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Spaziergang im Zauberwald

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Urwald – das war für mich als Kind das, was bei den Tarzan-Filmen im Fernsehen zu sehen war: dichter Dschungel, Lianen, Affen, die sich von Baum zu Baum schwingen. Dass es auch hierzulande Urwald gibt, habe ich erst später gelernt. Jetzt hatte ich die Gelegenheit, einen geführten Spaziergang in einem hiesigen Urwald zu machen. Ein besonderes Erlebnis für den, der Augen hat zu sehen.

Der Spaziergang führte den Domweg am Kellersee bei Eutin entlang. Und dann ins Unterholz zu den Baumriesen. Denn dort, in einem typischen Buchen-Uwald, stehen die urwüchsigsten und größten Buchen des Nordens. Über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte durften sie wachsen, wie sie wollten. Im Gegensatz zu forstwirtschaftlich genutzten Wäldern, in denen die Bäume zu aufrechtem, geraden Wuchs erzogen werden, gibt es dort Bäume in allen Formen. Jeder Zwiesel darf wachsen, wie es die Natur will. Und so ist sogar der sogenannte Zehnfinger-Baum entstanden. Da sind einer Wurzel weit mehr als nur zehn Stämme entsprungen.

Der Zehnfinger-Baum
Der Zehnfinger-Baum

Ab sechs Meter Umfang, auf Brusthöhe eines Menschen gemessen, ist ein Baum ein Riesenbaum. Das kommt bei Eichen selten vor, bei Buchen ist es sehr, sehr selten. Am Kellersee stehen diese Riesen Seite an Seite, einer schöner und gigantischer als der andere. Das hat auch etwas mit der Hanglage zum Seeufer hin zu tun. Um Halt zu finden, müssen die Bäume noch kräftigere Wurzeln ausbilden als normal.

Der Umfang der Bäume wird auf Brusthöhe gemessen.
Der Umfang der Bäume wird auf Brusthöhe gemessen.

Bis zu 350 Jahre alt werden Buchen in freier Natur, wenn sie im Urwald wachsen dürfen und nicht der Säge zum Opfer fallen. Wie alt die Riesen am Kellersee sind, ist nicht ganz genau bekannt. Aber es sind noch keine 350 Jahre. Sie dürfen noch ein wenig dicker werden, obwohl ihre jetzigen Ausmaße bereits beeindruckend genug sind.

Selbst Zwiesel haben im Urwald beeindruckende Ausmaße.
Selbst Zwiesel haben im Urwald beeindruckende Ausmaße.

Solche Riesen haben natürlich ein einnehmendes Wesen. Die Buchen finden an diesem Standort beste Bedingungen und verdrängen alles andere. Selbst große Eichen werden überwachsen und erstickt. Übrig bleiben von ihnen nur die toten Stämme. Sie vergehen nie und bilden geheimnisvolle Formen, die dem Wald noch mehr Zauberhaftes geben.

Toter Eichenstamm.
Toter Eichenstamm.

Der Spaziergang im Zauberwald war faszinierend. Ich hätte stundenlang dort entlang laufen können. Und ich werde im Herbst wieder dorthin gehen. Dann muss der Buchendom oder Hallenwald, wie das dichte Dach über den Wegen genannt wird, noch viel faszinierender sein.

Man findet den Wald, wenn man von Eutin aus über Sielbeck in Richtung Malente fährt. Vom Parkplatz am Ukleifährhaus geht es – mit Blick auf den See – nach links in den Zauberwald hinein.

Mehr Urwälder in Schleswig-Holstein:

  • Riesewohld (Dithmarschen)
  • Tönsheider Wald im Aukrug (Rendsburg-Eckernförde)
  • Luhnstedter Gehege (Steinburg)
  • Segeberger Forst Buchholz (Segeberg)
  • Friedeholz/Pugum (Schleswig-Flensburg)
  • Hevenbruch (Lübeck)
  • Wälder der Schaalsee-Landschaft (Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern)
  • Uferwälder am Selenter See (Plön)

 

 

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

5 Kommentare

  • Sven Meier

    Nach dem Lesen dieses Blog-Artikels ging es mir wie nach dem Lesen des Artikels in der LN-Onlineausgabe: wo ist das genau? Ich habe gegrübelt und mich in ein Selbstgespräch verwickelt: du kenst Eutin, na ja, halbwegs, du kennst den Kellersee, warst vor 2 Jahren während der Reha in Malente dort an ziemlich jeder Ecke – nein, wohl doch nicht, oder hast du den Urwlad vor lauter Bäumen nicht gesehen? Der „Domweg“ sagt mir hingegen nichts. Auch Google-Maps kennt ihn nicht. Wahrscheinlich ist das so ein Weg wie der „Langerhornsweg“ in meiner alten Gemeinde. Den kennen auch nur die Einheimischen so. Und Google-Maps ist nicht einheimisch. Aber nachdem ich Google-Earth ausgewertet habe, bekomme ich so eine Ahnung ….
    Egal. Ich kriege das raus ^^ Nach den fantastischen Artikeln nebst Fotos ist der Urwald ein weiteres Ziel für meine Ostholstein-Erkundungstouren in den Sommerferien. Ostholstein ist so schön, da gibt es noch viel zu entdecken.

    • Pyrolim

      Hallo Sven, es ist ganz einfach: Parkplatz am Uklei-Fährhaus in Eutin-Sielbeck ansteuern, mit Blick auf den Kellersee hinstellen und dann links in den Uferweg rein. Das ist der Domweg, der wegen des Buchendoms so heißt.

  • Frau Herzlich

    Manchmal hat man wirklich das Gefühl man läuft durch einen Zauberwald oder vielleicht auch Urwald.
    Uralte verwunschene Bäume ~ da fehlen dann nur noch huschende Feen.

    Lieben Gruß
    Frau Herzlich

  • Frau Fröhlich

    Ich liebe diese deutschen Urwälder. Leider gibt es nur so wenige davon, obwohl sie ein sehr wertvolles Stück Ökosystem sind.

    Aber der Deutsche muss ja alles immer geordnet und in Reih und Glied haben. Wie gut, dass langsam ein Umdenken stattfindet.

    Eutin … ein Ort wo ich irgendwann unbedingt noch hin möchte, denn mein Vater ist dort geboren und hat lange in Malente gelebt. Ich kenne die Gegend nur vom Hörensagen und den Immenhof-Filmen … irgendwann werde ich dort aufschlagen :-)

    Danke für die kleine Urwaldtour :-)

    • Pyrolim

      Liebe Frau Fröhlich,
      vielen Dank für die Kommentare. Ja, die Gegend um Eutin ist schon sehr reizvoll. Ich komme auch fast täglich am Immenhof vorbei und werde irgendwann mal drüber bloggen. Darüber gibt es viel zu berichten.
      LG, Susanne

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