
Iberger Tropfsteinhöhle – ein spannender Besuch
Die Iberger Tropfsteinhöhle in Bad Grund im Harz ist ein lohnendes Ausflugsziel. Die Führung ist für Erwachsene ebenso spannend wie für Kinder.
Ich habe Höhenangst, aber keine Höhlenangst. Deshalb besuche ich gerne Höhlen, wenn sie auf meinem Weg liegen und ich eine besondere Beziehung dazu habe wie zu den Saalfelder Feengrotten. Oder wenn die Höhlen spannend sind. In der Iberger Tropfsteinhöhle war ich vor etwa 50 Jahren als Kind, konnte mich aber kaum daran erinnern. Deshalb habe ich sie jetzt noch einmal besucht.
Das Höhlenerlebniszentrum – ich weiß nicht, warum die sich wie so viele die blöde Schreibweise HöhlenErlebnisZentrum gegeben haben – liegt in Bad Grund und beherbergt neben der Höhle noch ein Museum IM Berg und ein Museum AM Berg. Wie wahrscheinlich alle Besucher habe ich zuerst die Höhlenführung angesteuert. Und auf dem Weg zum Sammelplatz geht der Besucher durch einen 180 Meter langen, ansteigenden Stollen. Der ist nicht nur der Weg zur Iberger Tropfsteinhöhle, sondern auch das Museum IM Berg. Rechts und links vom Weg erfährt der Besucher allerhand Wissenswertes über die Iberg, seine Entstehung, die Höhle und die Erdgeschichte.

Zeitstrahl über Millionen Jahre
Ein 38,5 Meter langer Zeitstrahl zeichnet diese Erdgeschichte vom Devon vor 419 Millionen Jahren bis zum Quartär von 2,59 Millionen Jahren nach. Am Rande des Stollens liegen vier große Steine der vier wichtigsten Steinarten im Oberharz: Diabas, dort mit dem Zusatz Pillowlawa, Tonschiefer, Kalkstein und Grauwacke. Eine Schautafel widmet sich der jüngeren Geschichte, den Todesmärschen: der Großen Harzüberquerung und dem „Marsch der Gandersheimer“. Ich komme aus Bad Gandersheim, hatte aber von dem Marsch noch nie gehört. Gut, dass dieses dunkle Kapitel in der Iberger Tropfsteinhöhle erwähnt wird.
120 Stufen in der Tropfsteinhöhle
Am Ende des Stollens liegt der Treffpunkt, von dem aus die Führung beginnt. Ein Schild warnt „Achtung! Deckenhöhe“. Große Menschen sollten an vielen Stellen den Kopf einziehen. Dann geht es über 60 Stufen rauf und 60 in den Stein geschlagenen Stufen runter durch die Kammern der Höhle. Hinter jeder Biegung, nach jedem Auf- oder Abstieg, tun sich faszinierende Bilder auf. Verstärkt durch die Beleuchtung. Es tropft an vielen Stellen. Stalagmiten und Stalaktiten säumen den Weg. Etliche Stalaktiten sind nicht vollständig, wurden irgendwann abgeschlagen.
Die Führerin durch die Höhlen erklärt, warum das so ist. Die hängenden Zapfen galten früher als eine Art Viagra, sollten die Potenz steigern und waren deshalb begehrt. Dazu passt die etwas schlüpfrige Eselsbrücke, mit der man sich merken kann, welches die Stalagmiten und welche die Stalaktiten sind: Ein bekannter Spruch für Erwachsene lautet: Die Mi(e)ten steigen und die Tit(t)en hängen.
Von Brückmann und Hübich
Daran haben die Bergleute wohl kaum gedacht. Die Höhle soll bereits um 600 vor Christi zum Teil ausgebeutet worden sein. Sie geriet in Vergessenheit. Erst um 1500 entdeckten Bergleute sie erneut. Sie suchten nach Brauneisenerz. Die erste Beschreibung der Tropfsteinhöhle lieferte der Naturforscher Franz Ernst Brückmann 1737. Ihm zu Ehren heißt eine der Kammern der Höhle Brückmannsaal. Eine andere trägt den Namen Hübichsaal. Hier soll der Zwerg Hübich, von dem eine Sage erzählt, schlafen. Und wenn er aufwacht, findet er eine Zwergenküche, eine Zwergenorgel und einen Thron vor, alle geschaffen aus Tropfsteinen. Das begeistert nicht nur die Kinder unter den Besuchern.

Der Weg durch die Höhle ist gut zu schaffen, die recht hohen und teils unebenen Steinstufen sind dank Handläufen und mit etwas Vorsicht für jeden zu bewältigen. Die Stein- und Kalkformationen, die Tropfsteine und die vielen Löcher und Abbrüche schaffen immer wieder spannende Ein- und Ausblicke. Anders als die Saalfelder Feengrotten besticht die Iberger Tropfsteinhöhle nicht durch ihre Farben, ist aber dank ihrer Geschichte und ihrer vielfältigen Formen nicht minder attraktiv.

Wer auf dem Weg zur Führung nicht genug Zeit für das Museum IM Berg hatte, kann sich auf dem Rückweg die Schautafeln und den Zeitstrahl genauer anschauen. Im Höhlenerlebniszentrum wartet dann noch das Museum AM Berg auf die Besucher. Es erzählt die Geschichte einer Großfamilie, deren Mitglieder vor fast 3000 Jahren in der Lichtensteinhöhle in der Nähe der Iberger Tropfsteinhöhle eine letzte Ruhestätte fanden. Forscher der Universität Göttingen haben anhand der DNA der gefundenen Knochen die Verwandtschaftsbeziehungen rekonstruieren können.
Großfamilie von vor 3000 Jahren
Die Geschichte dieser Familie, die Art der Bestattung, wissenschaftliche Rekonstruktionen der Gesichter von Vater, Mutter und erwachsener Tochter anhand ihrer Schädel und viele Schaustücke erläutern die Geschichte der Großfamilie und des Fundes ihrer Grabstätte. Es war eine der Sternstunden der europäischen Höhlenarchäologie. Die Forscher haben sogar herausgefunden, dass es noch heute mutmaßliche Nachfahren der Großfamilie in der Region gibt. Das Buch „Der Nachfahre“* berichtet davon.
Wenn das Smartphone schnattert
Das Höheninformationszentrum bietet also einen großen und spannenden Überblick über die verschiedenen Erdzeitalter und das Leben der frühen Menschen in dieser Region. Gerne hätte ich dort fotografiert, doch das ist strengstens verboten. Aus gutem Grund. Die Geräusche der Kamera – Autofokus und Spiegelauslösung – stören die Fledermäuse, die dort überwintern oder Regentage überstehen. Und selbst ein Smartphone macht für uns unhörbare Geräusche, die die Tiere aber wahrnehmen, hat mir eine Mitarbeiterin erklärt. Mobiltelefone „schnattern“. Das sei mit einem Detektor für das menschliche Ohr unhörbare Töne festgestellt worden. Diese Geräusche störten die empfindlichen Fledermausohren so sehr, dass sie aufwachen und verhungern.
Die Fotos in diesem Beitrag sind mir vom Höhlenerlebniszentrum zur Verfügung gestellt worden.
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