Das Blaue Fenster oder das verschwundene Hakenkreuz

Was tun, wenn ein Hakenkreuz an einem Kunstwerk zu sehen es? Wenn man es nicht wegmachen kann, ohne das Kunstwerk zu zerstören oder es zumindest maßgeblich zu verändern? Übertünchen hilft, und das funktioniert sogar bei Glasfenstern.

Ich war gerade im Marine-Ehrenmal in Laboe. Im Museumsbau ist in einer Wand das sogenannte Blaue Fenster von Heinz Mai eingelassen. Die Angaben neben dem Fenster sind mehr als mager. Es steht lediglich geschrieben, dass das Fenster von Heinz Mai stammt, 1936 erschaffen und gemeinsam mit dem Ehrenmal eingeweiht wurde. Klar, dass damals irgendwo in dem riesigen Fenster ein Hakenkreuz untergebracht werden musste. Irgendwie auch klar, wo das sein musste: In der roten, aufgehenden Sonne in der Mitte des Fensterbildes.

Vier Schornsteine

Einer der Museumswärter vom Deutschen Marinebund hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass in der Sonne einst ein Hakenkreuz eingearbeitet war. Es ist nicht verschwunden, es ist nur überdeckt worden – mit Schornsteinen. Um den Makel nach dem Krieg zu beheben, wurden die Schornsteine eingearbeitet, allerdings nicht symmetrisch. Angeblich, so der ältere Herr, könne wer genau hinschaut das Hakenkreuz noch entdecken. Mir ist es nicht gelungen.

Die grauen, unsymmetrisch angeordneten Schornsteine vor der aufgehenden Sonne verdecken das Hakenkreuz.

Das große Glasfenster verherrlicht das Leben der Seemänner an Bord und an Land. Stilisierte Schiffe sind in die blauen Wellen eingearbeitet, links und rechts stehen Matrosen. Sie sind dargestellt bei Tätigkeiten, die sowohl in der zivilen Schifffahrt bekannt sind als auch bei rein militärischen Aufgaben. Das Winker- oder Flaggenalphabet etwa war früher in der Seefahrt üblich, egal, welchem Zweck sie diente. Mit dem Sprechfunk verlor es an Bedeutung und wird heute nur noch vom Militär genutzt, weil es abhörsicher ist.

Der Seemann links oben zeigt Alphabetflaggen, die neben ihm transportieren Torpedos, unten sind die Heizer zu sehen.

Mit gefällt das Glasfenster, nicht nur, weil Blau meine Lieblingsfarbe ist. Ich hätte mir allerdings bei den abgebildeten Menschen eine etwas weniger martialische und militärische Darstellung gewünscht. Das ist angesichts der Entstehungszeit natürlich illusorisch. Das Fenster ist ein Zeitzeugnis, wie das ganze Ehrenmal.

Erhaltenes Zeitzeugnis

Was das Hakenkreuz angeht, bin ich froh, dass es hinter Schornsteinen versteckt wurde. Es wäre doch jammerschade gewesen, das ganze Fenster wegen dieses Symbols zu zerstören oder auszutauschen. Auch wenn die Symbolik in vielem, vor allem bei Darstellung der Menschen, nicht zeitgemäß ist. Aber wollen wir Kunstwerke zerstören, weil sie nicht mehr in unseres heutiges Weltbild passen? Keinesfalls.

Die Betonung des Militärischen ist überall im Fenster sichtbar.

Was ich leider nicht herausfinden konnte ist, wer Heinz Mai war. War er der Künstler, der das Fenster entworfen hat, oder der Glaser, der es angefertigt hat? Falls ja, von wem stammt der Entwurf? Heinz Mai, jedenfalls der, der das Blaue Fenster geschaffen hat, ist ein Phantom. Es gibt einen Heinz Mai, der bekannt ist, aber der war Fotograf. Er trug den Beinamen „der Fotograf auf drei Rädern“, weil er im Krieg beide Beine verloren hatte. Ob er je in Kiel war, ob er etwas mit dem Blauen Fenster zu tun hat, ist unklar.

3 Kommentare

  1. Ich habe da einen Verdacht, wer das Fenster geschaffen haben könnte:

    Auszug aus Bremer Nachrichten vom 30.08.1944

    Ein Bremer Glasmaler von Ruf
    Georg Karl Rohde siebzig Jahre

    …Es ist nun nicht so, dass Rohde nur in der heroischen
    Sprache seiner Heldenehrungen zu sprechen weiß, in der
    Sprache, in der er auch in dem Wettbewerb für die Aus-
    schmückung für das Marine-Ehrenmals in Laboe so viel zu
    sagen hatte; seine Hingabe gilt auch den kleinen Dingen…

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