Der schlimmste Pressetermin aller Zeiten
Zugegeben, der Titel ist etwas provokant, und mit aller Zeiten sollte man vorsichtig sein, wie Kollege Udo Stiehl auf seinem Blog so schön ausführt. Außerdem, auch das eine eiserne Regel, sollten Journalisten ihre Arbeit tun und nicht über ihre Arbeitsbedingungen berichten. Aber hier bin ich privat, und da darf ich mich mal aufregen über einen der schlimmsten Pressetermine – Achtung – aller Zeiten.
Es waren keine Profis, das will ich denen, die diesen Termin organisierten, zugute halten. Aber trotzdem müsste ihnen klar gewesen sein, dass manches gar nicht geht. Sie haben wirklich alles getan, um den Berichterstattern die Arbeit zu erschweren, wenn nicht unmöglich zu machen. Selbst mit gebührendem zeitlichen Abstand – ich will niemanden vorführen oder identifizierbar machen, deshalb kommt der Text erst jetzt – regt mich dieser Termin immer noch auf. Es ging um die Abschlussveranstaltung einer mehrjährigen Ausbildung, um es allgemein zu formulieren. Etwa 50 junge Menschen, ihre Ausbilder und Eltern und eine Feierstunde mit Übergabe der Ausbildungszertifikate. Alle festlich gestimmt, schließlich ist so etwas ein bedeutender Abschnitt im Leben.
Das Ausbildungsinstitut hatte die Presse eingeladen. Für 14.30 Uhr am Freitagnachmittag. Dort erhielten die anwesenden Journalisten auch den Zeitplan des Nachmittags. Und was stand drauf? Klassenfoto um 14.15 Uhr. Na toll. Alle Eltern hatten ihr Foto, die Presse hatte keines, war schließlich zum Fototermin noch nicht eingeladen. Auf die Beschwerden reagierte die Leitung des Instituts verständnisvoll, merkte an, ein von einem Ausbilder gemachtes Foto schicken zu wollen. Aber erst am Montag, schließlich sei jetzt Freitagnachmittag. Abgesehen davon, dass Fotografen ihre Fotos gerne selbst machen und nicht zum Termin gehen, um dort ihre E-Mail-Adresse zu hinterlassen: Was soll eine Tageszeitung mit einem Bild anfangen, das drei Tage später geschickt wird?
Damit hatte das Elend noch kein Ende. Kein Ausbildungs-Abschlussbericht ohne Namensliste. Schließlich wollen die stolzen Absolventen richtig geschrieben in der Zeitung stehen. Bei dem Termin wurde den Journalisten eine Namensliste überreicht – am Computer geschrieben und dann ausgedruckt. Ist doch schön, wenn der Reporter anschließend in der Redaktion die Namen noch mal abtippen darf, die zuvor jemand vom Institut in den Computer getippt und dann ausgedruckt hat. Auf die Idee, die Namensliste per E-Mail zu schicken, ist niemand gekommen. Auf Nachfrage hieß es, ja, das sei möglich, aber erst am Montag (siehe oben).
Das Elend nahm dann immer noch kein Ende, allerdings nicht mit einem pressespezifischen Problem, sondern mit einem allgemeinen. Warum, habe ich mich oft gefragt, müssen bei Abiturfeiern, Freisprechungen, Abschlussfeiern von Fachschulen und ähnlichen Veranstaltungen erwachsene Menschen mit langer Berufserfahrung stundenlang reden, während zig junge Menschen genervt darauf warten, endlich ihre Abschlusszeugnisse zu bekommen und zu feiern? Merken diese Redner nicht, dass nicht sie, sondern die Absolventen im Mittelpunkt stehen? Wie alle im Saal – Eltern wie Absolventen – habe auch ich mir diese stundenlangen Reden angehört, um dann anschließend die Bestenehrung zu reportieren. Noch ein Minuspunkt bei diesem Termin.
Mehr gab’s aber dann nicht zu meckern, außer einem Fehler auf der oben genannten Namensliste. Heißt der eine Absolvent Benjmin oder Benjamin? Die einen Vertreter des Ausbildungsinstitutes sagten auf Nachfrage so, die anderen so. Das war’s dann aber wirklich an Ärgernissen. Wer nun glaubt, so etwas passiere nur Lokalreportern im Umgang mit mit der Presse unerfahrenen Leuten, der irrt. Ich wette, etliche Kollegen aus dem Überregionalen können ähnliche Geschichten erzählen. Und auch ich habe sie schon von großen Verbänden erlebt.
2 Kommentare
Jeanette
Ich denke Du hast als Journalistin auch das Recht darüber zu schreiben. Jeder hat schon mal solche Termine gehabt. Also was solls, ich finde es prima das Du es schreibst.
Gruss
Jeanette
Susanne
Hallo Jeanette,
vielen Dank für Deinen Kommentar.
In der Zeitung würden wir Journalisten nie darüber schreiben, wie leicht oder schwer uns die Arbeit gemacht wird. Aber auf so einem privaten Blog kann man es mal machen. Interessiert vielleicht auch den einen oder anderen außerhalb des Berufs, mit was wir uns manchmal herumschlagen müssen.