Fru Öttenpötter

Fru Öttenpötter vertellt: Der Hafer ist wieder da

Hafer gehörte für mich immer als Kind zu meinem Lieblingsgetreide, neben Gerste. Beide Sorten konnte ich zuverlässig bestimmen, während ich bei Roggen und Weizen immer durcheinander gekommen bin. Irgendwann gab es aber keinen Hafer mehr zu sehen. Niemand baute ihn mehr an. Jetzt ist er wieder da.

Hinter unserem einsam gelegenen Haus habe ich gleich zwei Felder mit Hafer entdeckt. Genauer: mit Saat-Hafer. Denn dieses sogenannte Süßgras gibt es auch jenseits der landwirtschaftlichen Nutzung. Das, was der Bauer anbaut, ist Saat-Hafer, wird aber allgemein Hafer genannt.

Getreide für die Ackerpferde

Der Haferanbau war bis in meine Kindheit hinein weit verbreitet. Die Körner wurden vor allem für die Ackerpferde gebraucht. Die Tiere leisteten schwere Arbeit. Deshalb mussten sie viel Kraftfutter fressen. Hafer gibt Kraft. So hat es mir meine Mutter oft erzählt, die auf einem Bauernhof aufgewachsen ist. Dort gab es auch Warmblüter für den Reitsport, die ebenfalls Hafer bekamen. An diese Zeit erinnern Bilder in Mutters Fotoalbum.

Puren Hafer bekommt heute kaum noch ein Pferd. Neben Rauh- und Saftfutter – also Heu oder Stroh und Gras – bekommen sie vor allem spezielle Müslis, in denen natürlich auch Getreide vorkommt. Aber es gibt auch haferfreies Müsli. Vor allem aber lösten ab den 1950er Jahren Traktoren die Pferde nach und nach ab. Traktoren brauchen keinen Hafer. Irgendwann gab es den kaum noch irgendwo auf den Feldern zu sehen.

Platz zwölf auf der Hafer-Rangliste

Deutschland gehört zwar immer noch zu den 20 größten Haferproduzenten der Welt, steht dort aber auf Platz zwölf. Spitzenreiter sind Russland, Kanada und Polen. Ich habe mal einen befreundeten Bauern gefragt, woher der Hafer für unsere Haferflocken kommt. Seine knappe Antwort: aus Australien (Platz fünf im Produzenten-Ranking). Das gefällt mir gar nicht, dass Zutaten für unser Frühstücksmüsli um die halbe Welt reisen.

Offenbar ändert sich das gerade ein wenig. Denn wie gesagt, auf zwei Feldern hinterm Haus wächst wieder Hafer. Tatsächlich für Haferflocken, wie ein Schild am Feldrand ausweist. Angebaut werde für Kölln, den wohl bekanntesten Hersteller der Flocken. Die Firma nennt auf ihrer Homepage Deutschland und Skandinavien als Herkunftsorte des Hafers, den sie verarbeitet.

Hafer aus der Region für Pferd und Mensch

Schleswig-Holstein, wo ich lebe, liegt ja nahe an Skandinavien. Da ist es doch nur folgerichtig, dass es hier wieder Haferfelder gibt. Außerdem liegt es nun doch an den Pferden, dass wieder mehr Hafer hierzulande angebaut wird. Nicht weil sie jetzt mehr davon bekommen, sondern weil der Reitsport zunehmend populärer wird und damit die Zahl der Pferde steigt.

Im Zusammenhang mit diesem Text bin ich auf die Krokauer Mühle in der Probstei (Kreis Plön) aufmerksam gemacht worden. Ich weiß nicht, ob dort früher Hafer gemahlen wurde. Aber ich werde die Mühle auf jeden Fall bald mal besuchen.

Fru Öttenpötter berichtet hier regelmäßig über das Leben auf dem Lande.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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