Fru Öttenpötter vertellt: Reiten auf dem Stoppelfeld

Es ist der Höhepunkt des Jahres für alle Reiter: das Reiten auf dem Stoppelfeld. Das macht Pferd und Mensch so viel Spaß wie kaum etwas anderes an diesem Sport. Aber die Sache hat ihre Tücken, und nichts geht über den richtigen Termin. Denn das Zeitfenster ist eng.

Es gibt oft nur ein paar Tage, an denen Reiter ein Stoppelfeld finden. Lagen sie früher nach der Ernte tage-, wenn nicht wochenlang einfach so da, sind heute die Bauern schnell mit ihren Grubbern zur Hand. In Zeiten der pfluglosen Bestellung ist ein Stoppelfeld schneller umbrochen, als mancher Reiter gucken kann oder Zeit hat. Wenn man Pech hat, zieht der Grubber gleich hinter dem Mähdrescher her und es ist vorbei mit dem Vergnügen. Als die Felder noch ausnahmslos gepflügt wurden, war solche Eile nicht üblich.

Glitschiges Stroh

Noch etwas anderes macht die Sache mitunter knifflig. Früher wurde das Stroh gepresst und abgefahren. Zurück blieb das schiere Stoppelfeld. Da viele Bauern heutzutage kein Vieh mehr haben, wird das Stroh oft nur gehäckselt und bleibt auf dem Feld liegen. Dort bildet es dann eine für Pferdehufe recht glitschige Schicht, die das Reiten sogar gefährlich machen kann. Gerade eben erst bin ich im hohen Bogen von einem stolpernden Pferd geflogen. Das wollte ich nie mehr erleben. Deshalb habe ich es gestern auf dem Feld mit viel gehäckseltem Stroh langsam angehen lassen.

Muss man alles wissen, bevor man sich aufs Stoppelfeld wagt. Das Feld hinter unserem Stall ist perfekt. Riesig, ohne gehäckseltes Stroh, festgefahrener Boden ohne Löcher. Dort zu reiten, ist eine wahre Freude. Erfahrene Reiter drehen erst einmal eine Runde im Schritt, dann eine im Trab, dann erst geht’s los im Galopp. Nur wer keine Ahnung hat, legt am Rand des Stoppelfeldes sofort im Galopp los. Das freut zwar das Pferd und den Reiter, hat aber einen unangenehmen Nebeneffekt: Hat man das drei Mal gemacht, wird es zum Automatismus. Dann rennt das Pferd sofort los, sobald es nur einen Huf aufs Feld setzt.

Schnell gelernt

Pferde sind intelligente und lernfähige Wesen. Was sie ein paar Mal gezeigt bekommen haben, das haben sie sofort kapiert. Das hat viele Vorteile, so lässt sich fast jedes Pferd erziehen, ob beim Putzen oder beim Reiten. Aber wenn der Reiter nicht nachdenkt und seinem Pferd etwas beibringt, was er nicht jedes Mal so machen möchte, dann hat er ein Problem. So ist es mit dem Losrennen auf dem Stoppelfeld.

Für dieses Jahr dürfte das Vergnügen des Stoppelfeldreitens schon wieder fast vorbei sein. Auf dem Rückweg vom Feld kam uns der Traktor mit dem Grubber entgegen. Morgen ist das Feld schon kein Stoppelfeld mehr. Ein paar Äcker müssen noch abgeerntet werden, aber bald sind sie auch leer und umgebrochen. Timing ist eben alles.

Fru Öttenpötter berichtet hier regelmäßig über das Leben auf dem Lande.

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