Fru Öttenpötter vertellt: Hirsch im Garten
Seit einigen Tagen haben wir einen Gast im Garten. Einen Hirsch. Oder ein Reh, ich bin mir unsicher. Hirschkuh Hilde, so habe ich sie getauft, kommt jeden Tag ein paar Mal vorbei. Sie ist erstaunlich zutraulich. Ob sie der Hunger treibt? Wohl eher der Durst.
Hilde kam über den Blühstreifen. Das sind Streifen oder Flächen an Äckern, die mit allerlei blühenden Pflanzen eingesät werden. Das bringt nicht nur Farbe an den Acker, sondern bietet auch vielen Tieren einen Lebensraum. Die Streifen gelten als Agrarumweltmaßnahme, können aber auch im Rahmen des Vertragsnaturschutzes gefördert werden. Außerdem können Blühstreifen als ökologische Vorrangflächen angerechnet werden.
Viel los auf dem Blühstreifen
So weit die agrarpolitische Theorie. Zwischen dem 80-Hektar-Acker hinter unserem Haus und unserem Garten liegt ein solcher Blühstreifen. Er ist dort vor einigen Jahren angelegt worden und entwickelt sich immer mehr zum Mekka für allerlei Wildtiere. Erst lief ein Hase von rechts nach links am Zaun entlang, dann ein Fuchs von links nach rechts (links hat der Nachbar seinen Hühnerhagen). Als nächstes sahen wir ein Wildschwein vorbeilaufen.
Seit einigen Tagen nun kommt regelmäßig und mehrmals am Tag Hirsch Hilde vorbei. Allerdings habe ich an ihr nicht die typischen weißen Flecken im Sommerfell des Damwildes entdecken können. Vielleicht ist Hilde in Wirklichkeit ein Reh. Hirsch Hilde klingt aber besser.
Hilde pirscht sich an. Erst marschiert sie den Grünstreifen am Zaun entlang. Am Ende des Zauns biegt sie am Schilfbeet ab und betritt unseren Garten. Sie zupft hier und dort an einem Grashalm, tut sich an den Zweigspitzen der Trauerweide gütlich und stiefelt dann weiter in Richtung des kleinen Gartenteiches. Aber wehe, jemand nähert sich im Wohnzimmer dem Fenster. Dann tritt sie den Rückzug an. Ein schnelles Handyfoto ist uns aber doch gelungen. Ansonsten habe ich mit dem langen Tele auf die Lauer gelegt.
In Nachbars Garten schmeckt es am besten. pic.twitter.com/7j4kHHeR1k
— Susanne Peyronnet (@Pyrolim) 26. Mai 2018
Ich vermute, Hilde hat Durst. Zu fressen gibt es genug da draußen. Aber die lange Trockenheit hat offenbar alle anderen Wasserquellen versiegen lassen. Da lockt der kleine Gartenteich umso mehr.
Keine Anzeichen für Tollwut
Vermutungen, Hilde könne krank sein, gar Tollwut haben und sich deshalb so nah an eine menschliche Behausung herantrauen, haben sich nicht bewahrheitet. Ein erfahrener Jäger hat anhand der Fotos festgestellt, dass der Hirsch (das Reh) gesund aussieht. Wäre Hildes Fell fleckig, wiese gar kahle Stellen auf, sei Vorsicht geboten. Hilde ist aber in bester Verfassung. Keine Gefahr also für Mensch und Haustier.
Wir freuen uns über Hildes Besuche. Sollte sie eines Tages nicht mehr kommen, ist es auch in Ordnung. Wildtiere aufnehmen oder gar pflegen wollen wir nicht, das ist bis jetzt immer schlecht ausgegangen. Bei Hilde besteht auch keinerlei Veranlassung dazu.
Fru Öttenpötter berichtet hier in unregelmäßigen Abständen über das Leben auf dem Lande.
2 Kommentare
Sigrid
Und der Jäger konnte Euch nicht sagen, ob Reh oder Hirsch?
Susanne
Es ist ein Reh. Eindeutig identifiziert.