geklickt,  Pyropro

Twitter, Timeline und was wir selbst in der Hand haben

Ich mag Twitter. Ich mochte Twitter schon immer, und ich mag es immer noch. „Twitter ist, wie kein anderes digitales Medium so aggressiv und in keinem anderen Medium gibt es so viel Hass, Böswilligkeit und Hetze“, schreibt der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck, nachdem er sich verplappert und seinen Account gelöscht hat. Einspruch, Herr Habeck, das sehe ich anders.

Es gibt, das sei unbestritten, da draußen im Netz und damit auch bei Twitter Hass, Böswilligkeit und Hetze. Ich bekomme wenig davon mit. Ich habe eine handverlesene Timeline und – das ist vielleicht das wichtigste – ich bin weder Politikerin noch eine andere Person des öffentlichen Lebens. Aber ich habe einen ziemlich guten Blick auf Twitter. Ich weiß, dass dort Menschen mit Hass überschüttet werden. Nur sehe ich wenig davon.

Das mag daran liegen, dass ich mir sehr genau angucke, wem ich folge. Dass ich sofort entfolge, wenn mir jemand Nazidreck, Rassismus oder Pöbeleien in die Timeline spült. Dafür muss ich nicht mal blocken und muten, das ist eine Funktion, die ich kaum nutze.

Mit den Schultern zucken

Noch etwas spielt meiner Meinung nach für Leute wie dich und mich eine Rolle: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus. Ich pöbele nicht, also werde ich auch nicht angepöbelt. Ich überschütte niemanden mit Hass, also bekomme ich keinen Hass zu spüren. Und wenn mich doch mal jemand angeht, soll er. Ich reagiere einfach nicht. Das Schöne an Twitter ist, dass ich nicht antworten muss, wenn ich nicht möchte. Schulterzucken und gedanklich wegschieben hat sich als gute Option erwiesen.

Hinzu kommt: Wenn wir uns über den Hass aufregen, verbreiten wir ihn weiter. Das ist wie mit den Grenzverletzungen der AfD und von Pegida. Je mehr wir uns darüber aufregen und sie dabei zitieren, je mehr wir ihre Aussagen mit empörten Tweets weiterverteilen, desto mehr Menschen erreicht dieser Mist. Einfach mal die Klappe halten, auch auf Twitter. Das hilft. Davon bin ich fest überzeugt.

Twitter ist spannend, auf- und anregend, schnell, und ja, manchmal vergaloppiere auch ich mich dort. Aber das ist wie im analogen Leben: Nicht immer finden wir die richtigen Worte, aber mit ein bisschen Grips im Kopf und mit zunehmender Lebenserfahrung umschiffen wir immer mehr Klippen und geraten in ruhiges Fahrwasser. Auch bei Twitter. Außerdem verdanke ich dem Dienst viele, viele nette Kontakte zu Menschen, die ich mittlerweile auch im echten Leben getroffen habe und die ich sonst nie kennengelernt hätte. Schon dafür lohnt sich Twitter.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert