Acker und Knicks im Schnee
gedacht,  Pyrocontra

Fru Öttenpötter vertellt: Still ruht der Acker

Die Bauern entschuldigen sich dafür, dass sie arbeiten und damit vielleicht die Ruhe der Anwohner stören. Was für ein Irrsinn. Monatelang konnten die schweren Maschinen nicht auf den Acker, weil es zu nass war. Jetzt, nach tagelangem Frost, fangen die Landwirte schon früh, manchmal in der Nacht, an und bitten dafür um Verzeihung.

Es ist nicht das erste Mal, dass ich von Beschwerden von Dorfbewohnern über den Lärm von Ackerschleppern und Mähdreschern höre. In der Erntezeit, wenn die Bauern jede Minute nutzen müssen, gibt es Menschen, die darüber klagen, dass es während der Mittagszeit nicht ruhig ist im Dorf. Auf die Idee würde ich nie kommen.

360 Tage Ruhe

Wir leben auf dem Dorf, genauer sogar außerhalb eines Dorfes. Hier herrscht an 360 Tagen im Jahr himmlische Stille, nur unterbrochen vom Piepsen der Vögel und vom Kreischen der Kraniche. Die sind übrigens sehr laut und immer öfter zu hören. Von Oktober bis März kommt bei uns kaum mal ein Auto vorbei, im Sommer ist dafür umso mehr los: Autos, Fahrradfahrer, Traktoren, Jogger, Ausflügler und Einwohner sind auf unserer Straße unterwegs. Auf dem Acker, der an drei Seiten das Haus einrahmt, tut sich dagegen wenig. Höchstens ein paar Tage lang sind dort Maschinen tätig. Im Frühjahr zum Spritzen, im Sommer zur Ernte, zum Grubbern und zum Drillen. Fertig.

Selbst wenn es weniger still und an mehr Tagen Ackermaschinen zu hören wären, hätten wir keinen Grund, uns zu beschweren. Wer aufs Dorf zieht, muss mit bäuerlicher Wirtschaft rechnen. Wer in die Stadt zieht, muss mit Kneipenlärm und Verkehrsgeräuschen rechnen. Aber in Zeiten, in denen alle immer sensibler sind und ihre eigenen Bedürfnisse an die erste Stelle setzen, ist solcherlei Verständnis immer seltener geworden. Erst kommen und sich dann über das, was schon da ist und immer da war zu beschweren, ist erbärmlich.

Arbeit, nicht Vergnügen

Bei den Bauern kommt noch hinzu, dass der Lärm, den sie verursachen, ob im Dorf oder auf dem Acker, ihrem Broterwerb dient. In die Kneipe gehen, ist Vergnügen, ackern ist Lebensunterhalt. So einfach ist das. Da sollten die Zugezogenen einfach mal die Füße still halten.

Fru Öttenpötter berichtet hier in unregelmäßigen Abständen über das Leben auf dem Lande.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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