Logbuch Deutsch: Kurs auf Sprachpflege

Sprache ist mein Thema. Das weiß, wer dieses Blog liest. Deshalb bin ich sofort aufmerksam geworden, als mir jemand das Buch „Logbuch Deutsch“ von Roland Kaehlbrandt ans Herz gelegt hat. Ein schmales Bändchen, das viel Wahres über den Umgang mit unserer Sprache enthält.

„Wie wir sprechen, wie wir schreiben“, lautet der Untertitel von Kaehlbrandts Buch. Im ersten Teil diagnostiziert er unsere Sprache, im zweiten schreibt er über die Bedeutung des Deutschen in Deutschland und in Europa. Im ersten Teil geht er hart ins Gericht damit, wie bestimmte Kreise mit unserer Sprache umgehen. Es ist eine Bestandsaufnahme, die alle die Sprachsünden aufzählt, gegen die Sprachwahrer kämpfen. Seine Analyse im zweiten Teil belegt, dass es diese Sprachpuristen braucht, um das Deutsche nicht den Bach hinuntergehen zu lassen. Denn anders als im Französischen, das Kaehlbrandt gut kennt und gerne anführt, gibt es in Deutschland keine Sprachinstitution.

Deutschland hat keine Instanz wie die „Académie française, die über das Französische wacht und Normen setzt. Maßgeblich ist bei uns ein Buch, der Duden. Angesichts der Pläne, den Gender-Stern in den Duden aufzunehmen, habe ich allerdings Zweifel daran, ob das auf Dauer die richtige Institution ist, um unsere Sprache als Hochsprache zu erhalten. Die brauchen wir aber, wie Kaehlbrandt richtig darlegt:

Sie (die Sprache) muss sich unabhängig von politisch-moralischen Erwägungen weiterentwickeln, um anwendbar bleiben zu können.

Wir haben im Deutschen keinen staatlichen Sprachwächter, wir brauchen ihn auch nicht. Die Vorstellung widerspricht unserem Gefühl. Umso mehr müssen wir, die wir Deutsch sprechen und schreiben, uns bemühen, unsere Sprache zu pflegen. Eine Pflege, die aber immer weniger Menschen übernehmen.

Sprachsünden

Die schlimmsten Sprachauswüchse charakterisiert Kaehlbrandt mit knackigen Bezeichnungen. Er ficht mit dem Florett gegen das Imponierdeutsch, das Lockerdeutsch, gegen Wegwerfwörter, Moraldeutsch und Wortschrott. Es bedarf nicht allzu viel Phantasie, sich darunter etwas vorzustellen. Insofern schreibt der Sprachkritiker in einer Sprache, die saftig, kräftig, zupackend und gut verständlich ist.

Es geht ihm aber nicht nur um die Form, sondern auch um das, was Sprache transportiert. Dem Moraldeutsch – gerechte Sprache, geschlechtergerechte Sprache – bescheinigt er, „Knetmasse politischer Gestaltung“ zu sein. Etwas, das er Sprache nicht zubilligt.

Das Streben nach Gerechtigkeit ist ein hohes Anliegen, aber eines der Politik, nicht der Sprache.

Ähnlich harsch geht er mit dem Imponierdeutsch ins Gericht. Es wird dort verwendet, wo Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen.Wer kennt nicht die Struktur, die Strategie, die Vision und die Innovation, den Markenkern und die Internationalisierung? Kaehlbrandts Analyse:

Das Imponierdeutsch schadet unserer Sprache durch seine verkappte einseitige Wirtschaftsbezogenheit, durch seine hohle Allgemeinheit sowie schließlich durch den sozialen Abstand, den sie schafft.

Was mir fehlt

Übrigens vermisse ich eine Spielart des Imponierdeutschen in seinem Buch: das Verwaltungsdeutsch. Auch das ist von seltener allgemeiner Hohlheit geprägt und schafft Abstand. Abstand zu denen, die verwaltet werden, zu den Bürgern. Vor allem dann, wenn nur die Hälfte dessen, was Verwaltungen schreiben, ohne Probleme verstanden werden kann.

In weiteren ausführlichen Kapiteln widmet sich Kaehlbrandt der Bedeutung des Deutschen in Europa und in der Welt. Er kritisiert, dass Englisch zunehmend zur Wissenschaftssprache wird, auch in Deutschland, und die deutsche Wissenschaftssprache damit zu verkümmern droht. Und er kritisiert die deutsche Regierung dafür, dass sie nicht mit mehr Nachdruck für Deutsch als eine Kernsprache der EU eingetreten ist.

Am Ende seines Buches schreibt Kaehlbrandt, dass eine lebendige Sprachkritik unserer Sprachkultur förderlich sei. Eine solche lebendige Sprachkritik hat er mit seinem „Logbuch Deutsch“ vorgelegt. Ein lesenswertes Buch für alle, die die deutsche Sprache lieben und pflegen. Hoffentlich auch eines, das Imponier-, Moral- und Schrottrednern die Augen öffnet. Ich fürchte aber, dass die es nicht lesen werden.

 

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert