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Es lebe die Blümchen-Fotografie

Blumen zeigen dem Fotografen nicht den Stinkefinger.

Vor kurzem habe ich einen Beitrag mit dem Titel „Warum ich so gerne Blümchen fotografiere“ gelesen. Darin beschreibt Frau Doktor – so heißt sie wirklich -, was sie so an der Blumenfotografie fasziniert. Da geht es um Strukturen, Farben, Makrosucht. Auch ich fotografiere gerne Blümchen, aber aus ganz anderen Gründen.

Blumen, Bäume, Landschaften halten still. Sie beschweren sich nicht, wenn es länger dauert. Sie meckern nicht, weil sie nicht im Internet veröffentlicht werden wollen. Sie haben im Gegensatz zu manchen Menschen überhaupt kein Problem damit, fotografiert zu werden. Sie machen weder das Recht am eigenen Bild geltend, noch muss man sie erst lange fragen, bevor man sie fotografiert.

Blumen sind immer ein lohnendes Fotomotiv.

Denn das Fotografenleben wird immer schwerer. Immer mehr Leute werden im Angesicht einer Kamera nervös. Immer öfter ist Fotografieren, etwa in Tropfsteinhöhlen oder Museen, verboten. Oder man muss für die Fotoerlaubnis bezahlen. Das würde ich ja tun, wenn dann nicht dieser Satz hinter auf dem Fotoerlaubnis-Billet stehen würde: Jede Veröffentlichung der Fotos ist untersagt. Klar, ich halte Eindrücke gern mit der Kamera fest. Aber ich zeige die Bilder auch gern her, auch hier, im Netz.

Was aber viel, viel schlimmer ist, ist der Auslöser im Kopf. Oder genauer: der verriegelte Auslöser im Kopf. Als fotografierender Mensch wagt man schon kaum noch, die Kamera zu heben und loszulegen. Darf ich das hier? Steht irgendwo, dass ich das nicht darf? Wer hat das Hausrecht und wie steht er zu Fotos und ihrer Veröffentlichung? Was es früher – ach was: noch vor ein, zwei Jahren – gar keine Frage war, nämlich dass bei Großveranstaltungen wie Reitturnieren, Showprogrammen unter freiem Himmel, bei Trecker- oder Oldtimertreffen eifrig fotografiert wurde, da zögert jeder Fotograf heute unmerklich. Jedenfalls geht es mir so.

Ähnlich ist es bei der Auswahl der Fotos. Soll ich lieber eines zeigen, bei dem das menschliche Gesicht – etwa eines Reiters, Treckerfahrers, der Teilnehmer einer Einradtruppe oder der Besucher eines Volksfestes – durch irgendetwas verdeckt ist? Kann ich es wagen, erkennbare Menschen im Internet zu zeigen, obwohl sie bei für jedermann zugänglichen Veranstaltungen aufgetreten sind? Fragen, die beinahe wichtiger geworden sind als die nach Blende oder Verschlusszeit. Nicht mal im Zoo traut man sich heutzutage, frisch drauflos zu fotografieren. Aus gutem Grund.

Deshalb fotografiere ich so gerne Blümchen. Die zicken nicht herum. Das Recht an der eigenen Blume gibt es zum Glück noch nicht. Und dass Blumen fotografieren erstens auch bei anderen beliebt ist und zweitens viel Raum für Kreativität lässt, zeigt ein Wettbewerb, der gerade in der Fotocommunity läuft: Der Flower-Power-Contest.

Und doch: Die Fotografie von Menschen ist immer noch die Königsdisziplin und macht am meisten Spaß. Wenn bloß der Bedenkenauslöser im Kopf nicht wäre.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

4 Kommentare

  • JürgenHugo

    1) „Blumen zeigen dem Fotografen nicht den Stinkefinger“ – tja, das tun sie wohl nicht. Ich würde auch lieber „Sachen“ fotografieren als „Leute“…

    2) „…Frau Doktor – so heißt sie wirklich…“ – na, DAS kann ich überbieten!

    Bei uns im Blog gibts eine Frau Doppel-Dr., die heißt zwar nicht so – aber sie ist es. 1x von Harvard, 1x von Marburg. Im wahren Leben forscht sie jetzt in Boston, im Blog ist sie meine Chefin/Assistentin, grins.

    Sie fotografiert auch ganz gerne (und nicht so übel!), aber natürlich nicht zum Broterwerb.

    PS: schreibe bitte was ganz kurzes, damit ich sehen kann ob/wie die Benachrichtigungsfunktion geht. 3 worte genügen, mehr brauchste nicht machen.

    Das Häkchen habe ich gesetzt. So.

  • JürgenHugo

    Die Benachrichtigungsmail ist gekommen, das funktioniert also. Weiteres „fummeln“ ist im Moment nicht angesagt – da muß ich mich woanders schlau machen.

  • Trinityfotos

    Bei der Datenschutzlage ist eigentlich klar, dass aller verunsichert sind, wenn man ein Foto auf sie hält… da fotografier ich lieber Tiere, die hauen zwar auch ab, aber nehmens einem nicht übel ;)

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