Fru Öttenpötter,  Pyropro

Fru Öttenpötter vertellt: Hurra Glasfaser, Schluss mit Dorf-DSL

Es ist da: Seit heute Vormittag haben wir schnelles Internet. Die Glasfaser hat unsere Splittersiedlung erreicht und ist angeschaltet. Ein ganz neues Online-Gefühl.

Da baumelte das Glasfaserkabel noch draußen an der Hauswand. Mittlerweile ist es installiert.
Da baumelte das Glasfaserkabel noch draußen an der Hauswand. Mittlerweile ist es installiert.

Wisst ihr, was ein Zweckverband ist? Bisher verbanden Menschen außerhalb von Großstädten damit vor allem Organisationen, die Gas oder Wasser liefern oder die Müllabfuhr organisieren. Wir haben einen Wegezweckverband, der das alles regelt und sich daneben noch als Straßenmeisterei für unseren Kreis betätigt. Vor allem aber hat der Zweckverband eine ganz neue Bedeutung gewonnen, seitdem er sich bei uns – in anderen Kreisen sind es andere Zweckverbände – um den Glasfaserausbau kümmert.

Anfang mit ISDN

Der Leidensdruck war hoch, sehr hoch. Unser Leidensweg ist zudem lang, sehr lang. 2003 haben wir unser Haus gekauft, Teil einer Splittersiedlung mit nur zwei Häusern und zwei Kilometer vom nächsten Dorf entfernt. Immerhin: Es gibt eine Wasserleitung und Strom und seit einigen Jahren sogar eine Gasleitung. Telefon auch, aber Internet? Wie schreibt man das? Was ist das? In den Anfangsjahren war es ISDN, dann doch tatsächlich 1000er DSL und dann sogar 2000er. Wir jubelten. Schließlich konnten wir LTE hinzu buchen, sehr mageres LTE. Das Internet kroch mehr als es lief. Wir hätten noch eine LTE-Antenne montieren können, nicht an der Satellitenschüssel, was einfach gewesen wäre, sondern an der anderen Hausseite. Dort wäre der beste Empfang gewesen. Wir haben es nicht getan.

Irgendwann wurde der Druck zu groß. Überall in den ländlichen Kreisen suchten Kommunalpolitiker, Kreispolitiker und Organisationen nach einer Lösung, um den Menschen an der Telekom vorbei schnelles Internet zu verschaffen. Möglichst ohne die Kommunen in die Pleite zu treiben. Irgendwann war eine Lösung gefunden, bei der für uns der Wegezweckverband Segeberg und die Stadtwerke Neumünster die Hauptrolle spielten. Die sogenannte Vorvermarktungsphase begann. Das ist die Vermarktungsphase. Warum sie Vorvermarktungsphase genannt wird, wissen nur die Anbieter.

Dat bruk wi nich – doch

Los ging es mit Informationsveranstaltungen in den Feuerwehrgeräte- und Dorfgemeinschaftshäusern. Im Detail wurde alles erklärt und vorgerechnet und angepriesen. Es galt, eine Mindestanschlussquote von 60 Prozent zu erreichen, sonst würde es keine Glasfaser geben. Da saßen wir alle, die, die dringend auf ein schnelles Netz warteten. Die, die sich das erst einmal anhören wollten. Und sogar einige von denen, die die holsteinische Grundhaltung einnehmen: Dat bruk wi nich, dat hebbt wi nie so mokt, dat hebbt wi jümmers so mokt.“ Einer der Redner vom Zweckverband erzählte die Geschichte von dem Mann, der beim Verlegen der zentralen Wasserleitung abgelehnt hatte und meinte, der eigene Brunnen würde reichen. Als der nicht mehr reichte, musste er teuer eine Leitung legen lassen. Außerdem kam das Argument mit den Enkeln: Wenn die zu Besuch sind, wollen die doch mal ins Internet, oder?

Es funktionierte. Selbst die, die keinen Computer haben und nie einen haben wollen, haben unterschrieben. Zumal es die Verlegung der Leitungen bis ins Haus hinein ohne Kosten gab. Später werden 900 Euro fällig.

Über den Sommer wurde gebuddelt. Am Wald entlang, über den Hügel hinweg, am Knick längs. Erst kam das Leerrohr, dann die Glasfaser, die wurde durch die Hauswand gesteckt und heute früh kam bei uns, pünktlich zum Vertragsende der Telekom, der Techniker. Es läuft. Es flutscht. Es ist unglaublich.

Kein Tatort-Internet mehr

Vorbei die Zeit, in der ich hochauflösende Fotos nur in Kombination mit dem sonntäglichen Tatort verschickt habe. Beim Vorspann auf „senden“ gedrückt, beim Nachspann war alles durch. Vorbei die Zeit der langen Ladebalken, der Eieruhren und Eierkreise. Was für ein Unterschied! Abgesehen davon, dass unser Haus heute im Wert stark gestiegen ist. Schon jetzt lassen sich Immobilien ohne schnelles Netz nur schwer verkaufen. Wir wollen nicht verkaufen. Aber es ist doch gut zu wissen, dass ein Ausschlusskriterium weggefallen ist.

Jetzt nur kein Neid von Städtern und Kleinstadtbewohnern. Die ersten jammern schon, dass das Land bald viel besser mit schnellem Internet versorgt ist als die Stadt. Lass uns doch die Freude. Ihr habe Geschäfte, öffentlichen Nahverkehr, den Bäcker um die Ecke und die Schule in der Nähe. Wir haben jetzt wenigstens endlich schnelles Internet.

Fru Öttenpötter berichtet hier in unregelmäßigen Abständen über das Leben auf dem Lande.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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