Macht der Bilder: Wie mit Wladimir Klitschko posieren?
Mittlerweile sollte sich herumgesprochen haben, welche Macht Bilder haben können. Am Beispiel des Besuchs von Wladimir Klitschko in Berlin lässt sich gut nachvollziehen, wie das schiefgehen kann – oder wie man es vielleicht besser macht. Wobei ich von der besseren Variante auch nicht so recht überzeugt bin.
Wladimir Klitschko, ehemals erfolgreicher Boxer und Bruder von Vitali Klitschko, dem Bürgermeister von Kiew, war gerade in Berlin, hat Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock besucht. Die Klitschko-Brüder sind neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Gesichter des Widerstands der Ukraine gegen den russischen Aggressor. Beide sind baumlange Kerle und als ehemalige Boxer kräftig gebaut.
Ein verunglücktes Foto
Wie also hiesige Politiker mit einem solchen Mann gemeinsam fotografieren? Zumal Bundeskanzler Scholz nun gerade kein baumlanger Kerl ist. Seine Größe von 1,70 Metern fällt bei normalen Politikerbesuchen nicht so auf. Neben Wladimir Klitschko kann er aber nur verlieren. Und genau das ist passiert. Was erhebliche Kritik an diesem Foto auslöste. Hier wurde die Macht der Bilder links liegen gelassen.
Eine völlig berechtigte Kritik. Meiner Meinung nach ein Foto, wie es bei einer Jahresversammlung im Kleingartenverein gemacht wird. Sieht aus wie ein auf die Schnelle geschossenes Handyfoto, bei dem sich der Fotograf keinen Moment lang Gedanken darüber gemacht hat, was er da tut. Zumal er auch noch die Füße angeschnitten hat. Wobei ich finde, dass Füße auf Fotos sowieso überflüssig sind. Wenn schon zwei Leute auf einem Foto, dann bitte erst ab der Hüfte aufwärts. Aber auch sonst würde nie zwei Menschen so nebeneinander fotografieren. Und schon gar nicht bei dem Größenunterschied.
Welche Witze im Netz darüber gerissen wurden
Das Foto sorgte im Netz für Lacher. Mancher User vermutete ironisch, das seien Wladimir Klitschko und sein Kind. Andere vermissten den Hinweis in der Bildunterschrift, wer hier links und wer rechts steht. Dass der Größenunterschied aber nicht allein entscheidend ist, beweist das Foto, das Außenministerin Annalena Baerbock mit Klitschko zeigt. Sie hat es auf ihrem Instagram-Account gepostet. Halyna Yanchenko hat es auf Twitter gezeigt.
Hier fällt der Größenunterschied gar nicht auf. Vielleicht, weil die Frauen ein bisschen vor Klitschko hergehen. Eine leicht gestaffelte Aufstellung ist – auch im Gehen – immer eine gute Wahl. Das Foto wirkt ungestellt und ungestelzt, wie ein einfacher Schnappschuss. Ich bin aber sicher, dass es gekonnt orchestriert wurde und dass es davon eine ganze Serie gibt. Das Beste wurde schließlich ausgewählt.
Das Kleid von Baerbock ist eher ungünstig
Ja, das Foto ist um etliches besser als das Konfirmandenfoto von Scholz und Klitschko. Aber eben nicht perfekt, wie ich finde. Das Kleid von Annalena Baerbock – einige bezeichnen es als Tarnfleck, das geht mir zu weit – ist mir zu unruhig und lässt sie vor dem ebenfalls unruhigen Hintergrund optisch verschwimmen. Die dunklen Flecken gehen an einigen Stellen nahtlos in die Anzüge des Mannes hinter ihr und von Klitschko über. Ihre Körperhaltung und ihre Zugewandtheit zu ihrem Gast überzeugen dagegen.
Allerdings läuft ihr die Frau links auf dem Bild den Rang ab. Halyna Yanchenko ist Mitglied des ukrainischen Parlaments und Co-Vorsitzende der Ukrainisch-Deutschen Parlamentariergruppe. Sie wirkt auf dem Foto noch dynamischer als Baerbock und hebt sich trotz ihres dunklen T-Shirts gut vom Hintergrund ab.
Ideen für ein besseres Scholz-Klitschko-Foto
Wie hätte ich nun Wladimir Klitschko und Olaf Scholz ins Bild gesetzt? Ich bin kein Profi auf dem Gebiet der Politikerfotos und kann nur aus meiner Erfahrung als Fotografin bei Presseterminen berichten. Die Kunst des Gruppenfotos lässt sich oft auch auf Politikerfotos übertragen. Ich hätte Gast und Gastgeber im Sitzen fotografiert, vielleicht zugewandt auf zwei Sesseln mit einem kleinen Tisch in der Mitte. Oder vielleicht mit Klitschko im Sitzen und Scholz steht neben ihm. So wie damals, als Vitali Klitschko Scholz in Hamburg besuchte. Ein bisschen edles, wenn auch nicht hanseatisches Ambiente wird sich doch bestimmt im Bundeskanzleramt finden. Das wäre allemal besser gewesen als der uninspirierte Schnappschuss von Scholz und Wladimir Klitschko, der jetzt allen im Gedächtnis bleiben wird.
3 Kommentare
Andreas Moser
Ja, im Sitzen wäre besser gewesen. Vielleicht über Landkarten gebeugt. Mit einem Drink und halb angerauchten Zigarren.
Das zweite Foto ist perfekt gelungen, finde ich.
Die Frauen schreiten voran. Dynamisch. Aber in Unterhaltung auf Augenhöhe.
Die eine wie Lara Croft, die andere im Flecktarn-Kleid (ja, das war auch meine erste Assoziation).
Klitschko hintendran. Wegen der Größe wirkt er ein bisschen wie ein Beschützer, aber dennoch zweite Reihe hinter den Frauen.
Susanne
Danke für Deine Bildkritik. Ja, am zweiten Foto ist viele sehr gut, aber etwas weniger unruhiger Hintergrund hätte ihm gutgetan. Vor allem aber bezieht das Bild seine Wirkung aus dem Kontrast zum Konfirmandenfoto mit Olaf Scholz.
Horst Schulte
Hätten die Filmleute um Tom Cruise so gearbeitet… Es war ein Lacher (für mich). Aber mehr denn auch nicht. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, die beiden Männer im Sitzen zu fotografieren. Selbst dann hätte, bei falscher Perspektive, der Sitzriese mickrig gewirkt. Oder? Scholz ist ggü diesem Kerl von Weltmeister nun mal ein Winzling. Die Füsse hat der Fotograf übrigens nicht abgeschnitten. In der RTL-Version (Titel hast du verlinkt) sieht man, dass das volle Format :-) ausgefüllt wurde. Das macht es wohl noch extremer.