiden müssen die Kommunen. Die kaum wissen, wie sie damit umgehen sollen. Regeln gibt es kaum, ein Solarpark gilt als normale bauliche Anlage, für den ebensolche Abstandsregeln gelten wie für Einfamilienhäuser. Sprich: Der Abstand zum Nachbarn muss nur drei Meter betragen. Wir wären dieser Nachbar gewesen.

An der Südseite unseres Hauses sollte der 50 Hektar großer Solarpark gebaut werden. Das heißt konkret: Von der Terrasse aus hätten wir einen freien Blick auf fast die Hälfte dieses Parks gehabt. Da, wo jetzt Weizen oder Raps wachsen, hätten wir auf die Unterseiten der Ständer für die Solarpaneele geguckt. Kein Wunder, dass wir und unsere einzigen Nachbarn geschockt waren.

Drei Meter hinter der Grundstücksgrenze hätte der Solarpark gestanden.

Es geht um eine der schönsten Aussichten, die man haben kann. Hinter unserem Haus, auf der Südseite, die von der Terrasse aus zu sehen ist, erstreckt sich ein 80 Hektar großes Feld. Vor allem, wenn der Raps blüht, ist die Aussicht grandios. Aber auch sonst genießen wir den freien Blick bis zum Wald, der sich nicht nur von der Terrasse, sondern auch vom Esstisch aus bietet. Oft laufen dort Hirsche, Rehe oder sogar Wildschweine umher.

Eine Hecke sollte die Lösung sein

Das wäre alles weg gewesen. Da wir aber nur ein Nachbarhaus haben, hätte eine Bürgerinitiative oder sonst ein organisierter Widerstand nicht viel Zweck gehabt. Wir konnten nur hoffen, dass der Investor ein Einsehen haben würde. Als ein Vertreter der Solarfirma zu einem Vorgespräch bei uns war, hat er uns geraten, doch eine mehr als mannshohe Hecke auf die Grundstücksgrenze zu setzen, um nicht auf den Solarpark gucken zu müssen. Wie bitte? Dann hätten wir auch gleich in die Stadt ziehen können. Er versprach dann noch, den Wertverlust des Hauses auszugleichen.

Anschließend sind wir mit dem Mann auf unsere Terrasse gegangen. Da kam er doch ins Grübeln. Als unsere Nachbarn ein alternatives Feld ohne Anlieger wenige Kilometer weiter ins Gespräch brachten, war der Solarpark vor unserer Terrasse ziemlich schnell vom Tisch. Der Grund: Er sei zu sehr einsehbar und das Gelände deshalb nicht geeignet. Große Erleichterung.

Solarparks sind an sich eine gute Sache

Das alles heißt aber nicht, dass ich gegen Solarparks bin. Ganz im Gegenteil. Ich finde, sie sind eine gute Alternative zu Windrädern, die zunehmend umstritten sind. Ich kann schon mit den Protesten gegen die Windkraftanlagen nicht so viel anfangen, mich stören sie nicht. Es stehen genug von ihnen in der Umgebung unseres Hauses herum. Die Solarparks haben aber ein paar entscheidende Vorteile gegenüber den Windparks: Sie sind nicht weithin sichtbar. Es gibt keinen Schattenwurf, keine Geräusche. Und Infraschall oder Vogeltötungen sind kein Thema. Auch sonst spricht vieles für Solarparks.

Ein Solarpark ist eine gute Alternative, um regenerative Energie zu erzeugen.
Solarparks sind eine gute Alternative, um regenerative Energie zu erzeugen.

Dennoch haben wir in diesem Fall St. Florian bemüht. Solarparks ja, aber bitte nicht hier. Was wohl jeder verstehen dürfte, der unsere Situation kennt. Grundsätzlich aber könnten Solarparks dazu beitragen, damit die Energiewende gelingt. Die Solarpaneele auf Dächern werden dafür nicht ausreichen. So viele Häuser, wie damit belegt werden müssten, gibt es außerhalb der Großstädte gar nicht.

Kommunen beginnen, Regeln aufzustellen

Inzwischen haben die ersten Kommunen Regeln für Solarparks aufgestellt, in die außer Abstand und weitere Parameter auch die Bodenpunkte einfließen. Denn einer der Kritikpunkte an den Solarparks lautet, dass damit wertvoller Ackerboden verloren geht. Da ist was dran. Andererseits führen die Befürworter an, dass mit jedem Solarpark nach und nach eine Biogasanlage verschwindet. Der dafür benötigte Mais muss dann nicht mehr angebaut werden, Ackerland wird für Nahrungsmittelproduktion frei. Allerdings wird den Photovoltaik-Anlagen eine deutlich schlechtere Effizienz als den Windrädern zugeschrieben.

Dennoch halte ich sie für die bessere Alternative. Und kann überhaupt nicht verstehen, dass sich inzwischen Bürgerinitiativen dagegen gründen, jetzt sogar hier bei uns. Egal, was in Sachen Energiewende gemacht wird, immer gibt es sofort Protest. Auch von denen, die sich um die Klimakrise Sorgen machen. Aber man kann nicht immer alles ablehnen. Der Strom kommt nun mal nicht aus der Steckdose. Bei manchen Protesten, etwa gegen Pumpspeicherwerke, habe ich nie verstanden, was daran so schlimm sein soll. In der Nähe meines Heimatortes gibt es seit Jahrzehnten ein Pumpspeicherwerk, das kaum jemand zur Kenntnis nimmt.

Solarpark: Vorteile überwiegen die Nachteile

Dass wir die Energiewende brauchen, dürfte unbestritten sein. Dass jedes Projekt, egal welches, sofort Widerstand hervorruft, hilft nicht weiter. Ja, es gibt bei allen Arten der alternativen Energiegewinnung Vorteile und Nachteile. Aber gewisse Nachteile müssen wir wohl in Kauf nehmen, wenn wir weiterleben wollen wie bisher. Allerdings möchte ich diese Nachteile dann doch nicht vor der eigenen Terrasse haben. Vor allem, wenn es eine Alternative gibt, die jetzt zum Glück genutzt wird. Das Dorf kriegt seinen Solarpark dort, wo er wirklich niemanden stört.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert