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Mein Woche vor dem TV: Horrorgarten, Dackelblick und die gutwillige Anne

Ich war früher ein Fernseh-Junkie. Das ist längst vorbei. Ich habe besseres zu tun. Zum Beispiel hier zu bloggen, denn dieses Blog ist eine reine Freizeitbeschäftigung. Oder Fotos machen, Fotos bearbeiten. Oder lesen. Fernsehen spielt für mich nur noch sonntags eine Rolle. Erst – ich geb’s zu – bei der Lindenstraße, der ich seit Anbeginn treu bin, dann beim Tatort und hinterher noch bei Jauch. Da aber nur, weil der Weg von der Couch zum Bett so weit ist. In der vergangenen Woche bin ich dann aber doch drei Mal vor dem Fernseher hängengeblieben, der sowieso gerade lief. Und deshalb kommen hier meine Notizen zu drei Mal öffentlich-rechtliches Fernsehen in einer Woche.

Horror im Fernsehgarten:

Ich gebe ja zu, ich mag Andrea Kiewel nicht. So wie jeder Fernsehgestalten hat, die ihm gegen den Strich gehen. Aber Kiewel plus ZDF-Fernsehgarten, das ist für mich ganz harte Kost. Als ich wirklich und wahrhaftig am Pfingstmontag ganz kurz in ihre Sendung geriet, habe ich das wieder deutlich gemerkt. Dieses Gekünstelte, Verkrampfte, Gezwungen-Fröhliche macht mir Kopfschmerzen. Diese fürchterliche Musik von Möchtegern-Sängern. Gut, Pop ist sowieso nicht meine Leidenschaft. Aber was ich dort nach vollmundiger Ankündigung zu hören bekommen habe, kann niemand ernsthaft als Singstimme bezeichnen. Keine Wohlfühl-Atmosphäre in diesem Fernsehgarten, jedenfalls für mich nicht. Aber offenbar gibt es Leute, die diese Art von Unterhaltung lieben. Immerhin bringt es der Fernsehgarten auf seiner offiziellen Facebook-Seite auf 109.923 „Gefällt mir“-Angaben. Mir gefällt er nicht. Da bleibt nur der Abschaltknopf. Wenn es überhaupt Fernsehen am Sonntagmittag sein muss (bei Regen, Schnee, im kalten Winter), dann nur Presseclub.

Lanz versus Lucke

Wieder entzündet sich mein Widerwillen gegen eine Sendung am Moderator. Die Talkshow von Markus Lanz in dieser Woche war aber auch von der Zusammensetzung der Gästeschar eine Zumutung. Journalist Lars Abromeit berichtete über die Riesending-Höhle. Anlass war der Unfall des Höhlenforschers Johann W. Schon befremdlich, dass Lanz den ganzen Namen des Mannes nannte, der kurz zuvor im Heute-Journal noch abgekürzt worden war. Noch befremdlicher aber Lanz‘ Dackelblick, mit dem er im Gespräch mit Abromeit Betroffenheit mimte. Immerhin ließ der notorische Ins-Wort-Faller Lanz seinen Gast meistens ausreden. Denn der hatte wirklich etwas zu sagen und hat sehr deutlich gemacht, welche Schwierigkeiten eine Rettung aus der Höhle macht. Sehr spannend, und das hat mich dann vor dem Fernseher gehalten. Dann aber gab’s nur noch Monster, Mumien, Mutationen: Lanz versus AfD-Chef Lucke, Lanz im Gespräch mit der sprechenden Barbie-Puppe Harald Glööckler, Lanz mit ich weiß nicht wem. Der Schlagabtausch mit Lucke – wer guckt dackelblickiger, wer redet eifriger, wer schneller? Lanz versucht Lucke in die Zange zu nehmen, der windet sich, schlägt zurück, bis zu Lanz überraschender Frage:  „Herr Lucke, letzte Frage, warum sind Sie immer so schnell genervt?“ Wie gesagt: Ich mag Lanz nicht besonders. Aber dem Lucke ist er gekonnt über den Mund gefahren.

Die gutwillige Will

Einen Tag später debattierte Anne Will mit Gästen über Ex-Bundespräsident – das Wort Altbundespräsident will mir nicht über die Tastatur – Christian Wulff und sein Buch. Welch ein Kontrast zu Lanz. Anne Will, gewohnt gelassen, abgeklärt, viel zu zurückgenommen. Ich habe zwischendurch völlig vergessen, dass sie überhaupt mit in der Sendung war. Über ganze Passage legte sie die Zügel ganz aus der Hand. Aber dafür hatten andere Gutes und Wichtiges zu sagen.  Besonders gut haben mir stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner (bei uns im Norden bekannt als Roter Rambo) und Medienforscher Bernhard Pörksen gefallen. Vor allem Stegner rückte manches zurecht, was die Medien anging. Dass es nicht „die Medien“ gibt, dass sie sich nicht absprechen, schon gar nicht zu Kampagnen. Die Süddeutsche hat die Sendung sehr ausführlich beschrieben.

Drei Mal Fernsehen. Ein Mal gut, ein Mal halbgut, ein Mal ganz schlecht. Mehr war nicht für mich in dieser Woche. Nur eines hat mich noch sehr geärgert. Ich hätte vor allem die beiden Talkshows gerne zu Ende gesehen. Um mich aufzuregen oder um mich zu freuen. Aber ich muss sehr früh aufstehen und kann deshalb nicht so spät noch gucken. Also musste ich irgendwann zwischendurch abbrechen. Sehr schade. Mein Lösungsansatz deshalb: Die Talkshows früher am Tag – wenn das Thema oder die Gäste nicht gut sind, kann ich immer noch fotografieren gehen oder bloggen – und den Fernsehgarten abends um 23 Uhr. So ein Garten ist doch auch nachts schön, oder?

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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