erlebt,  Pyropro

Musik kommt von Können

Flute

„Kunst kommt von Können“, sagt der Volksmund, „und wenn man’s kann, ist es keine Kunst mehr.“ Das gilt für vieles im Leben, besonders aber fürs Musik machen. Ob klassisch oder modern, wer es nicht kann, wird scheitern. Das schönste Beispiel der Musikgeschichte ist das verzweifelte Bemühen von Florence Foster Jenkins, eine der schwierigsten Arien der Operngeschichte, „Der Hölle Rache“ aus Mozarts Zauberflöte, zu interpretieren. Opernfans und Musikfreunde sollten jetzt lieber weghören.



Florence Foster Jenkins erhielt als Kind Musikunterricht und wollte Gesang studieren. Ihr Vater riet ihr davon ab, er wusste wohl warum. Nach seinem Tod präsentierte sie sich als Sängerin – mit dem bekannten Ergebnis. Dabei war der Ansatz schon mal nicht falsch: Wer ein Instrument erlernen möchte, sollte sich dafür gute Lehrer suchen. Nur eine gute Musikschule mit ausgebildetem Lehrpersonal kann künftige Musiker auf den richtigen Weg bringen – oder ihnen im Zweifel davon abraten, die Musik zum Beruf zu machen. Was Florence Vater erkannt hat, hat sicherlich auch ihr Gesangslehrer erkannt und ihr gesagt. Dass sie  nicht hören wollte, steht auf einem anderen Notenblatt.

Ich habe gehört. Und deshalb auch mal Gesang gelernt. Zwei Jahre lang. Mein Traum war es immer, Querflöte zu lernen, schon als Kind. Da habe ich neun Jahr Blockflötenunterricht gehabt und war ziemlich gut auf diesem verkannten  Instrument. Dann sollte es aber unbedingt Querflöte sein. Der Weg führte mich mit 16 Jahren zu einer Musikschule. Dort habe ich vorgespielt, und die Lehrerin, die das beurteilen sollte, riet zu Gesang statt Querflöte. So sollte die Atemstütze, an der es bei mir mangelte, ausgebildet werden. Ich habe zwei Jahre Gesangsunterricht genommen, etwas, das mir heute noch beim Chorsingen zugute kommt. Und das Querflötenspiel habe ich mit Anfang 30 dann doch noch erlernt, im Privatunterricht. Und so wurde, egal ob auf der Blockflöte, beim Gesang oder der Querflöte, am Ende aus Noten Musik.

Eines zeigt diese Geschichte deutlich: Um Musik in jungen Menschen zu verankern, ihnen das Erlernen eines Instrumentes oder ihrer Stimme zu ermöglichen, ihnen die Freude am Musizieren zu vermitteln, kann sich niemand auf die allgemeinbildenden Schulen verlassen. Instrumentalunterricht außerhalb der Blockflöte gibt es dort so wie nicht. Außerdem wird das Fach sträflich vernachlässigt. Ohne Musikschulen aller Art, ob privat oder von Kreisen oder Kommunen getragen, geht es nicht. Dabei gilt: Je größer die Stadt, desto größer das Musikschulangebot. Wer eine Musikschule in Hamburg sucht, wird eher fündig als jemand, der sich in Kleinkleckersdorf danach umschaut. Aber auch dort gibt es Angebote.

Dank der Musikschulen wird in Deutschland musikalischer Nachwuchs herangebildet. Wenn sich Eltern darum bemühen, können sie ihren Kindern das Können in klassischer Musik, aber auch in Pop und Blues und Rock vermitteln lassen. Ich wünsche mir, dass das vielen Kindern zuteil wird, denn die Freude an Musik ist groß, die am Musik machen ist noch viel größer. Ich weiß, wovon ich rede. Ich kann nur jedem raten, es auszuprobieren und sich in einer Musikschule beraten und an einem Instrument ausbilden zu lassen. Dort ist die Kompetenz, die uns vielleicht auch vor dem Gesang von Florence Foster Jenkins bewahrt hätte.

(Dies ist ein geförderter Artikel. Was nichts daran ändert, wie ich den Wert von Musikschulen sehe oder beschrieben habe.)

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

3 Kommentare

  • Dieter Gotzen

    Susanne, Du hast mir die Woche verschönert. :-) Moment, ich muss mir nur noch die Tränen aus´m Gesicht wischen….so, geht los.

    Ich kann mit dieser Musikart wirklich nicht viel anfangen, aber das Stück von Jenkins würde ich eher kaufen als ein fehlerfreies Stück. Demnach bin ich einer derjenigen, der nicht vor Florence Foster Jenkins beschützt werden möchte.

    Wenn jemand etwas aus voller Leidenschaft und Inbrunst macht, muss es dann immer perfekt sein? Tagtäglich werde ich mit schlechtem Journalismus konfrontiert. Aber das gehört zu unserem Leben, damit wir wissen was wirklich gut ist. Natürlich ist das Streben nach Perfektion ehrwürdig, doch wer entscheidet was gut und schlecht ist?

    Mal ein Beispiel aus dieser Woche. Wir waren im Theater bei einem Ableger von Riverdance. Es hat mich zur Halbzeit geschüttelt, ich konnte mit der ganzen Inszenierung nichts anfangen. Ein Großteil der Besucher fand´s aber fantastisch. Was war passiert? Die Show Riverdance habe ich etliche Male angeschaut, und lernte Anfang 2000 einige Akteure kennen. Die Perfektion, mit der die Choreo einstudiert wurde war schon irre. Und nun unser Theaterbesuch diese Woche. Es war alles robuster, improvisierter, der Sound war unter aller Kanone. Meine persönliche Meßlatte lag einfach zu hoch, und irgendwie auch unfair. Denn letztendlich steckte auch hier viel Arbeit drin, und auch die Tänzer gaben wirklich alles. Hätte ich das Original der Tanzshow nicht gekannt, wäre ich sicherlich genau so begeistert gewesen.

    Und leider werden auch heutige gute Talente derart verbrannt, siehe DSDS, The Voice etc., da stellt sich mir die Frage, ob wir gute Musik überhaupt noch wertschätzen können? Zumal über schlechte Kunst mehr geredet und geschrieben wird als über gute. Wäre Florence Foster Jenkins eine perfekte Sängerin gewesen, sie hätte es nie in Deinen Blog geschafft ;-). Also hat schlechte Kunst wiederum ihre Berechtigung. Du hast drüber geschrieben, ich hab´s gelesen und meinen Senf dazu beigetragen, ein wenig Werbung war auch noch drin. Demnach: Alles perfekt ?

    Danke für´s Lesen

    Dieter

    • Susanne

      Lieber Dieter,
      wie schön mal wieder von Dir zu hören. Danke für Deinen ausführlichen Kommentar.
      Du hast mit Deiner Erfahrung mit der Tanzvorführung natürlich Recht. Bei (klassischer) Musik ist das ganz ähnlich. Wir kennen viele Stücke von CD-Aufnahmen, bei deren Aufnahme jede misslungene Passage wiederholt werden kann. Hören wir das Stück dann live und der Sänger ist vielleicht etwas indisponiert oder trifft schlicht einen Ton nicht in voller Klarheit, dann sind wir enttäuscht. Playback, CDs und aufgezeichnete Fernsehdarbietungen haben unsere Ansprüche grundlegen verändert, einfach höher geschraubt. Das wird den Ausführenden beim Liveerlebnis nicht gerecht, schon gar nicht, wenn es auch noch Laien sind. Schade, aber wahrscheinlich nicht zu ändern.
      Ich hoffe, ich höre bald mal wieder von Dir,
      Liebe Grüße,
      Susanne

  • Dieter Gotzen

    Hi Susanne,

    hmm, irgendwie klappt die Benachrichtigung für neue Kommentare nicht. Und wenn ich keinen Hinweis erhalte, verfolge ich den jeweiligen Artikel nicht mehr. Mehr durch Zufall bin ich jetzt wieder hier gelandet. Wobei die Feedbenachrichtigung für neue Artikel problemlos funktioniert.

    Ich werde mich in Deinem Praktikantenbeitrag melden. Denn das ist ein Thema welches bei mir im Studio hoch im Kurs steht.

    Lieben Gruß in den Norden

    Dieter

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