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Fluch und Segen des Online-Schreibens

Print macht Probleme, die online nicht kennt. Jeder, der mal für eine Tageszeitung gearbeitet hat, kennt das: Eine Zeitungsseite ist endlich, und alles, was darauf gedruckt werden soll, muss in Form gebracht werden. Das nennt sich Layout, hat zwar wenig Außenwirkung, kann aber mitunter kompliziert sein. Ein Problem, dass sich beim Online-Publizieren nicht stellt. Aber dafür hat das Schreiben fürs Netz andere Tücken.

Die Unterschiede sind schnell definiert.

So weit, so klar. Nicht immer ist genug Platz auf einer Zeitungsseite, und so müssen Texte manchmal radikal gekürzt werden. Da spielen Gewichtung, Angebot und manches andere eine Rolle. Letztlich lässt sich jeder Text auf die Hälfte und weniger reduzieren, ohne die Kernaussage zu verfälschen. Wer lange für Print gearbeitet und viel redigiert hat, weiß das und macht es fast jeden Tag.

Den Zwang, etwas ins Layout einzupassen, gibt es online nicht. Jeder Text kann so kurz oder lang sein, wie er will, der Autor es möchte oder der Inhalt es erfordert. Und genau da liegt das Problem. Kürzen macht Texte oft besser, verlängern führt zu redundanten Formulierungen und im schlimmsten Fall zum Schwafeln.

Wer für online schreibt, muss diszipliniert schreiben. Nichts hindert ihn daran, „die Tinte nicht halten zu können“, wie es früher hieß. Außer vielleicht die Angst, dass Leser vor zu langen Texten zurückschrecken. Vielleicht ist es eine gute Idee, sich ein paar Printbeschränkungen aufzuerlegen. Ich halte es so, wie ich es auch für Zeitungstexte halte: grundsätzlich zehn (bei kürzeren Texten) oder 20 Zeilen weniger einplanen, als der Rohtext hat. Das zwingt dazu, ihn mehrmals durchzuarbeiten, um überflüssige Worte oder unklare Formulierungen zu streichen.

Wer nicht nur auf das eigene Können setzen will, für den gibt es ein paar Online-Tools, um Textmacken zu finden. Etwa den Blablameter. Ich habe diesen Text von ihm testen lassen. Das Ergebnis:

Ihr Text: 1871 Zeichen, 291 Wörter
Bullshit-Index :0.09
Ihr Text zeigt keine oder nur sehr geringe Hinweise auf ‚Bullshit‘-Deutsch.
Das ist doch erfreulich.
Ein weiteres Tool ist leichtlesbar.ch. Hier hat mein Text dieses Ergebnis gebracht:

Unsere Analyse hat ergeben:Ihr Text besteht aus 22 Sätzen mit 262 Wörtern, wovon 167 verschiedene. Sie haben total 416 Silben benutzt (Endsilben auf -e zählen nicht).Das ergibt einen Flesch-Wert von 60.
Lesen Sie mehr über die verschiedenen Statistikformeln und den Unterschied zwischen deutscher und englischer Sprache …Für die Leseleichtigkeit (erforderliche Bildung für gutes Verständnis) eines allgemeinen deutschen Textes gilt in der Regel:

81   bis 100 extrem leicht (5. Klasse)
71   bis 80 sehr leicht (6. bis 8. Klasse)
61   bis 70 leicht (Abschlussklasse)
41   bis 60 durchschnittlich (Sek, FOS, Berufsschule)
31   bis 40 etwas schwierig (Mittelschule)
21   bis 30 schwierig (Matura, Abitur)
  bis 20 sehr schwierig (Hochschulabschluss)

Typische Werte:

90   bis 100 Comics
80   bis 90 Klassische Werbesprüche (Slogans)*
75 Luther-Bibel (Genesis)
60   bis 80 Eingängige Werbebriefe und -texte (Copy)
50   bis 60 Boulevardzeitung
30   bis 50 durchschnittliche Zeitung
20   bis 40 Anspruchsvolle Zeitung: NZZ, FAZ usw.
10   bis 20 Amtsdeutsch
10   bis 20 Allgemeine Geschäftsbedingungen
-20   bis 20 Fachliche Abhandlungen
Sehr hilfreich ist zudem der Floskelwolke Phrasen-Checker. Wenn man einen Text ins Eingabefeld kopiert, zeigt er in Echtzeit, welche Floskeln verwendet wurden und warum es schlimme Phrasen sind. Ein Beispiel kann ich nicht zeigen, dieser Text ist nämlich frei von Floskeln. Schön zu wissen.
Fazit: Ich genieße die Freiheit, beim Online-Schreiben nicht auf Längen festgelegt zu sein. Aber ich kenne die Tücken und versuche, ihnen aus dem Weg zu gehe. Ich hoffe, dass es mir auch mit diesem Text hier gelungen ist.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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