Begeisterung und Big Business: Ein Tag auf Schalke
Ich hab’s ganz und gar nicht mit Fußball. Ich bin kein Fan, und das Bundesliga-Geschehen lässt mich völlig kalt. Ich mag aber an besondere Orte gehen, und deshalb kam mir die Gelegenheit einer Führung durch die Veltins-Arena von Schalke 04 gerade recht. Es waren ein paar spannende Stunden zwischen Begeisterungskultur für einen Sportverein und Big Business.
Die Arena-Tour verspricht einen spannenden Blick hinter die Kulissen. Ein Versprechen, das eingehalten wird. Unsere Führerin hatte viel zu erzählen und viel zu zeigen. Die erste Überraschung gibt es bereits vor der Arena. Warum liegt das Spielfeld draußen? Wie kommt es hinein in die Arena? Ganz einfach: Es wird hinein geschoben. Der Rasen genießt draußen Sonne, Luft und Regen und die Arena ist frei, um vermietet zu werden. Das lohnt sich für den Verein, der Eigentümer der Arena und des ganzen Drumherum ist.
Was da draußen nach einem schnöden Rasen aussieht, ist ein komplettes Spielfeld. Ein paar Eckdaten dazu:
11 000 Tonnen wiegt die Betonwanne mit dem Rasen darauf.
7500 Euro kostet eine Fahrt.
3-6 Stunden dauert sie.
160 000 Euro Miete kostet die Arena für einen Tag.
Das 2001 erbaute Stadion ist nicht nur ein Fußballtempel, sondern ein Veranstaltungsort mit allen technischen Raffinessen wie modernste Ton- und Videotechnik, verschiebbare Tribünen und einem verschließbaren Dach. Das alles wird ausführlich erklärt. Bei der Tour dürfen die Besucher aber auch einen Blick hinter die Kulissen werfen, etwa in die Kabinen der Spieler. Die Gäste durchschreiten den Tunnel, durch den die Spieler von ihren Kabinen aufs Spielfeld gelangen. In Anlehnung an den Standort der Arena, das Kohlerevier im Pott, sind die Seiten mit Kohle ausgekleidet wie in den Flözen unter der Erde. Etwas schade ist allerdings, dass das keine echte Kohle ist, sondern Plastikkohle. Wäre echte Kohle, ganz dünn mit Klarlack überzogen, nicht viel stilechter gewesen?
In der gesamten Arena einschließlich aller Nebenräume – mit Ausnahme der hauseigenen Kapelle – wird Schalke 04 zelebriert. Mit Farben, Sprüchen und Logos wird jeder, ob Spieler oder Besucher, auf den Verein eingeschworen. Und auf seine Sponsoren, von denen Veltins zu den wichtigsten gehört. Begeistert erzählt die Führerin von den riesigen Biertanks im Inneren der Arena und wie das Gebräu über lange Pipelines zu den Kiosken fließt, wo es spritzig und frisch ausgeschenkt wird. Die Zuhörer plagt zusehends die Lust auf ein kühles Blondes.
Die Arena ist der größte Absatzmarkt für Veltins. Und auch sonst regiert das Big Business. Die Arena beherbergt allerlei Clubs, Logen, Salons und ein Kongress-Zentrum, die gegen hohe Beträge gemietet werden können. Ein VIP-Parkplatz kostet allein 45 Euro Parkgebühr – pro Tag wohlgemerkt. Schalke 04 ist kein schnöder Sportverein. Obwohl der wie andere Sportvereine auch Mitglieder hat – allerdings mit knapp 130 000 mehr als üblich – zahlen die Mitglieder nicht viel mehr Jahresbeitrag als beim TSV Hintertupfingen. Es sind ja nach Sparte und aktiver oder passiver Mitgliedschaft höchstens 158 Euro im Jahr. Allerdings ist der Verein Schalke 04 auch ein riesiges Wirtschaftsunternehmen. Und das spürt man überall während der Führung, wenn die Rede darauf kommt, was eine Loge kostet, dass der Verein bis hin zur Zubereitung und zum Verkauf von Currywurst und Bier alles selbst macht und dass er sogar eine eigene Währung hat, den Knappen, mit dem alle Verkäufe in der Arena abgewickelt werden.
Die zwei Stunden in der Arena waren sehr spannend und interessant. Man muss kein Fußballfan sein, um von den Dimensionen der Arena und der Vereinsgeschäfte fasziniert zu sein. Es ist eine seltsame Mischung von Begeisterung für eine Sache, moderner Architektur, alles könnender Technik und Geld verdienen, viel Geld, die dort zu bestaunen ist.
Was alles in der Arena läuft und viel Informationen, aber auch viel schönste PR für die Arena gibt es in der Broschüre zur Veltins-Arena nachzulesen.
Hier noch ein paar Bilder von der Führung. In der Beschreibung (Bild anklicken und auf Flickr ansehen) steht bei manchen Fotos etwas genauer, was sie zeigen.
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Ein Kommentar
Atalaya
Mein schalk(e)beseelter Großvater hat schon das Parkstadion nicht mehr miterlebt und war in der Glückauf-Kampfbahn zu Hause. Mir hingegen war schon das Parkstadion zu wenig intim. In eine „Arena“ aber kriegt mich ohehin niemand, nicht nur, weil ich kein Interesse mehr an Fußball habe.