genervt,  Pyrocontra

Immer diese Darf-ich-mal-sehen?-Frage

Ich fotografiere viel und fotografiere oft Menschen. Porträtfotos kommen in meiner Fotopraxis fast täglich vor. Ich will hier keinen dieser von mir fotografierten Menschen zeigen, deshalb habe ich mir das Ölbild meines Opas genommen, um zu zeigen, was ich mit der Darf-ich-mal-sehen?-Frage meine und was es „mit diesem roten auf meiner Nase“ auf sich hat.

Der porträtierte Opa samt Schärfezeichen im Gesicht.

Die Frage kommt fast immer, sobald das Bild im Kasten ist. Die Leute wollen wissen, wie sie auf dem Foto aussehen, ob sie auch gut getroffen sind und mit welchem Gesichtsausdruck sie demnächst in der Zeitung stehen werden. In gewisser Weise kann ich das nachvollziehen, aber ein bisschen nervig ist es schon. Bisher habe ich allerdings noch niemanden vor der Linse gehabt, der hinterher beim Betrachten des Displays gesagt hat, ich solle ihn noch einmal fotografieren, er gefalle sich überhaupt nicht.

Was aber sehr häufig als zweite Frage kommt, ist die nach „dem roten da auf meiner Nase“ oder „auf meinen Augen“. Die wenigsten, die das Bild hinten auf dem Display der Kamera betrachten, wissen, dass es sich dabei um eine Anzeige der Kamera handelt, die auf dem Foto selbst gar nicht zu sehen ist. Eine kurze Erklärung, und die Leute sind zufrieden.

Ich erfülle den Wunsch, das eigene Bild zu sehen, übrigens immer. Erstens will ich mich nicht auf eine lange Diskussion einlassen, und zweitens hat jeder das Recht darauf, zu wissen, wie er auf dem Foto aussieht. Wäre jemand total unzufrieden, würde ich sogar noch einen zweiten Versuch machen. Ein dritter kommt allerdings nicht in Frage, dazu reicht die Zeit meistens nicht.

Ach was waren das doch für schrecklich-schöne Zeiten, als es hinten auf dem Kameras noch kein Display, aber innen drin einen Filmstreifen gab. Trotz der manchmal nervigen und Zeit kostenden Darf-ich-mal-sehen?-Frage wünsche ich mir diese Zeiten nicht zurück. Ein Kontrollblick aufs Display ist doch eine ungemein beruhigende Sache. Nicht nur für den Porträtierten, sondern auch für den Fotografen.

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Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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