Burgtorfriedhof Lübeck – ein Besuch
Friedhöfe sind beliebte Orte für Spaziergänge. Die meisten von ihnen sind wunderschöne Parks. Der Burgtorfriedhof in Lübeck ist noch aus einem anderen Grund einen Besuch wert.
In Lübeck gibt es ein geflügeltes Wort: Als alteingesessen in der altehrwürdigen Hansestadt darf sich nur nennen, wer mindestens zwei Generationen auf dem Burgtorfriedhof liegen hat. Das ist ein bisschen hochnäsig, denn kaum jemand außer den alten Familien hat das zu bieten. Die meisten Lübecker liegen auf dem Vorwerker Friedhof, mit knapp 50.000 Grabstätten der größte der Stadt. Der Burgtorfriedhof bringt es gerade mal auf 8700 Gräber. Dort zu liegen, ist also ein recht exklusives Recht.
Bei einem Spaziergang finden sich dann auch eine Reihe von Ehren- und Prominentengräbern. Aber eben auch die, deren Grabsteine verraten, dass dort bereits etliche Mitglieder einer Familie liegen, Großeltern, Kinder, Enkel, manchmal sogar Urenkel. Alles alteingesessene Lübecker Familien. Am Spruch von den zwei Generationen ist also etwas dran.
Burgtorfriedhof – ein Ort mit Geschichte
Zu den Erbbegräbnissen des Lübecker Bürger-Adels kommen noch 17 berühmte Gruften, Mausoleen und Grabstätten. Die wohl berühmteste Lübecker Familie, die Manns, hat auf dem Burgtorfriedhof ebenso ein Familiengrab wie die Dichter-Fürstin Ida Boy-Ed, der Dichter und Verfasser bekannter Mailieder Emanuel Geibel und der Widerstandskämpfer und spätere SPD-Bürgermeister Otto Passarge, der nach dem Krieg mehr als 100.000 Flüchtlinge in der Hansestadt integrierte. Manche Grabmale sind aufwändig gestaltet und geben Zeugnis vom Stil ihrer Zeit.
Der Burgtorfriedhof hat einen älteren und einen neueren Teil. Vor allem im älteren Teil schreitet der Besucher an vielen historischen Grabmalen entlang. Eiserne Regeln, wie sie heute auf Friedhöfen gelten, waren vor 100 und 200 Jahren offenbar nicht bekannt. Oder die Familien hatten so viel Einfluss, dass sie machen konnten, was sie wollten. Jedenfalls findet der Besucher auf dem Burgtorfriedhof so viele unterschiedlich gestaltete Grabmale, dass es erstens nicht langweilig wird und es zweitens hinter jeder Biegung des Weges etwas Neues zu sehen gibt.
Das Grab der Marianne Bachmeier
Ein weiteres sehr bekanntes Grab auf dem Burgtorfriedhof habe ich nicht gefunden, es ist aber da. Es ist die Grabstelle von Marianne Bachmeier und ihrer ermordeten Tochter Anna. 1980 hatte ein Sexualstraftäter die damals Siebenjährige getötet. Marianne Bachmeier erschoss den mutmaßlichen Täter im Lübecker Landgericht, ein Fall, der bundesweit, wenn nicht weltweit Schlagzeilen machte. Bachmeier starb mit 46 Jahren an Krebs. Ihr Grab auf dem Burgtorfriedhof wurde zwar 2014 eingeebnet, 2017 wurde es aber mit einer Grabplatte versehen. Sie trägt Namen und Lebensdaten von Mutter und Tochter.
Der Burgtorfriedhof ist also ein Friedhof mit Geschichte. Wer viel Zeit hat, kann ihn in einem Rutsch mit dem gleich daneben liegenden Ehrenfriedhof von Lübeck besuchen. Gerade jetzt im Frühjahr sind es nicht nur die interessanten Gräber, die einen Spaziergang lohnend machen. Es sind auch die frisch ergrünten Bäume, die Blumen, die ganzen Anlagen. Friedhöfe sind eben, auch wenn sie keine große Geschichte haben, stets lohnende Ziele.