Sieben auf einen Streich: Leute sortieren ohne Namensschilder

Journalisten sind Meister der Merkfähigkeit. Sie schaffen es spielend, Zitate Menschen zuzuordnen, deren Namen sie nicht kennen und die ihn auch nicht sagen. Sie schaffen es, sieben Leute auf einmal auseinander zu halten und mitzuschreiben, was diese sagen. Fehlerfrei und ohne irgendetwas durcheinander zu bringen. Das glaubt ihr nicht? Ich auch nicht. Und deshalb habe ich mich gerade ziemlich geärgert, denn genau das ist von mir erwartet worden. Wieder einmal ein Tag des Leidens für eine geplagte Lokalredakteuse.

Ein Termin wie viele andere auch. Menschen sitzen zusammen, um denen von der Zeitung ihren Standpunkt zu erläutern, auf dass der Schreiberling das Gesagte fein säuberlich reportiere und alle Leser am nächsten Tag beim Lesen zustimmend mit dem Kopf nicken. Alle sieben, die da sitzen, kennen sich und duzen sich. Dann geht das Pressegespräch los. Die Vorsitzende begrüßt und stellt die ersten Standpunkte dar. Deren Name ist der Reporterin gerade noch geläufig. Und dann geben alle anderen ihre Meinung kund und zu wissen, der eine ergänzt den anderen, der dritte hat dem vierten noch etwas hinzuzufügen. Und alle, alle wollen in der Zeitung richtig und vollständig zitiert werden.

Spätestens bei der dritten Wortmeldung mische ich mich lauthals ein. Schildere das Problem und bitte darum, doch vor den Statements den eigenen Namen zu nennen, und das bitte jedes Mal, denn bei sieben Leuten ist es doch nicht ganz leicht, das immer alles richtig einzusortieren. Zustimmendes Kopfnicken. Und was kommt? Nichts. Ich wiederhole die Bitte mehrmals, immer noch nichts. Ganz hingerissen und echauffiert vom Thema, vergessen die Damen und Herren ganz, dass ich sie nicht kenne und ein bisschen Hilfe brauche.

Da hilft nur ein Trick: Am Beginn des Gesprächs alle von links nach rechts durchnummerieren, vor jedes Zitat die richtige Nummer schreiben – lässt sich ja fix noch mal nachzählen – und hinterher jeder Nummer Name und Funktion zuordnen. So bin ich dieses Mal durchgekommen. Manchmal geht’s auch über die Kleidung. Roter Pulli sagt: „Das lassen wir uns nicht bieten.“ Gelbe Bluse ergänzt: „Notfalls gehen wir auf die Straße.“ Nur so lassen sich sieben auf einen Streich fehlerfrei zitieren. Wie viel einfacher aber wäre es, würden die Pressesprächs-Gesprächspartner meine Tipps für ordentliche Pressearbeit beherzigen. Vor allem den Punkt Namensschilder. Kann ja nicht so schwer sein, welche zu basteln.

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