Ertöt uns: Die Bach-Kantate und ihr Text

Bach rockt. Bach hat so tolle Musik geschrieben. Aber die Texte dazu sind oft mehr als seltsam für heutige Ohren. Unser Chor hat heute im Gottesdienst die Kantate „Herr Christ, der einge Gottessohn“, BWV 96, gesungen. Schöne Musik mit streckenweise schönem, aber an manchen Stellen auch abseitigem Text.

Die seltsame Textzeile mit dem ertöten ist mir schon einmal untergekommen, bei der Bach-Kantate „Jesus nahm zu sich die Zwölfe“ (BWV 22). Heute kam sie im Schlusschoral vor. Erfahrene Kirchenmusiker wie unserer schaffen Abhilfe. So gibt es eine Text-Variante, die heutzutage deutlich klarer ist als das Original und die wir gesungen haben.

Der Originaltext:

Ertöt uns durch dein Güte,
Erweck uns durch dein Grad;
Den alten Menschen kränke,
Dass der neu‘ leben mag
Wohl hie auf dieser Erden,
Den Sinn und all Begehehren
Und G’danken hab’n zu dir.

Die Variante:

Herr Jesu, Gnadensonne,
wahrhaftes Lebenslicht;
mit Leben, Licht und Wonne
wollst du mein Angesicht
nach deiner Gnad erfreuen
und meinen Geist erneuen
mein Gott, versag mir’s nicht.

Nicht immer sind die Bach-Texte so verschroben wie der mit dem Ertöten. Die Arie der von uns aufgeführten Bachkantate beginnt mit zwei handfesten Zeilen:

Ach, ziehe die Seele mit Seilen der Liebe,
O Jesu, ach zeige dich kräftig in Ihr!

Das ist nachvollziehbar und bodenständig und auch heute gut verständlich. Andere Textzeilen müssen aus der Zeit erschlossen werden, in der sie geschrieben sind. Am Ende kommt es sowieso nicht wirklich auf den Text an, schließlich werden Bachs Kantaten als musikalische Predigten gesehen, die aus der Musik heraus zu verstehen sind.

Aber wer hat die Texte verfasst? Darüber gibt es offenbar nur wenige wenig Erkenntnisse. Erst 2014 sind die Textdichter zahlreicher Bach-Kantaten identiziert worden. Es sollen etliche seiner Schüler gewesen sein.

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