Wenn der Impfpass schöne Erinnerungen weckt
Jahrelang hat er in der Schublade gelegen. Heute habe ich meinen Impfpass wieder ans Licht gezerrt. Mir war überraschend das Angebot gemacht worden, mich gegen Corona impfen zu lassen. Es ist ein besonderer Impfpass, gut bestückt mit Impfungen und versehen mit einem weinroten Rand. Wie das kam.
Ich bin zwar Prio3, habe aber bis jetzt nur auf einer Warteliste für die Corona-Impfung gestanden. Beim Online-Windhundrennen ins Impfzentrum bin ich gar nicht erst an den Start gegangen. Hier in Schleswig-Holstein ist es witzlos, einen Termin ergattern zu wollen. Jetzt ist der Stoff in meinem Oberarm drin, und der Impfpass hat einen neuen Eintrag.
Ein Impfpass, der viel mitgemacht hat
Der Pass ist recht abgegriffen. Er hat bereits einiges mit mir durchgemacht. Ich habe ihn 1994 neu ausgestellt bekommen, weil mein alter Impfpass aus meiner Kindheit überhaupt nicht mehr zeitgemäß und international nicht anerkannt war. Es gab einen guten Grund, ihn damals neu zu bekommen. Viele, viele Impfungen im Vorfeld von zwei großen Reisen nach Afrika. Die erste führte mich nach Ghana, die zweite nach Kamerun. Einen Teil der Impfungen brauchte ich, weil sie empfohlen werden. Einen anderen, weil die Länder ohne diese Impfung niemanden ins Land lassen.
Das gilt etwa für Gelbfieber, eine Impfung, für die man in die Uniklinik oder ins Tropeninstitut fahren muss. Ich habe meine Gelbfieber-Impfung 1994 in der Lübecker Uniklinik bekommen. Ich weiß noch, dass es dort sehr voll war und viele geimpft werden wollten, vor allem junge Leute. Etliche davon gehörten zum Technischen Hilfswerk (THW) und wollten zu einem Einsatz nach Goma in Zaire. Die Aktion „Wasser für Goma“ war einer der größten Auslandseinsätze des THW. Damals hieß es übrigens noch, die Impfung halte für zehn Jahre, mittlerweile geht man von einem lebenslangen Schutz aus.
Kühlkette für die Typhus-Impfung
Vor meinen Reisen damals habe ich mich außerdem gegen Typhus geimpft. Ja, selbst geimpft. Es war eine Schluckimpfung, die ich in der Apotheke abholen und mit ununterbrochener Kühlkette (mit Kühlschranktemperatur) nach Hause bringen musste. Dann habe ich drei Kapseln im Abstand von je zwei Tagen geschluckt. Weitere Impfungen schützten mich vor Hepatitis A, Meningokokken, Polio, Diphtherie und Tetanus.
Solcherart rundherum versiegelt, habe ich meine Reisen angetreten. Impfpass und Reisepass mit Visum immer im Brustbeutel unter dem T-Shirt. Und so kam der Impfpass zu seinem roten Rand. Vor allem bei der zweiten Reise nach Kamerun, als es von Douala aus in den Norden des Landes, nach Maroua am Rande der Sahelzone ging.
Von Schweiß getränkte Pässe
Dort herrschen tagsüber Temperaturen von 48 Grad. Ich habe jeden Tag literweise Wasser in mich hineingeschüttet – und musste nie pinkeln. Alles ausgeschwitzt. So sehr, dass sich der weinrote Einband meines Reisepasses auflöste und die Farbe in den an seiner Seite steckenden Impfpass sickerte. Daher der rote Rand.
Mittlerweile sind die Reisepässe nicht mehr in Leder eingebunden, sondern in Kunststoff. Wer weiß, ob dieser Einband die Schweißwäsche so gut überstanden hätte wie der alte Ledereinband. Ich habe es noch nicht ausprobiert. Zwar habe ich noch einige Fernreisen in meinem Leben unternommen, unter anderem nach Pakistan, Costa Rica und Bali. Aber ich habe nie mehr so geschwitzt wie in Maroua.