
Rohrpost – für immer verschwunden?
Erinnert sich noch jemand an die gute alte Rohrpost. Auch so ein Kommunikationsweg, der für immer verschwunden ist. Junge Leute wissen gar nicht mehr, was das war.
„Hast du mal eine Bombe für mich?“ war über Jahre und Jahrzehnte ein ständig gehörter Spruch in der Redaktion. Eine Bombe? Was sollte das sein? Nun, nichts Explosives. Eine Bombe war ein länglicher Kunststoffzylinder mit verdickten und mit einer Art Filz ummantelten Enden. Offiziell Rohrpostbehälter genannt. Da hinein wurden Manuskripte oder andere Papiere gesteckt, die von einer Abteilung zur anderen geschickt werden sollten. Empfängernummer eingeben, Start drücken, und schon zog ein Luftzug die Bombe in die Röhren der Rohrpost. Darin flitzten sie von einer Station zur anderen. Tolle Sache.
Das Ende der Rohrpost kam mit der Digitalisierung
Doch der Tod der Rohrpost in der Redaktion kam unweigerlich mit der Digitalisierung. Niemand muss mehr ein Manuskript per Rohrpost verschicken, wenn es doch per E-Mail noch schneller geht und der Inhalt nicht mehr auf Papier übermittelt, sondern zur sofortigen Weiterverarbeitung digital versendet wird. Und so hingen die Rohrpost-Stationen noch eine ganze Weile ungenutzt auf den Redaktionsfluren. Irgendwann wurden sie abmontiert. Die letzten überlebenden Rohrpostbomben dienten dem einen oder anderen noch zur Aufbewahrung von diesem und jenem.
So weit die hausinterne Rohrpost. Es gab aber noch eine andere, eine viel, viel größere. Die sogenannte pneumatische Eisenbahn von Berlin, eine die Stadt umfassende Rohrpostanlage. Die wiederum nicht in Berlin erfunden, sondern in London ersonnen und erstmals installiert wurde. 1976 wurde die letzte öffentliche Rohrpost in Berlin zugestellt. Auf unseren Redaktionsfluren flitzte die letzte nach meiner Erinnerung irgendwann Ende der 90er Jahre unterhalb der Decken durchs Haus.
Damit ging ein weiteres Stück redaktioneller Textübermittlung zu Ende. Ich habe eine Menge davon in meinem langen Journalistenleben genutzt, etwa den Akustikkoppler. Oder das Durchgeben der Texte übers Telefon, mit Glück aus einem Büro, manchmal aus einer Telefonzelle. Deshalb hatte ich zunächst immer genug Markstücke im Portemonnaie, später stets Telefonkarten. Auch, um von unterwegs Kontakt zur Redaktion zu halten.
Die Zeit der öffentlichen Fernsprecher ist ebenso vorbei wie die der Rohrpost. Manchmal steht noch eine von diesen Telefonstelen der Telekom irgendwo herum. Schutzlos steht derjenige, der telefonieren möchte, davor. Das war bei den Telefonzellen noch anders. Kein Regen von oben, dafür zerfledderte Telefonbücher und ein elendiger Gestank. Haldewitzka hat einen wunderbaren Text darüber geschrieben.
Keine Sehnsucht nach der Kommunikation von gestern
Nein, ich will die Telefonzellen nicht zurück und auch die Rohrpost nicht. Man kann zu moderner, digitaler Kommunikation stehen, wie man will. Aber sie ist schnell und vermeidet Fehler. Ich will nicht wissen, was beim Abtippen von Texten aus der Rohrpost oder von sonst woher alles falsch gelaufen ist.
Übrigens gibt es noch heute Anwendungen für die Rohrpost. So wird sie etwa benutzt, um in Laboren und Krankenhäusern Blut- oder Gewebeproben zu schicken oder in Warenhäusern, um Kassenbestände miteinander zu verbinden. Die Rohrpost ist nicht tot.


Ein Kommentar
Martin
Rohrpost „durfte“ ich nie erleben. Dafür aber Olympia mit Durchschreibpapier, Ablage und Aktenfahrer. Besonders beliebt war der Fernschreiber mit Lochstreifen. Hast du dich da einmal verhauen, konnteste gleich von vorne anfangen. Was haben wir uns gefreut, als die ersten Computer in unsere Arbeitswelt Einzug erhielten…..