Die große Angst vor dem alten Räuchermann

Ich habe gerade den Weihnachtsschmuck meiner Eltern auf deren Wunsch fotografiert: Krippen, Pyramiden und allerlei Figuren. Darunter ist auch der alte Räuchermann, der vermutlich in den 1950er oder 1960er Jahren im Erzgebirge hergestellt wurde. Mit dem verbindet mich eine besondere Geschichte.

Mein Vater stammt aus Dresden und war als Kind oft in den Ferien im Erzgebirge. Deshalb verfügt unsere Familie über einige sehr alte Stücke erzgebirgischer Weihnachtsdekoration: Engel und Bergmann mit Kerzen in den Händen, Bergmannsfiguren im alten Stil, die ebenfalls Kerzen halten, die berühmten musizierenden Engel. Und eben den alten Räuchermann. Vieles davon Geschenke unserer DDR-Verwandtschaft.

Aus Holz geschnitzter Räuchermann aus dem Erzgebirge.
Der Räuchermann stellt einen Nachtwächter mit Hellebarde und Lampe dar.

Immer Angst vor dem Räuchermann

Der Räuchermann wurde schon in meiner Kindheit jedes Jahr im Advent hervorgeholt und im Wohnzimmer aufgestellt. Als ich noch recht klein war, was das für mich eine schlimme Zeit. Ich hatte große Angst vor dem grimmig dreinschauenden Mann. Zumal er in einer Jackentasche deutlich sichtbar eine Schnapsflasche mit sich herumträgt. Dann noch der grimmige Blick, gruselig. Die Figur war mir nicht geheuer.

Räuchermann mit grimmigem Blick und Hellebarde.
Als Kind hat mich der grimmige Blick des Räuchermannes geängstigt.

Natürlich ist die Angst inzwischen verschwunden. Mittlerweile mag ich den Räuchermann sehr. Schon deshalb, weil er nicht angemalt ist und die Kunst seines Schnitzers im naturbelassenen Holz so gut sichtbar ist. So knorrig und urig sind heute hergestellte Räuchermännchen nicht mehr. Sie kommen auch nur noch selten als Nachtwächter daher. Dafür gibt es sie mittlerweile für jeden Beruf und jedes Hobby. Sogar Räucherfrauen sind mittlerweile zu haben, etwa als Ärztin, Gärtnerin oder Oma.

Rauchen ist nicht mehr zeitgemäß

Und natürlich rauchen Räucherfiguren nicht mehr, denn Rauchen ist mittlerweile verpönt. Der Rauch der Räucherkerzen kommt entweder ganz ohne Pfeife – wie früher meistens – oder Zigarette aus ihren Mündern. Oder der Rauch steigt aus einem ihrer Accessoires auf. So gibt es ein Stollenmädchen, bei dem der offenbar noch warme Stollen dampft.

Zum erzgebirgischen Weihnachtsschmuck gehört mehr als nur der Räuchermann. Original-Pyramiden gibt es bei meinen Eltern nicht mehr. Aber mein Vater hat mal eine dreistöckige Pyramide nachgebaut. Sogar mit Glöckchen, das ein Schäfer mit seinem Stab bei jeder Runde anschlägt, sodass ein leises Bimmeln ertönt. Wie hübsch. Mittlerweile ist aber auch bei den Pyramiden die Moderne – und die Sicherheit – eingezogen. Es gibt sie mit Elektromotor und elektrischen Kerzen. So gut ich seit Jahren elektrische Kerzen am Weihnachtsbaum finde, eine elektrische Pyramide wäre nichts für mich.

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