Wie der Lachs ins Sushi kam

Jeder kennt es heute: Sushi, die japanischen Reisröllchen, mit Lachsstückchen im Inneren. Doch das Rot im Sushi ist eine verhältnismäßig neue Erfindung – und einer der größten Marketing-Coups der Norweger. Die mästen seit 50 Jahren Lachse in den vielen Lachsfarmen, die vor der Westküste betrieben werden. Einen großen Absatzmarkt für ihren Lachs finden sie im Sushi.

„Die meisten Leute haben noch nie einen Wildfisch gesehen“, sagt Solveig Botnen von der Firma Lingalaks AS, die acht Fischfarmen im Handanger Fjord und 14 an der gesamten Westküste betreibt. Das ist nur ein kleiner Teil der norwegischen Fischfarmen, von denen es insgesamt um die 1000 gibt. Die meisten davon in der Region Hardanger und ganz im Norden von Dänemark. Nicht ohne Stolz berichtet Solbeig Botnen, dass Norwegen pro Tag 14 Millionen Portionen Lachs exportiert.

Siegeszug der Lachse in Japan

Ein Teil davon landet im Sushi. Bis in die 80er Jahre hätte sich das in Japan niemand vorstellen können. Nichts als Weißfisch wickelten die Sushi-Meister in den Reis, und verkauft wurde das Rohfisch-Gericht fast ausschließlich in Japan. Eine Gruppe von ambitionierten Norwegern machte sich dann daran, den Japanern ihren Lachs schmackhaft zu machen. Mit ungeahntem Erfolg. Zwar dauerte es noch gut zehn Jahre, bis die Sushi-Meister von der Qualität norwegischen Lachses überzeugt waren. Aber dann traten die roten Fischfilets und das japanische Gericht ihren Siegeszug um die Welt an.

Sushi mit Lachs
Sushi mit Lachs – etwas, was es erst seit gut 30 Jahren gibt.

Jeder kennt heute Sushi. Und jeder geht felsenfest davon aus, dass im Inneren des weißen Reismantels schon immer roter Lachs steckt. Etwas anderes scheint unvorstellbar. Genauso unvorstellbar erschien es noch in den 80er Jahren in Deutschland, wie normal es sein könnte, Lachs, ob graved oder geräuchert, zu essen. Es gab ihn höchstens zu hohen Feiertagen, in hauchdünne Scheiben geschnitten und sündhaft teuer. Wir gönnten ihn uns höchstens zu Weihnachten.

Wie der Lachs zum alltäglichen Lebensmittel wurde

Das haben nicht zuletzt die norwegischen Lachsfarmer geändert. Über 50 Prozent des gesamten weltweit verkauften Fischs ist Lachs aus Norwegen, sagt Solveig Botnen. 1978 wurde Lingalaks gegründet. Die Lachskäfige in den norwegischen Fjorden fänden beste Voraussetzungen vor. „Die Strömung ist sehr stark“, sagt Botnen, „das ist das Geheimnis“. Das immer wieder von dieser Strömung ausgewechselte Wasser enthalte viel Sauerstoff. Das Wasser strömt von Süd nach Nord, der tiefste Punkt im Hardanger Fjord ist 850 Meter tief.

Ein Lachs schwimmt im Inneren eines Lachskäfigs.
Lachse werden heute in zahlreichen Lachsfarmen vor Norwegens Westküste gezüchtet. Foto: Lingalaks

Irgendwo darüber schweben die Lachskäfige, mal rund, mal eckig. Lingalaks betreibt im Hardanger Fjord ein schwimmendes Besucherzentrum, das abenteuerlustige Naturen mit einem sogenannten RIB-Boot erreichen, einer Art Zodiak. Fest eingepackt in einen warmen Overall, versehen mit Schwimmweste, Mütze, Handschuhen und Schutzbrille, geht es mit Tempo raus auf den Fjord. Gern steuert Solveig Botnen noch kurz ein einsam gelegenes Dorf am Ende eines sehr kleinen Seitenfjords an. Der Fyksesund ist gerade mal zehn Kilometer lang. Zwischen steilen Felswänden geht es die schmale Wasserstraße entlang. Ein norwegischer Fjord wie aus dem Bilderbuch.

Solveig Botnen steuert das RIB-Boot gekonnt durch den Fyksesund.
Solveig Botnen steuert das RIB-Boot gekonnt durch den Fyksesund.

Rasante Fahrt zwischen steilen Felshängen

Was für eine grandiose Landschaft. Rechts und links des Fjords erheben sich schroffe Felshänge. Teils so steil, dass sich kaum Vegetation darauf hält. Im Hintergrund erheben sich die Berge, die Norwegens Fjordlandschaft so eindrucksvoll machen. Nach der rasanten Fahrt geht es zum schwimmenden Besucherzentrum, wo Informationen und frisch zubereiteter Lachs auf die Besucher warten. Weniger abenteuerlustige Naturen erreichen das Zentrum übrigens auch von der Straße aus über einen Steg.

Mit dem RIB-Boot geht es über die Fjorde zum Lingalaks-Besucherzentrum.
Mit dem RIB-Boot geht es über die Fjorde zum Lingalaks-Besucherzentrum.

Zunächst aber besichtigen die Besucher die ans Besucherzentrum angeschlossenen Lachskäfige. Mit Netzen vor dem Zugriff von Vögeln geschützt, mit unterirdischen Netzen vor dem Ausbrechen bewahrt, leben die Lachse dort wie die Maden im Speck. Ein grünes Hütchen mit einem Schnorchel daran schleudert regelmäßig Futter ins Wasser. Alles von Computern gesteuert und von Lingalaks-Mitarbeitern an Monitoren überwacht, berichtet Solveig Botnen. Alle Lachse seien zudem geimpft, was für solche Art Massentierhaltung sonst notwendige Medikamente überflüssig mache.

Die Lachsfarm am Besucherzentrum: Aus dem grünen Hütchen fliegt das Futter.
Die Lachsfarm am Besucherzentrum: Aus dem grünen Hütchen fliegt das Futter.

Wie sich der Lachs in der Zucht verändert hat

Und noch etwas erzählt Botnen. Kein Zuchtlachs dürfe jemals das Gehege verlassen, sprich in die Natur zurückgelangen. Denn die Tiere hätten sich in mittlerweile 50 Jahren Zucht verändert. Zuchtlachse sind etwas molliger als Wildlachse, weil sie nicht mehr so schnell schwimmen müssen wie die Fische in freier Wildbahn. Die Stromlinienform ist etwas zurückgegangen. Was sicherlich nicht schlecht für die Produktion ist. Egal, ob die Lachse nun im Sushi landen oder als gedünstetes Filet auf dem Teller. Wofür Solveig Botnen Apfelsaft als Sud nimmt. Der Apfel spielt im Hardanger Fjord nicht nur bei der Produktion von Cidre eine große Rolle. Und Lachs in Apfelsaft ist sehr, sehr lecker.

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