Fru Öttenpötter vertellt: SUV schützt vor Schnee

Ja, ich fahre SUV, genauer SUFF, also eines dieser Monsterautos, die für Feld, Wald und Wiese geeignet sind. Einen Geländewagen. Und ich fahre mein Kind ab und zu zur Schule (selten, wofür gibt es Schulbusse, die wir auch noch bezahlen müssen). Trotzdem musste ich bei dem Artikel „Sorry, aber dein Auto kotzt mich an“ . Einspruch einlegen. Es gibt tatsächlich gute Gründe für einen, für meinen Suff.

Der Artikel und die Kommentare befeuern eine Neiddebatte. Die da oben (mit ihrem Suff), wir hier unten (mit unserem Kleinwagen). Hier bei uns auf dem Land gehört es zum guten Ton, einen Suff zu fahren – aus guten Gründen. Das Ding kann das Fortkommen sichern, wenn es denn ein unkastrierter Geländewagen, also ein echter Allrad ist.

Das gilt nicht nur, aber vor allem bei Schnee. 2010/11 und 2011/12 sind wir hier im Norden im Schnee untergegangen. Jede Heimfahrt mit dem Auto außerhalb der üblichen Pendlerzeiten war ein Wagnis. Der Winterdienst lässt sich hier Abends kaum sehen. Ich werde nie den Abend des 23. Dezember 2010 vergessen. Auf der Heimfahrt von der Arbeit, den Heiligabend vor Augen, habe ich etliche Schneewehen gemeistert. Schwung nehmen, rein, immer weiterfahren mit Gefühl und hoffen, noch vor dem Verhungern des Autos wieder raus zu sein. Schleswig-Holstein hat nämlich bei Schneefall ein paar Tücken. Der Wind verweht den Schnee, was durch die Knicks (für Nichtnorddeutsche: Wallhecken) gemildert wird. Aber immer dort, wo der Knick endet, türmt sich die weiße Pracht umso mehr auf.

Die letzte Schneewehe kurz vor Zuhause war zu lang.

Die letzte Schneewehe habe ich an jenem Abend nicht mehr geschafft. Um 22.27 hatte ich sie vor mir, so dicht vor unserem Haus, dass ich schon das Licht sehen konnte. Aber die Schneewehe war zu lang. Für die letzten 150 Meter bis nach Hause brauchte ich fast eine Stunde. So lange dauerte es, bis Bauer Jochen seinen großen Fendt herausgeholt, das Schneeschild montiert, den Weg zu mir und von mir zu unserem Haus freigeräumt, mich aus der Wehe gezogen und mein Auto bis zum Grundstück geschleppt hatte. Feierabend, du könntest schöner sein. Wie gut, dass hier jeder die Handynummer von Bauer Jochen eingespeichert und dass der so einen starken Fendt hat.

Retter in der Not: Der Fendt von Bauer Jochen.

Ich habe immer befürchtet, doch mal eine Nacht am Straßenrand verbringen zu müssen. Deshalb musste das nächste Auto ein Suff sein. Der erste, den wir uns angesehen haben, ein Dacia Duster, kam nicht in Frage. Der sieht nur so aus wie ein Allrad, ist aber keiner. Den Vierradantrieb muss der Kunde teuer dazukaufen. Da haben wir doch lieber einen echten Suff genommen, mit allen Fahrwerk-Schikanen, die ein echtes Geländeauto braucht.

Es hat übrigens funktioniert: Seitdem ich einen Suff fahre, hat es hier keine Schneewinter mehr gegeben. Offenbar schützt der Schutz vor Zwangspausen in Schneewehen vor eben diesen Schneewehen.

Das heißt aber nicht, dass der Allradantrieb nicht doch manchmal hilfreich ist, vor allem nach so nassen Sommern wie diesen. Bei wie vielen Fahrten auf unbefestigten Wegen, hin zum Stall oder durch den Wald, habe ich mich schon gefreut, dass ich den Viervier zuschalten konnte. Ob ich es auch ohne geschafft hätte? Bestimmt, aber das Gefühl ist einfach besser.

Vielleicht ist es dieses Gefühl der Sicherheit, das so viele Menschen hier auf dem Land dazu bewegt, sich einen Suff zu kaufen. Je dünner besiedelt, desto mehr Suffs. Schön sehen die hier übrigens meistens nicht aus, sondern ziemlich dreckig. Es sind, und das sieht man ihnen an, Gebrauchsautos.

Bevor jetzt einer fragt: Ja, auch wir haben asphaltierte Straßen. Es kommt jedoch hin und wieder mal vor, dass ich in einen Feldweg fahren muss oder über einen sogenannten wassergebundenen Weg, der bei Dauerregen schnell zur Matschwüste wird. Aber ganz ehrlich: Überleben könnte ich auch ohne Suff.

Angesichts der derzeitigen Regenmengen wäre sowieso eher ein Amphibienfahrzeug angebracht. Aber man stelle sich nur mal vor, all dieser Regen wäre als Schnee heruntergekommen.

Fru Öttenpötter berichtet hier jetzt regelmäßig mit mehr oder weniger langen Abständen über das Leben auf dem Lande.

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