Kaiserpfalz, Luchse und Riesenwindbeutel

Pfingsten war der Tag des Familienausflugs. Meine Eltern und ihre Kinder und Schwiegerkinder. Es ging in den Harz. Ein Tag zwischen Kaiserpfalz, Luchsen und Riesenwindbeuteln. Anlaufpunkte waren Goslar und die Rabenklippen.

Kaiserpfalz Goslar
Die bekannte Fassade der Kaiserpfalz mit ihren romanischen Fenstern.

Unser erstes Ziel war die Kaiserpfalz in Goslar. Ich kenne sie schon lange, als ich Jugendliche war, habe ich dort Konzerte der „Jugend-musiziert“-Preisträger gehört, zu denen auch mein Bruder gehörte. Ich hatte einen Saal voller Mittelalter-Kitsch vor Augen. Das klingt etwas despektierlich, aber genau das ist es in meinen Augen.

Romantisch verklärte Kaiserzeit

Ich meine damit die großformatigen Gemälde, die Hermann Wislicenus an die Wände des Kaisersaals gemalt hat. Wislicenus gilt als Vertreter einer idealistischen und preußisch-nationalromantischen Kunstauffassung, In großformatigen Gemälden verherrlichte er in der Kaiserpfalz das deutsche Kaisertum vom heiligen römischen Reich deutscher Nation bis zu Kaiser Wilhlem I.

Gemälde Hermann Wislicenus in der Kaiserpfalz
Barbarossas Sieg bei Ikonium.

Von ihrem Inhalt her würde ich diese Bilder als Propaganda einordnen. Die Malerei aber ist überaus gekonnt im Stil der damaligen Zeit. Sehr schön hat Wislicenus die Pferde gemalt. Man spürt förmlich ihre Kraft.

Gemalter Einfallsreichtum

Was mich aber besonders fasziniert ist die Phantasie, die der Maler erkennen lässt. Immer vor dem Hintergrund, dass er beileibe nicht auf so viele Vorbilder zurückgreifen konnte, wie wir sie heute haben. Die Gemälde entstanden zwischen 1877 und 1897. Die Fotografie steckte in den Kinderschuhen, von Bilderflut konnte keine Rede sein. Natürlich gab es Gemälde aus vielen Jahrhunderten, dennoch muss viel Einfallsreichtum im Spiel gewesen sein, um diese Werke zu entwerfen.

Wislicenus kannte Asterix und Obelix nicht. Die fallen einem sofort ein, wenn man das Gemälde von den Sachsen sieht, die zuschauen, wie Karl der Große die Irminsäule, ihr Heiligtum, zerstört. Vielleicht haben die Autoren und Zeichner von Asterix und Obelix genau dieses Bild vor Augen gehabt, als sie ihre Figuren entwarfen.

Gemälde in der Kaiserpfalz
Die Sachsen in der Kaiserpfalz. Oder vielleicht doch die Gallier?

Die großformatigen Bilder sind ungeheuer beeindruckend. Auch wenn wir heute nicht jede Geschichte sofort interpretieren können. Audioguides geben sehr ausführlich Auskunft über alles, was in der Kaiserpfalz ausgestellt ist. Weniger spektakulär sind die Museumsstücke im Wintersaal im Untergeschoss, der längst kein Saal mehr ist, sondern in einzelne Räume unterteilt wurde. Dort habe ich das Wort Lapidarium gelernt. Es bezeichnet eine Sammlung von Steinwerken, in der Kaiserpfalz vor allem Fragmente von Säulen und Kapitellen.

Kapitell im Museum der Kaiserpfalz
Ein Kapitellkopf im Lapidarium, er liegt dort tatsächlich so herum.

Ein gefallener Krieger

Hinter der Kaiserpfalz liegt der Goslar Warrior, der Goslarer Krieger, eine beeindruckende Skulputur von Henry Moore. Der Künstler wollte sie ausdrücklich hinter der Kaiserpfalz aufgestellt wissen, als Gegenpol zu den herrischen Reiterstandbildern der Kaiser Barbarossa und Wilhelm I. vor der Pfalz. Wer in und vor der Kaiserpfalz Krieg, Macht und Stärke verherrlicht, so dokumentiert Moore mit einem einzigen Werk hinter der Kaiserpfalz den Schrecken des Krieges und den Tod.

Goslar Warrior
Der Goslarer Krieger von Henry Moore.

Von der Kaiserpfalz ging es auf die Rabenklippen zum Luchsgehege. Die Luchse waren da, aber leider nicht gut zu fotografieren. Immer ist das Gitter im Weg. Aber ohne das geht es eben nicht. Das Gehege ist nicht mit dem Auto zu erreichen, sondern nur über einen vier Kilometer langen Fußweg oder mit einem Linienbus, der regelmäßig dort hinauf fährt.

Luchs
Luchs hinter Gittern. Deutlich sind die typischen Pinselohren zu sehen.

Ein paar Meter hinter dem Luchsgehege liegt die Waldgaststätte Rabenklippen. Ein rustikales Ausfluglokal, das wie ein Adlerhorst am Abhang liegt. Von der Terrasse aus hat man einen wunderbaren Blick auf den nahen Brocken. Pflichtprogramm beim Kaffeetrinken im Harz sind übrigens Windbeutel, eine echte Herausforderung für jeden Gast.

Blick von den Rabenklippen auf den Brocken
Blick auf den Brocken, von den Rabeklippen aus gesehen.

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