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Was heißt schimpfieret?

Blog-Autoren gucken genau hin. Nicht nur auf die Klickzahlen, sondern auch auf die Suchbegriffe, mit denen Leser über Google oder andere Suchmaschinen zu ihnen finden. Heute ist Karfreitag, und im Vorwege dieses höchsten christlichen Feiertages sind Leser zu mir gekommen mit einer Frage, die ich mir nie gestellt hätte.

„Was bedeutet schimpfieret“ oder „Bedeutung schimpfieret“ lauten die Suchbegriffe. Sie führen auf einen Beitrag, den ich am Karfreitag vor einem Jahr verfasst habe und der sich mit den wuchtigen Worten befasst, die Kirchenlieder-Dichter für die Passion gefunden haben. Darin ist von „gezieret, schimpfieret und gehenket“ und Rede. In einem Choral des großen Kirchenliederdichters Paul Gerhardt heißt es:

O Haupt, sonst schön gezieret
Mit höchster Ehr’ und Zier,
Jetzt aber höchst schimpfieret;
Gegrüßet sei’st du mir!

Ehrlich gesagt, wäre ich nie auf die Idee gekommen, nach der Bedeutung von schimpfieret zu fragen. Es bedeutet schlicht, dass Jesu, einst hoch gerühmt, während der Geißelung, also der Folter, beschimpft wurde. Natürlich ist uns das teils geschnörkelte Deutsch von Paul Gerhard nicht mehr so geläufig, aber die Bedeutung von schimpfieret erschließt sich doch von selbst, oder? Übrigens hat niemand nach der Bedeutung von gehenket gefragt. Das klingt wohl doch zu sehr nach unserem heutigen gehenkt. Wobei sich der eine oder andere fragen mag, warum Menschen erhängt, aber gehenkt werden. Also rein orthografisch, nicht von der Tatsache an sich her. Die Schreibweise leitet sich vom Mittelhochdeutschen ab, genauere Erklärungen gibt der Duden.

Ob heute teilweise schwer verständlich oder nicht, ich liebe diese alten Kirchenliedertexte und bin in großer Fan von Paul Gerhardt. Aber auch von den Komponisten, die wuchtige Worte in anrührende Musik verwandelt haben.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

3 Kommentare

  • christoph v.gallera aka @mittelhesse

    Liebe Susanne,

    ich dachte schon, ich wäre der einzige, der noch wüsste, wer Paul Gerhardt ist. Wir haben es noch im zweijährigen Konfirmationsunterricht gelernt. Ob es unsere Kinder lernen, gelernt haben? Habe mich ehrlich gesagt, gescheut, diesen Test zu machen. Demzufolge wird das „schimpieret“ als barocke Ausdrucksform den wenigsten heutzutage bekannt sein – was mich doch gar fürchterlich betrüblich deucht ^^.
    Beste Grüße aus Biebertal

    • Susanne

      Lieber Christoph,
      ich weiß nicht, ob die Konfirmanden heute noch lernen, wer Paul Gerhardt ist. Ich glaube eher nicht. Ich habe ihn auch nicht im Konfirmandenunterricht kennengelernt, sondern erst durch das Chorsingen. Ich halte ihn für einen der größten Dichter seiner Zeit und finde es schade, dass er nur über die Kirchenlieder definiert wird und bekannt geworden ist. Da sieht man aber, was für ein guter Transporteur guter Texte die Musik ist.
      Was das adelige Kommentieren angeht, weiß ich im Moment nicht, wie ich da etwas ändern könnte. Ehrlich gesagt, fehlt mir die Zeit und die Lust, auf Ursachensuche zu gehen.
      LG, Susanne

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