Die Kunst, Chloride sprachlich hübsch zu verpacken

Die Hersteller von Duschgel, Flüssigseife und Kräutertees verfallen im Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter in einen Kreativrausch. Dann gibt es die jahreszeitlich angepassten Produkte, Sommernacht oder Kaminfeuer, je nachdem, ob draußen brütende Hitze herrscht oder ein Schneesturm übers Land zieht. Was da aber tatsächlich in der Flasche ist – die Tees nehme ich hier mal aus – das klingt ganz anders und nicht gerade appetitlich.

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Schneemärchen und Wintertraum heißen die beiden Cremeduschen, die ich gerade gekauft habe. Hinten auf der Flasche überschlagen sich die Werbetexter förmlich mit märchenhaften Formulierungen. Da ist von sinnlichem Cassis und geeisten Zitrusfrüchten die Rede. Ganz ehrlich, wer will schon unter der Dusche geeist werden? Weiter geht’s mit süßlich-holzigem Patchouli und pudrigem Moschus. Alternativ beim Wintertraum: sahnige Vanille und geschmolzener Zucker. Mal abgesehen davon, dass mein Body kein Dessert ist, stelle ich mir gerade vor, wie geeiste Zitrusfrüchte und geschmolzener Zucker harmonieren. Auf dem Teller sicher gut, aber unter der Dusche?

Egal, zurück zur Realität. Gucken wir doch mal auf die Liste mit den Inhaltsstoffen, wo da der Zucker, die Zitrusfrüchte, Patchouli und Vanille sind. Nirgends. Dafür gibt es Chloride, Sulfate, Citric Acid (immerhin Zitronensäure, als Zitrusfrüchte, aber wo ist das Eis?), Coco Glucoside und Hexyl Cyclamat, um nur einige zu nennen. Klingt gar nicht lecker, wohlriechend oder verführerisch. Aber darauf kommt es auch gar nicht an. Hauptsache, der Kunde fühlt sich wie in einem Wintertraum und greift zur märchenhaften Flasche.

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