Wider den sprachlichen WeihNachtsUnsinn

Es tut mir leid, aber ich muss heute mal den Sprachnörgler raushängen lassen. Es hat mich förmlich zerrissen, was ich heute lesen musste: eine Einladung zum WeihnachtsWunschliederSingen für Eltern, Kinder und Großeltern. Völlig zu Recht unterstreicht mir die Rechtschreibfunktion von Open Office, wo ich diesen Text schreibe, dieses Bandwurmwort. Die vorgeschlagene Alternative: Weihnachtsliedersingen. Trifft es nicht ganz, ist aber wenigstens sprachlich richtig. Der Wunsch lässt sich auch anders dazu geben.

Was mich besonders ärgert an dieser Sprachschöpfung ist nicht nur die Häufung von unsinnigen Binnenmajuskeln, Großbuchstaben mitten im Wort. Die kommen in der deutschen Rechtschreibung gar nicht vor, sind außerdem äußerst unschön. Aber leider, leider werden sie in zunehmend populärer und haben längst ihr Refugium im Marketing-Sprech hinter sich gelassen. Als Einladung unter anderem an Kinder allerdings geht solche eine Verhonepiepelung der deutschen Rechtschreibung gar nicht. Gerade Kinder, die erst lesen und schreiben lernen, sollten wir wahrlich mit solchen falschen Wortkonstruktionen verschonen. Hinterher schreiben die das noch in der Klassenarbeit. Hoffentlich streicht es die Lehrerin als Fehler an und beugt sich diesem Unsinn nicht auch noch.

Ich konnte natürlich mit meiner Kritik nicht hinter dem Berg halten und habe die Verantwortlichen für diese Sprachsünde darauf angesprochen. Sie wähnten sich völlig im Recht, fanden das ganze eine Superidee und begründeten es damit, das sei der Eigenname der Veranstaltung.

Allerdings wird sie zum ersten Mal angeboten, und den Namen WeihnachtsWunschliederSingen haben ihr genau die verpasst, die jetzt damit argumentieren, die Veranstaltung heiße eben so. Da beißt sich die sprichwörtliche Katze in den Schwanz. Außerdem kommt noch hinzu, dass zwischen Weihnachts- und Wunschlieder ein Fugen-s steht, also weder ein Kopplungsstrich noch sonst irgendein trennendes Zeichen hingehört, schon gar kein Großbuchstabe.

Linguisten nennen die Binnenmajuskel übrigens graphostilistisches Mittel. Na klar, sie ergibt nur gelesen Unsinn, sprechen lässt sich die Binnenmajuskel kaum. Obwohl ich auch das schon einmal gehört habe, beim Binnen-I, etwa in SeniorInnenEinrichtung, wie das Altersheim in dieser offenbar Binnenmajuskeln liebenden Kirchengemeinde genannt wird. Irgendjemand bemühte sich tatsächlich mal, das I betont auszusprechen, damit es auch gehört werden kann. Genauso geht es mir beim Lesen. Beim I nehme ich immer innerlich eine Habachtstellung ein.

Es gibt übrigens tatsächlich Binnenmajuskeln, die sogar ich schätze, wegen ihrer grafischen Funktion. Aber die will ich als absolute Ausnahme von der Regel verstanden wissen.

Was waren das für wunderbare Zeiten, als Texte einfach so geschrieben wurden, wie es die deutschen Rechtschreibregeln vorsehen. Jedes Mal, wenn mir Zeitschriften oder Zeitungen von vor 15, 20 Jahren in die Hände fallen, stelle ich das für mich fest. Zum Glück haben die Schreibmätzchen noch nicht die Bücher erreicht. Wenigsten dort bliebe ich noch von BinNenMajusKeln und ähnlichem Firlefanz verschont.

Und damit Sprachnörglermodus aus.

4 Kommentare

  1. Moin, wenn ich mal co-nörgeln dürfte: „… Völlig zu Recht unterstreicht mir die Rechtschreibfunktion von Open Office, WO ich diesen Text schreibe, dieses Bandwurmwort.“ statt „Völlig zu Recht unterstreicht mir die Rechtschreibfunktion von Open Office, MIT DEM ich diesen Text schreibe, dieses Bandwurmwort. “

    Das „Wo“ ist mittlerweile Universalrelativpronomen, oder wie sehe ich das? ;-)

    1. Co-nörgeln ist natürlich erlaubt und sogar erwünscht. Sich über die Sprachmacken anderer empören kann heikel sein, wenn einem dann selbst ein Lapsus unterläuft. Beim „wo“ in Open Office habe ich gestutzt und habe ein bisschen darüber gegrübelt, mich aber dann doch dafür entschieden. Ich hätte auch schreiben können, dass mir Open Office diesen Bandwurmsatz völlig zu Recht anstreicht. Der Einschub ist überflüssig. Aber ich will es jetzt nicht nachträglich ändern.

  2. Stimme dir völlig zu – von der SeniorInneneinrichtung habe ich auch schon gelesen und mich gefragt, was denn eine SeniorAußeneinrichtung wohl sein mag…

    1. Lieber Jörg-Peter, danke Dir für den Kommentar. Leider nützt es nichts, sich über solche Mätzchen aufzuregen, sie haben sich bereits zu weit verbreitet. Ich kann nur hoffen, dass sie irgendwann nicht mehr als angeblich modern oder hip gelten, sondern als das, was sie sind: doofe Mätzchen.

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