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Buch im Grab: Die Dinge unseres Lebens

„Meine Mutter war immer eine Lesende gewesen.“ Das schreibt Susanne Mayer in ihrem Buch „Die Dinge unseres Lebens“. Auch meine Mutter war eine große Leserin. Wir haben sie im Januar zu Grabe getragen. Mit einem ihrer Lieblingsbücher, eben jenem von Susanne Mayer. Was mich daran und an dem Buch berührt.

Die Autorin beschreibt, wie sie das Haus ihrer Eltern ausräumt und dabei die Dinge aus deren Leben betrachtet. Es ist eine Reise durch die Vergangenheit der Familie, die sie zwar mit leichter Feder, aber mit tiefem Respekt vor ihren Eltern und diesen Dingen beschreibt. Vieles erinnert sie an ihre Kindheit, vieles wirft aber auch ein Licht auf ihre Eltern, vor allem ihre Mutter, das der Autorin so nicht bewusst war.

Das Leben vor und nach den Kindern

Susanne Mayer geht es so wie mir und vermutlich vielen erwachsenen Kindern: Da ist zum einen die Kindheit und Jugend, die sie intensiv mit dem Leben der Eltern und deren Dingen verbindet. So mancher Gegenstand hat die Kinder durch diese Zeit begleitet, und sie haben selbst eine enge Beziehung dazu. Und da ist die lange Zeit, in der die Kinder ausgezogen sind und am Leben der Eltern nur noch aus der Ferne und sporadisch teilnehmen.

In dieser Zeit, die bei mir zum Glück deutlich länger war als meine Kindheit und Jugend, sammeln sich Dinge an, deren Bedeutung sich erst beim Aufräumen erschließt oder die ein Schlaglicht auf das Leben der Eltern nach dem Weggang der Kinder werfen. Bei Susanne Mayer sind es etwa die Reisen der früh verwitweten Mutter, von denen Fotoalben und Mitbringsel künden. Einen großen Raum nehmen auch ihre Kleider ein, die von ganz früher, von früher und die aus jener Zeit ohne Mann und Kinder.

Das Buch "Die Dinge unseres Lebens" von Susanne Mayer mit Dingen aus dem Leben meiner Vorfahren.
Das Buch „Die Dinge unseres Lebens“ von Susanne Mayer mit Dingen aus dem Leben meiner Vorfahren.

„Die Dinge unseres Lebens“* ist ein wunderbares Buch. Es lässt bei mir zwiespältige Gefühle zurück. Einerseits die Masse der Dinge, die denjenigen, der sie aufräumen und aussortieren muss, erschlagen. Andererseits macht mir die liebevoll anhand der Gegenstände erzählte Familiengeschichte ein warmes Gefühl im Bauch. So ähnlich wie Susanne Mayer geht es mir auch, obwohl das große Aufräumen des Elternhauses noch nicht ansteht.

Familiengeschichte zwischen Nerz und Kristall

Weil das Buch aber so schön geschrieben ist und so fein die deutsche Geschichte und Nachkriegsgeschichte zwischen Nerzkragen und gutem Kristall durchdekliniert, habe ich es meiner Mutter geschenkt. Nachdem ich es ausgelesen hatte. Meine Mutter war lesesüchtig, so formuliert es jedenfalls mein Vater. Bücher waren ihr ganzes Glück, und als in der Pandemie die Stadtbibliothek so lange geschlossen war, habe ich sie mit Lesestoff aus meinem Regal versorgt: mit der wunderbaren Biografie der Fotografin Lee Miller und unter anderem auch mit „Die Dinge unseres Lebens“.

Offenbar hat meine Mutter das Buch von Susanne Mayer genauso gemocht wie ich. Denn als sie im Januar starb und wir ihre Beerdigung planten, hatte mein Vater die Idee, ihr eines ihrer Lieblingsbücher mit ins Grab zu werfen. Das hat mich sehr gerührt. Er wusste auch sofort welches: „Die Dinge unseres Lebens“ von Susanne Mayer. Tatsächlich liegt es jetzt mit ihr unter der Erde. Und ich hoffe, meine Mutter hat dort, wo sie jetzt ist, immer genug zu lesen.

Ein Buch, das zu Tränen rührt

Ich habe mir das Buch von Susanne Mayer neu gekauft. Ich musste es einfach noch einmal lesen. Und bin genauso begeistert wie beim ersten Mal. Doch jetzt hat es für mich auch eine emotionale Bedeutung. Beim erneuten Lesen sind mir das eine oder andere mal die Tränen gekommen.

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Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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