Regalfund: Künstlermappe Fritz von Uhde

Es gibt Bücher, die verliere ich sprichwörtlich aus den Augen. Solche, die irgendwo hinter andere rutschen und fortan nicht mehr gesehen wurden. Irgendwann tauchen sie aus unterschiedlichen Gründen wieder auf. Gerade wieder ans Tageslicht gekommen ist bei mir eine sogenannte Künstlermappe mit Bilder von Fritz von Uhde.

Die Mappe, ein großformatiges Heft mit acht farbigen Drucken von Gemälden Fritz von Uhdes, kommt vermutlich aus der Familie, aus irgendeinem Haushalt von Großeltern oder Großonkeln und Tanten, vielleicht sogar von Urgroßeltern. Manches spricht dafür, kommt die Familie meines Vaters doch aus Sachsen, wo auch die Künstlermappen herausgegeben wurden.

Mein Exemplar trägt auf der ersten Seite eine mit Tinte geschriebene Widmung, die ich leider nicht vollständig entziffern kann. Nicht einmal die Jahreszahl ist ganz klar: 1920 oder 1925. Entziffern konnte ich, dass die Mappe offenbar in Linsheim überreicht wurde, und zwar von jemandem, dessen Namen ich ebenfalls nicht entziffern kann.

Eine Erinnerung an herrliche Tage in Linsheim. Aber von wem?

Linsheim gibt es aber gar nicht. Vielleicht war hier doch Sinsheim gemeint, es sieht auf den zweiten Blick jedenfalls so aus. Dort haben offenbar zwei Menschen einen Aufenthalt genossen, an den das Geschenk der Von-Uhde-Bildermappe erinnern sollte.

Aus einem namhaften Verlag

Erschienen ist die Mappe im Verlag E. A. Seemann Leipzig, der diese Bildbände ab 1920 herausgab. Der von Fritz von Uhde ist offenbar der erste der Reihe. Etliche weitere folgten. Mein Exemplar über Fritz von Uhde enthält „acht farbige Wiedergaben seiner Gemälde“, wie es auf der Frontseite heißt, und „Begleitworte“ von Paul Schumann.

Druck von hoher Qualität

Der Verlag, den es noch heute in veränderter Form gibt, stand damals für hochwertige Kunstbände. Das weist die Firmengeschichte auf der Homepage des Nachfolgeverlags, der Verlagsgruppe E. A. Seemann Henschel, aus. Noch heute widmet sich das Unternehmen hochwertigen Kunstbüchern. Meine Künstlermappe über Fritz von Uhde ist natürlich schon mächtig in die Jahre gekommen. Trotzdem zeugt sie bis heute von der Qualität des Drucks.

Fritz von Uhde (1848-1911) gilt als bedeutender Vertreter des deutschen Impressionismus. In der Künstlermappe sind acht Gemälde wiedergegeben, die in bedeutenden Museen hängen, etwa „Die Kinderstube“ (Hamburgische Kunsthalle). Ein Bild, das den Detailreichtum der Werke von Fritz von Uhde belegt.

„Die Kinderstube“ aus der Künstlermappe.

„Die Trommler“ von 1883 hängen in der virtuellen Gemäldegalerie Dresden. Das Sujet mag heute nicht mehr zeitgemäß wirken, es hebt sich aber ab von den Soldatenbildern, die sonst in wilhelminischer Zeit üblich waren. Die Soldaten stehen entspannt und locker in einer Frühlingslandschaft und bereiten offenbar ihre Instrumente vor. Dabei werden sie von Kindern auf dem Dorf beobachtet. Einige stehen schon in Reih und Glied. Die Formation wirkt aber eher so, als müssten sie das noch üben.

„Die Trommler“, alles andere als soldatisch zackig.

In einer Zeit, in der die Menschen nicht so viel reisten wie heute und weniger Möglichkeiten hatten, verschiedene Museen in unterschiedlichen Städten zu besuchen, waren die Künstlermappen sicher eine Möglichkeit, Kunst zu sehen und sich zu Hause ins Regal zu stellen. Und offenbar waren solche Mappen oder Bücher ein gern gegebene Geschenke an jemanden, den man vielleicht beeindrucken wollte oder für den man sich für schöne Tage, ob in Sinsheim oder anderswo, bedanken wollte. Ich habe den Verdacht, dass der unbekannte Schreiber der Widmung die Mappe einer von ihm verehrten Frau zugeeignet hat. Es klingt beinahe so. Wenn ich nur wüsste, wer der Schenker und wer die oder der Beschenkte war.

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