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Inklusion – die schwierige Definition eines Karriere-Wortes

Ich glaube, die Wette gewinne ich. Ich wette, dass immer noch etwa 80 Prozent der Zeitungsleser nicht wissen, was Inklusion genau ist. Obwohl das Wort sei einiger Zeit eine beispiellose Karriere gemacht hat, kann bis heute niemand kurz und bündig erklären, was damit gemeint ist. Nicht einmal die Behindertenverbände, wie etwa die „Aktion Mensch“.

inklusion

Wer nach „Was ist Inklusion?“ googelt, findet dazu viele Seiten. Wer aber eine präzise Definition sucht, muss viel lesen und wird auch nicht viel schlauer. „Inklusion heißt wörtlich übersetzt Zugehörigkeit, also das Gegenteil von Ausgrenzung“, heißt es etwa auf der Homepage der „Aktion Mensch“. Dort ist auch ein Video zu finden, das verspricht, in einfachen Worten Inklusion zu erklären. Ohne Beispiele geht es aber offenbar nicht, um den Unterschied zur Integration abzugrenzen. Und selbst das gelingt nicht oder kaum. Viele Worte um die Inklusion macht auch der Beitrag auf leidmedien.de. Dort finden sich auch die runden Kreise mit den Punkten, die die Unterschiede zwischen Exklusion, Separation, Integration und Inklusion erläutern sollen. Ehrlich gesagt, erinnern sie mich nicht nur an Bakterienkulturen in Petrischalen, sondern erklären den Unterschied zwischen Integration und Inklusion leider auch nicht schlüssig.
Selbst die Wikipedia hilft nicht weiter, zumal sie zwischen Inklusion als Begriff der soziologischen Systemtheorie und Inklusion im Zusammenhang der Ungleichheitsforschung unterscheidet und damit mehr verwirrt als erklärt. Immerhin findet sich bei der zweiten Art der Inklusion der Begriff der vollständigen gesellschaftlichen Teilhabe, was dem nahe kommt, was die allseits beschworene Inklusion meint. Oder wie es mal ein Kommunalpolitiker formulierte: „Dabeisein als Bürger, dort, wo alle Menschen leben.“ Einher geht das Wort Inklusion oftmals mit der Formulierung „erlebbar machen“. Für alle natürlich. Das ist alles noch nachvollziehbar, wenn man sich die Beispiele vor Augen führt. Insgesamt aber glaube ich, dass für die meisten Menschen Inklusion nur ein anderes Wort für Integration ist. Und wenn die Vertreter der Inklusion noch so sehr darauf beharren, es sei etwas völlig anderes.

Vielleicht liegt etwas Wahres in einem Forumsbeitrag, den ich auf myhandicap.de gefunden habe:

„Integration bedeutet ja die Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die bestehende Gesellschaft. Und bei der Inklusion kommt es aufs gleiche raus, nur dass es keine Integration mehr gibt, sondern völlig normal ist, dass ein Gehandicapter dabei ist.“

Ich fürchte, die Inklusion wird auch in Zukunft in weiten Teilen der Bevölkerung als Synonym für Integration verstanden. Aber vielleicht ändert sich durch die fortwährende öffentliche Beschäftigung mit der Inklusion und dem Weg dorthin etwas daran. Und wenn am Ende Inklusion erreicht, aber weiter als Integration verstanden wird, dann ist es nicht so schlimm, als wenn nur Integration erreicht, aber diese Inklusion genannt wird. Oder kürzer formuliert: Wie es heißt, ist am Ende egal, Hauptsache, das Ziel ist erreicht.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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