Das Marine-Ehrenmal in Laboe: Gedenkort und Architekturdenkmal
Am Ostufer der Kieler Förde, in Laboe, erhebt sich das Marine-Ehrenmal des Deutschen Marinebundes. Sein hervorstechendstes Merkmal ist der 68 Meter hohe Turm. Aber das Ehrenmal enthält viel mehr.
Ich bin Anfang der 80er-Jahre mal mit einer Abordnung einer Marinekameradschaft im Ehrenmal gewesen. Seitdem habe ich es als einen etwas antiquierten Ort in Erinnerung, an dem alte Männer ihrer gefallenen Kameraden gedenken und dem Seekrieg huldigen. Heute bin ich wieder im Ehrenmal gewesen und sehe es mit etwas anderen Augen.
Zunächst ist es ein bemerkenswerter Bau. Entworfen von Gustav August Munzer gilt es als herausragendes Beispiel expressionistischer Architektur. Typisch für diesen Stil ist die Verwendung von Backstein und runden oder gezackten Formen. An Backstein fehlt es dem Ehrenmal ebenso wenig wie an runden Formen. Zackig ist höchstens der hohe Turm, der entgegen landläufiger Meinung keinen Schiffsrumpf darstellt, sondern eine Flamme, die von der Erde in den Himmel steigt.
Einweihung im Dritten Reich
Der Grundstein wurde 1927 gelegt, das Ehrenmal 1936 eingeweiht. Damit war sein Image besiegelt. Bei seiner Fertigstellung waren die Nazis an der Macht, und nicht nur deshalb wirkt das Ehrenmal mehr wie Nazi-Architektur als wie ein Beispiel des Expressionismus. Als es entworfen wurde, zog bereits die vom Bauhaus inspirierte Neue Sachlichkeit in die Architektur ein. Das Ehrenmal umgibt jedoch ein Hauch von Nazi-Gigantonomie.
Den expressionistischen Stil im Hinterkopf, lässt sich jedoch die Schönheit dieses Bauwerks genießen. Formen spielen eine große Rolle, jenseits des Turmes vor allem Rundungen. Riesige Rundungen. Mittelpunkt ist der große runde Hof, an dessen einer Seite der Turm, an der anderen Seite das halbrunde Museum steht.
Von der Weihe zum Gedenken
Unter dem großen runden Platz liegt die Weihehalle, heute Gedenkhalle, deren Oberlicht die Mitte die Platzes markiert. In der weitgehend dunklen, nur von wenigen Lichtern erhellten Halle wird der Toten der Weltmeere gedacht, in erster Linie Soldaten. An den Wänden hängen Kränze, ebenso liegen sie an den Rändern des großen Runds. Blumen, Gestecke, Schleifen und Fotos erinnern an einzelne Opfer der Seefahrt. Es sind nicht nur Tote der Kriege. Einige der dort abgelegten Gestecke erinnern an Menschen, die nach dem Jahr 2000 ihr Leben auf See verloren, etwa Marinesoldaten bei Unglücken.
Trotz ihres Bedeutungswandels – die Fahnen der Kaiserzeit wurden längst ausgetauscht gegen solche der heutigen Verbündeten – mutet die Gedenkhalle an wie ein Mahnmal aus einer Zeit der Heldenverehrung und Kriegsverherrlichung. Das gilt auch für die restlichen Teile des Ehrenmals. Dem Deutschen Marinebund als Eigentümer wird bis heute mitunter vorgeworfen, eine überkommene Erinnerungskultur zu pflegen und kein kritisches Verhältnis zu seinem Ehrenmal zu entwickeln. Bei manchen ist es bis heute als Monument des deutschen Militarismus verschrien. So weit würde ich nicht gehen, aber vieles an diesem Ehrenmal wirkt aus der Zeit gefallen und nicht mehr aktuell.
Kritisiert wird auch die Ausstellung im halbrunden Gebäude gegenüber des Turms. Auf Tafeln mit Text und Fotos wird die Geschichte der Marine erzählt, einzelne Kapitel widmen sich ihrer Rolle im Ersten Weltkrieg, zwischen den Kriegen, im Zweiten Weltkrieg und danach. Dazwischen reiht sich Vitrine an Vitrine mit Schiffsmodellen. Man muss schon sehr maritim veranlagt sein, um sie sich alle genau anzusehen.
Was den Besucher förmlich erschlägt, sind die Erinnungsdevotionalien, die überall im Ehrenmal hängen. Kränze, Fahnenbänder, Flaggen, ins Mauerwerk eingravierte Schiffssilhouetten, Symbole und mahnende Sprüche. Jedes freie Plätzchen ist mit Erinnerungskultur zugepflastert. Ein bisschen zu viel für Besucher wie mich, die sonst nichts mit der Marine zu tun haben.
Einer der Höhepunkte jedes Ehrenmal-Besuchs ist der Blick vom Turm. Es führt ein Fahrstuhl nach oben. Da ich aber Probleme mit der Höhe habe, habe ich mir die Fahrt gespart. Die Aussicht auf die Kieler Förde muss phantastisch sein, aber die hat man auch, wenn man auf der Terrasse des Ehrenmals steht.
Von dort sieht der Besucher auch U-995, ein U-Boot, das vor dem Ehrenmal auf dem Strand liegt. Es wird als technisches Denkmal bezeichnet, ist aber natürlich auch eine Erinnerung an den Krieg und mag ihn für den einen oder anderen verherrlichen. Als der Spielfilm „Das Boot“ in die Kinos kam, erlebte U-995 einen wahren Besucheransturm.
Ich war bei meinem ersten Besuch im Ehrenmal auch im U-Boot und kann mich gut an die Enge darin erinnern. Deshalb ist es kein Wunder, dass das Boot jetzt, in Corona-Zeiten, geschlossen ist.
2 Kommentare
Matthias J. Lange
Das sieht ja super interessant aus. Leider ein paar Kilometer weg von Bayern. Aber falls ich mal in die Gegend kommen sollte, schaue ich es mir unbedingt an. Danke für den Tipp
Susanne
Es gibt in Kürze noch einen zweiten Teil über ein verschwundenes Hakenkreuz.