gedacht,  Pyropro

Der liebe Gott unterm Bett

Autsch. Da ist mir doch glatt ein Stöckchen an den Kopf geflogen. Es flog schon vor einiger Zeit, aber die Beule ist immer noch da und will jetzt dringend mit einem Text gekühlt werden. Hier kommen also meine Antworten auf die Fragen von Willimeck.

1. Dein schönstes Kindergebet, der schlimmste Vers im Glaubensbekenntnis?

Das mit dem Kindergebet ist einfach. Wir haben zu Hause jeden Abend das gleiche gebetet, und ein Abend ist mir in besonderer Erinnerung geblieben. Da hat meine Schwester das Gebet abgewandelt, sehr zur Freude der Geschwister. Diese Version ist deshalb bis heute meine liebste geblieben:

Ich bin klein,
mein Herz ist rein,
Vater lass die Augen Dein,
unter meinem Bettchen sein.“

Gemeint war natürlich, dass seine Augen über meinem Bettchen bleiben sollten. Aber unter dem Bett? Vielleicht die naheliegende Variante, schließlich fürchten sich Kinder eher davor, dass ein Monster unter ihrem Bett haust als über ihrem Bett schwebt.

Schwieriger ist die Sache mit dem Glaubensbekenntnis. Am ambivalentesten finde ich den Vers „zu richten die Lebenden und die Toten“, zumal wenige Zeilen später davon die Rede ist, dass der Sprecher des Glaubensbekenntnisses an die Vergebung der Sünden glaubt. Richten und vergeben – das alles in einer Hand. Eine schwierige Vorstellung.

2. Was würdest Du als Päpstin oder Kirchenpräsident als erstes tun?

Vor einigen Monate wäre das noch eine schwierige Frage gewesen. Jetzt ist sie einfach zu beantworten: Bei Papst Franziskus in die Lehre gehen. Und trotzdem genau hinschauen, ob er das, was er tut und sagt, auch wirklich so meint. Wenn ja, kann es kein besseres Vorbild für einen Kirchenoberen geben.

3. Sollte sich die Kirche in der Tat mehr „Beulen“ holen?

Unbedingt. Vor allem aber sollte sie weniger auf den eigenen Geldbeutel und die eigene Struktur schauen als auf das, was die Menschen bewegt. Liebe Kirche, trage Deine Debatten über diese weltlichen Fragen gerne aus, auch öffentlich, aber lass sie nicht die Oberhand gewinnen. Die öffentliche Diskussion dreht sich viel zu viel um die Kirchenverwaltung mit all ihren Facetten als um Glauben und Verkündigung. Genau das aber sind die Themen, mit denen sich die Kirche draußen in der Gesellschaft schnell mal eine Beule holt. Weil sie sich aufdrängt, weil sie den Finger in die Wunde legt und weil sie auch die anspricht, die vielleicht gar nicht angesprochen werden wollen. Sie muss es trotzdem tun, selbst wenn sie sich dabei eine Beule holt.

Beulen sollte sie sich auch dort holen, wo christliche Werte in Frage gestellt werden und wo es unbequem ist, auf guten Traditionen zu beharren. Dabei soll sie aber nie den Blick für die Menschen und ihre Bedürfnisse verlieren. Oder anders gesagt: Es gibt gute Beulen und schlechte Beulen. Eine Kirche, die aneckt, weil sie Musik vom CD-Player bei einer Beerdigung aus grundsätzlichen Erwägungen verbietet und damit die Trauernden vor den Kopf stößt, holt sich eine schlechte Beule. Eine Kirche, die die ausufernden Ladenöffnungszeiten an Sonntagen kritisiert und für die Sonntagsruhe plädiert, holt sich eine gute Beule. Also, liebe Kirche, Du sollst anecken, aber vorher genau überlegen, womit Du es tust.

Und jetzt werfe ich das Stöckchen weiter an Ulrike, an Klaus (die beide so schön über Musik schreiben) und an Sven.

Natürlich gibt es auch drei neue Fragen. Hier sind sie:

1. Welche ist Dein liebstes Kirchenmusikstück/Kirchenlied und warum?

2. Kannst Du Dich noch an Deinen Konfirmandenunterricht erinnern? Was war das schönste, was das schlimmste daran?

3. Wie muss Deiner Meinung nach ein guter Geistlicher heute sein?

Ich würde mich freuen, wenn alle drei meiner Opfer das Stöckchen aufnehmen würden.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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