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Telefonzellen: Mobiles Arbeiten in den 80ern

Die Telekom baut die letzten Telefonzellen ab. Aus diesem Anlass hat der NDR gefragt, welche Geschichten seine Hörer mit Telefonzellen verbinden. Ich habe meine da nicht hinterlassen, will sie aber hier erzählen. Denn Telefonzellen waren eine Zeit lang mein Büro. Mobiles Arbeiten in den 80ern.

Mobiles Arbeiten ist heute ganz normal. Den Laptop unter den Arm geklemmt und los. Jedes Café, jeder Behördenflur, das eigene Zuhause, alles kann flugs zum Büro werden. Das ist gerade im Journalismus ganz prima, der seit Beginn der Online-Berichterstattung immer unter Zeitdruck steht. Wichtige Meldungen müssen schnell raus, da kann der Redakteur nicht erst ins Büro fahren – zumindest nicht, wenn der Rückweg lang ist.

Texte diktieren aus der Telefonzelle

Aber ob Zeitdruck oder nicht, auch früher mussten Texte und Bilder in die Redaktion transportiert werden, und sei es nur von einer Außenredaktion in die Zentrale. Und manchmal war gar keine Außenredaktion verfügbar. Da kommen die Telefonzellen ins Spiel. In den 1980er Jahren, als in der Frühzeit meines Daseins als Reporterin, habe ich Texte per Telefon auf immer wieder bespielbare Schallplatten diktiert. Eine Sekretärin in der Zentralredaktion schrieb den Text anschließend ab.

Wenn keine Außenredaktion mit einem Büro zur Verfügung stand, musste ich den Text eben aus einer Telefonzelle diktieren. In der ersten Zeit musste ich dafür immer Markstücke sammeln und dabei haben, die während des Diktats – das konnte schon mal 20 oder 40 Minuten dauern – nachgeworfen werden mussten. Sonst wäre die Verbindung abgebrochen. Später waren Telefonkarten ungeheuer hilfreich. Kennt die noch jemand?

Dach überm Kopf und Ablagefläche

Zum Glück waren die Telefonzellen in den 1980er Jahren noch echte Zellen. Nach allen Seiten geschlossen, sodass das Diktieren auch bei miesestem Wetter noch problemlos funktioniert. Erst später kamen die unbehausten Telefonsäulen, bei denen man bei den Gesprächen im Regen stand. Diese Säulen fehlte auch jegliche Ablagemöglichkeit.

Für Reporter war es auch immer eine gute Idee, Markstücke oder Telefonkarten dabei zu haben, selbst wenn sie keine Texte durchtelefonieren mussten. Wie sollten sie Kontakt mit der Redaktion halten? Es gar noch keine Mobiltelefone. Das einzige, was blieb, war entweder eine Telefonzelle oder irgendwo zu klingeln, um zu bitten, mal telefonieren zu dürfen. Was mir übrigens einige sehr schöne Begegnungen eingetragen hat, weil ich so auf mir fremde, aber sehr nette Menschen gestoßen bin.

Keine Trauer um die Telefonzellen

Nun ist das Ende der Telefonzellen gekommen. Ich weine ihnen keine Träne nach. Ich habe seit Jahren keine mehr genutzt. Heute ist zum Glück niemand mehr darauf angewiesen, Texte durchzutelefonieren. Online zu arbeiten, hat vieles so viel leichter gemacht, auch wenn anderes ungemütlicher ist als früher. Dennoch will ich die alte Zeit nicht zurückhaben.

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Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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