Altar und Kraftort: Der mystische Wald hinterm Haus

Seit ich im Homeoffice sitze, gehe ich jeden Morgen eine Stunde lang spazieren. Wir wohnen an einer Kreuzung, von der aus Straßen in alle vier Richtungen abgehen. Ich laufe jeden Tag eine Richtung ab, bevor ich wieder von vorne anfange. Eine dieser Straßen führt an einem ganz normalen Wald vorbei. Oder ist er doch nicht so normal? Immerhin steht ein Altar darin.

Für mich ist er ganz normal: ein schöner Mischwald, vor allem von alten Buchen und Eichen bestanden. Gerade ist er sehr licht, weil in diesem Winter ordentlich Holz gemacht wurde. Dafür mussten etliche Bäume ihr Leben lassen. Aber so ist das, ein Wald ist für den Besitzer nichts anderes als ein Acker, auf dem Holz wächst. Nur dass der Wachstumszyklus eben viel, viel länger ist als bei Raps oder Weizen.

Installationen fürs Gefühl

Für Spaziergänger für mich ist der Wald vor allem ein Ort, um auszuspannen, durchzuatmen, mich zu bewegen in guter Luft. Für einige andere ist er offenbar ein mystischer Ort, an dem sie Dinge spüren, die ich nicht spüre. Davon künden Installationen, die nichts mit dem Wirtschafts- oder dem Erholungswert des Waldes zu tun haben. Ich habe sie auf meinen Spaziergängen entdeckt.

Am Hauptweg, der durch den Wald führt, steht eine Art Wald-Altar. Irgendjemand hat ihn aus den keilförmigen Reststücken gebaut, die entstehen, wenn zu fällende Bäume kurz über dem Boden eingesägt werden, damit sie in die richtige Richtung fallen. Bestückt ist der Altar mit Steinen und kleinen Figuren. Was mir dieses Arrangement sagen soll, hat sich mir nicht so recht erschlossen. Vielleicht haben Kinder die Figuren dort hineingestellt. Den Altar haben sie ganz sicher nicht gebaut.

Waldaltar aus Holz mit Steinen und Figürchen.
Der Wald-Altar mit Steinen und Figürchen.

Wald-Altäre sind offenbar nicht so selten. Einerseits werden Bildstöcke, wie sie in katholischen Gegenden vorkommen, so bezeichnet, wenn sie im Wald stehen. Andere werden nur zu Pfingsten aufgebaut, wenn viele Gottesdienste im Freien stattfinden. Es gibt auch etliche, die nichts mit dem Christentum zu tun haben, sondern an denen esoterische Gruppen magische Kräfte empfangen wollen. Mein kleiner Wald-Altar sieht allerdings sehr privat aus, nicht so, als stünde eine größere Gruppe dahinter.

Ein Kraftort am Waldausgang

Mystisch geht es ein paar Meter weiter. Am Waldausgang steht eine Tafel, die sich auf ein nahegelegenes Hünengrab bezieht. Es ist ein angeblicher Kraftort. Irgendwoher soll einem hier etwas zufließen. Vielleicht aus dem Jahrtausende alten Grab? Schwer vorstellbar. Aber offenbar glauben Menschen daran. Für viele ist der Wald eben ein mystischer Ort, auch deshalb, weil sich so viele Sagen und Märchen mit ihm verknüpfen.

Ahnen, die Ahnung haben. Schwer zu glauben.

Vor mit aus soll jeder im Wald treiben oder glauben, was er möchte. Ich muss es ja nicht nachmachen. Aber ein bisschen verwundert bin ich schon darüber, was Leute aus einer Fläche mit vielen Bäumen herauslesen und dass sie das dann auch noch anderen mitteilen. Aber bitte, jeder wie er möchte. Mein Zauberwald ist übrigens ein ganz anderer. Nicht, weil ich an etwas Mystisches glaube, sondern weil er einfach zauberhaft ist.

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