Kirchlein am Wegesrand: die Kapelle Sophienhof
Jahrzehnte bin ich an ihr vorüber gefahren, jetzt endlich bin ich mal drin gewesen in der Kapelle Sophienhof. Das Kirchlein steht in der Nähe von Preetz an der ehemaligen Bundesstraße 76 und ist wegen seines Baustils besonders auffällig. Außerdem ist die Kapelle die Heimat des verliebten Taufengels Paul.
Eine Kapelle im byzantinischen Rundbogenstil ist hierzulande, im norddeutschen Flachland mit seinen Backsteinfassaden und geraden Kirchtürmen, eine Seltenheit. Jeder, der mal an der Kapelle Sophienhof vorbeigefahren ist, wird sie nicht vergessen und sich für ihre Geschichte interessieren. So ist es auch mir ergangen. Immerhin bin ich viele, viele Jahre fast täglich, später wöchentlich auf der B 76 zwischen Eutin und Kiel unterwegs gewesen und stets an der Kapelle vorbeigekommen.
Abseits der Durchgangsstraße
Mittlerweile hat Preetz eine Umgebungsstraße bekommen, die schon vor der Kapelle Sophienhof abzweigt. Sie liegt jetzt nicht mehr an einer Durchgangsstraße. Aber an einer Straße, auf der viele Radler und andere Ausflügler unterwegs sind. Wegen ihrer Lage und ihres Aussehens ist die Kapelle zudem ein beliebter Ort für Hochzeiten und Taufen.
Vorbilder aus dem Baltikum
Erbaut wurde die Kapelle 1873 von den Gutsherren auf Sophienhof. Der Bauherr, der Kaufmann Nikolaus Johanssen aus Lübeck, war viel im Baltikum unterwegs und kannte von dort russisch-orthodoxe Kirchen. Dem Architekten Heinrich Carl Scheel diente aber auch eine Kapelle in Baden-Baden als Vorbild. Scheel, manchmal auch Karl statt Carl, entwarf unter anderem das Gebäude der heutigen deutschen Botschaft in Riga.
Das zerbrochene Kirchenfenster
Das Kirchenschiff der Kapelle Sophienhof ist als sogenannter Kleeblattchor oder Dreikronenchor gestaltet, über dem sich der Turm mit einer eisernen Glocke erhebt. Die Kirchenfenster sind noch im Original erhalten, bis auf das große Fenster hinter dem Altar. Es ist bei einer Renovierung zerbrochen. Erst wurde die Fensteröffnung zugemauert, später ein modernes Fenster eingesetzt. Anders als in anderen Kirchen gibt es keine weitere moderne Ausstattung.
Als ich die Kapelle besucht habe, traf ich jemanden, der sie kennt wie kaum ein zweiter und mir viel darüber erzählte. Er möchte hier nicht genannt werden. Von ihm erfuhr ich die Geschichte von Paul, dem Taufengel. Eigentlich hat der Engel keinen Namen, aber irgendwann wurde er Paul getauft. Der Engel wurde zur Bauzeit der Kapelle von Eduard Lürssen entworfen und geschaffen.
Der verliebte Paul
Paul lächelt. Mein anonymer Fremdenführer weiß auch warum. Ihm gegenüber an der Eingangsseite zur Kapelle, gibt es unten wie auch oben ein Bildnis eines weiteren Engels. Das sei Paulinchen, und in die sei Paul verliebt, heißt es. Kein Wunder, Paulinchen ist ebenso lieblich wie Paul selbst,.
Die Familie Johannsen schenkte die Kapelle in den 1960er Jahren der Kirchengemeinde Preetz, die dort seitdem regelmäßig Gottesdienste hält. Außerdem werden dort viele Brautpaare getraut, auch von auswärtigen Pastoren. Wanderer und Radfahrer rastern gern an der Kapelle. Steht doch über ihrem Eingang „Dem Wanderer zur Einkehr“.
Bei großer Sommerhitze findet der Wanderer aber nicht nur in der Kapelle Abkühlung, sondern vielleicht auch im Schatten der 200 Jahre alten Buche, die vor ihr steht. Alle, die die Kapelle lieben, hoffen, dass der Baumveteran noch lange durchhält. Ist er doch älter als die Kapelle Sophienhof und seit Anbeginn mit ihr verbunden.
2 Kommentare
Malte Steckmeister
Vielen Dank für den tollen Beitrag. Ich komme da nicht oft an der B76 lang, aber habe mir auch schon paar Mal gedacht: „Schade, daß ich gerade zu einem Termin unterwegs bin, sonst würde ich mir das mal anschauen wollen“. Schöne Geschichte von Paul & Paulinchen <3
Susanne
So ging es mir ja auch lange, sogar Jahrzehnte lang. Es ware jetzt das erste Mal genug Zeit, mal reinzuschauen. Und es hat sich weiß Gott gelohnt.