Buchsouvenir: Schön sein, schön bleiben oder: Es lebe der Suff

Dies ist der Beginn einer neuen Reihe. Ich stelle legendäre Bücher meiner Kindheit vor. Ich war schon immer eine große Leserin und habe alles verschlungen, was ich in die Finger kriegen konnte. Was mich damals begeisterte, stellt sich heute, in einer anderen Zeit und mit viel mehr Lebenserfahrung, stellenweise als ziemlich verschroben heraus. Dafür habe ich ein wunderbares Beispiel: „Schön sein, schön bleiben“.

„Schön sein, schön bleiben“ von Lilo Aureden ist laut Klappentext ein praktischer Ratgeber aus dem Bertelsmann-Verlag. Ich habe eines aus der 7. Auflage, Exemplare 121000 bis 150000 aus dem September 1956. Darin erfährt die „verehrte Leserin“ alles, was sie wissen muss, um „die ausschlaggebende Rolle des äußeren Erscheinungsbildes“ zu erkennen und umzusetzen. Es geht um Körperpflege, Make up und Geschmack.

Angeborene Anlehnungsbedürftigkeit

Besonders faszinierend finde ich in der Rückschau den umfangreichen Teil über den Zauber der Persönlichkeit. Zur Einführung werden der Leserin bemerkenswerte Weisheiten zuteil. „Eine wirklich intelligente Frau wird ihre Klugheit nicht auf dem Präsentierteller herumreichen.“ Oder auch: „Wer keine allzu großen Ansprüche stellt, erlebt auch keine großen Enttäuschungen.“ Noch schöner: „Trotz aller Gleichberechtigung wird eine echte Eva immer anlehnungsbedürftig sein.“ Diese „angeborene Anlehnungsbedürftigkeit“ dürfe aber nicht dazu führen, jeden beweglichen oder unbeweglichen Stützpunkt für die eigene Bequemlichkeit und Nachlässigkeit zu nutzen. Also Ladys, immer stocksteif stehen, nie anlehnen, auch wenn der Hang dazu angeboren ist. Was noch zu beweisen wäre.

Es sind Texte, die im Kontext ihrer Zeit zu sehen sind. Sie sind 60 Jahre alt, da war unsere Gesellschaft noch eine ganz andere. Auch das Verhältnis und der Blick auf Paare, zumal Ehepaare. Das Buch propagiert die dienende Rolle der Hausfrau und Mutter, die dafür sorgt, dass ihr Mann gute Laune hat. Denn „der Ehemann ist dankbar, wenn er sich zum Essen an einen schön gedeckten Tisch hinsetzen darf“.

Vieles von damals ist auch heute noch gut und richtig. Stil haben, sich nicht gehen lassen, andere nicht niederzumachen, keinen Klatsch zu verbreiten. Nicht mehr dem Ehemann zuliebe, sondern uns selbst. Ich bin für gutes Benehmen. Das mag altmodisch sein, aber macht es uns allen nicht das Leben etwas leichter? Ich tue es aber für mich, nicht für jemand anderen.

So interessant der Inhalt dieses 50er-Jahre-Ratgeber ist, so begeistert mich heute noch etwas anderes. Die wunderbaren Zeichnungen, mit denen er illustriert ist. Sie sind von Eva Kausche-Kongsbak, einer Malerin, Grafikerin und Autorin aus Lübeck, die später in Worpswede lebte. Ihr Bilder sind dort in der Kunsthalle zu sehen. Sie hat einen feinen Strich, ihre vielen Zeichnungen in dem Buch gefallen mir bis heute.

„Schön sein, schön bleiben“ werde ich nie hergeben. Ich schaue längst nicht mehr so oft hinein wie früher. Aber es bleibt ein Stück Kindheit und Jugend. Es hat einen festen Platz in meinem Bücherregal. Das Buch gibt es übrigens antiquarisch noch zu kaufen.

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