Naturverjüngung – wenn Kinder keine Kastanien sammeln
Offenbar ist es aus der Mode gekommen, dass Kinder Kastanien sammeln. Oder der Kastanienbaum, von dem hier die Rede ist, hat besonders viele abgeworfen. Jedenfalls lässt sich jetzt, ein halbes Jahr nach dem Herbst, gut beobachten, was Naturverjüngung ist. Die Kastanien machen es vor.
Bei uns im Dorf steht ein großer Kastanienbaum. Darunter liegt ein Haufen Sand, der vielleicht irgendwann mal für Bauarbeiten gebraucht wird. Und auf dem Haufen wachsen lauter kleine Kastanienbäumchen. Sie sind aus den liegengebliebenen Kastanien vom vergangenen Herbst hervorgegangen. Entweder, der Winter war vom Wetter her ideal dafür, dass die Kastanien aufgehen und wurzeln, oder der Sandhaufen ist für sie die ideale Unterlage. Oder beides.
Wenn Kastanien keimen, verschwinden die Früchte
Jedenfalls ist von den schönen, braun glänzenden Kastanien des Herbstes nicht mehr viel übrig. Die Früchte sind schmutzig-braun und aufgebrochen. Aus ihnen heraus reckt sich junges Grün in die Frühlingsluft. Noch sind die neuen Bäumchen sehr klein, aber es ist bereits gut zu erkennen, dass es Kastanienbäume sind.
Vor Jahren hat mir mal jemand erzählt, er habe Kastanien gesammelt, um sie im nächsten Frühjahr sozusagen aussäen zu können. Daraus sei allerdings nichts geworden. Er habe sie über Winter im Keller aufbewahrt und im Frühjahr nach draußen in die Erde gelegt. Ich kenne mich mit Kastanien nicht so gut aus, ich vermute aber, dass die Früchte über den Winter draußen liegen müssen. Erst Frost, Schnee, Regen und Kälte lassen sie offenbar aufbrechen und keimen. Das sagt mir jedenfalls der Sandhaufen im Dorf. Und wer jemals beim Basteln Löcher in eine Kastanie gebohrt hat, der weiß, wie hart ihre Schale kurz nach dem Herunterfallen vom Baum ist.
Auch Birken und Eichen keimen gut
Das mit der Naturverjüngung funktioniert übrigens nicht nur mit Kastanien. Die Nüsse der Birken – ja, die heißen so – keimen ganz wunderbar. Das sehen wir immer wieder in unserem Garten, wo an den komischsten Stellen plötzlich kleine Birken wachsen. Ebenso gut keimen Eicheln. Unter der großen Eiche, der ich vor zehn Jahren ein Fotoprojekt gewidmet habe, wachsen ebenfalls viele junge Bäumchen. Naturverjüngung nennt das der Fachmann.
Nicht jede Birke darf überlegen
Ein Begriff, der vor allem in der Forstwirtschaft gebraucht wird, wo sich der Wald von alleine verjüngt, wie es seit Jahrtausenden seine Natur ist. Für mich findet Naturverjüngung auch außerhalb des Waldes statt – unter dem Kastanienbaum, unter der Eiche und im Garten, wo sich die Birken ausbreiten. Die dürfen aber wachsen. Auch wenn unser Garten eher ein Produkt der Faulheit ist, werden die kleinen Birken herausgerissen. Wer will schon irgendwann eine große Birke direkt neben der Eingangstür stehen haben? Die bleiben ja nicht so klein und niedlich wie nach dem Keimen.