Lesen – warum und was ist der Gewinn daran?

Lesen ist meine Leidenschaft. War es schon immer. Aber warum ist das so? Was ist am Lesen so besonders? Die Frage, die ich mir nie gestellt habe, hat jetzt jemand anders gestellt. Und mich zum Nachdenken über das Lesen gebracht.

Gerade läuft die Fußball-Europameisterschaft. Ich finde Fußball langweilig, gucke die Spiele nicht. Die Sender, die sie nicht übertragen, holen stattdessen Filme aus dem Archiv, die an die zehn Jahre alt sind. Ganz ehrlich, ein Commissario-Brunetti-Film von 2016 lockt nun wirklich keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Zumal die Reihe schon 2019 eingestellt wurde. Und klar, ich könnte streamen, um frische Filme zu sehen, aber das ist mir oft zu mühsam, dieses Herumgesuche in den Mediatheken. Eine gute Gelegenheit also, die Zahl der Leseabende deutlich auszuweiten.

Lesefutter ist genug da. Sachbücher ebenso wie Romane, viele sind schon lange bei mir, ich liebe sie und kann sie immer wieder lesen. Dank öffentlicher Bücherschränke und meiner geliebten Bücherei steht mir auch manches Neue zur Verfügung. Aber was ist der Reiz am Lesen? Warum macht es so viel Freude, dass ich es schon mein ganzes Leben lang mit Leidenschaft betreibe? Das könnte ich auf Anhieb gar nicht sagen.

Lesen ist unterhaltsam und bildend

Wenn ich ein wenig länger darüber nachdenke, fallen mir die oft genannten Gründe ein. Gedankliche Ausflüge in für mich fremde Welten. Spannung. Überraschung. Wissen. Gute Gedanken und – ja, auch das – schlechte Gedanken. Neue Einsichten, aber auch Bestätigung oder Widerspruch für eigene Haltungen. In Büchern, aber auch in Blogposts oder Zeitungs- oder Zeitschriftenartikeln liegt so vieles, was sich zu heben lohnt.

Es ist aber noch etwas anderes. Es ist das Gefühl, ruhig dazu sitzen und in etwas zu versinken, die Welt um sich herum zu vergessen. Einfach für eine Weile weg zu sein vom Alltag, vom eigenen Leben. Deshalb ist es manchmal so schwer, ein Buch wegzulegen. Noch ein Kapitel, ach, noch ein Kapitel. Wie lang ist das nächste Kapitel? Kann ich das noch dranhängen, bevor ich mich etwas anderem widmen muss? Die meisten Bücher erzeugen bei mir diesen Sog.

Lesen ist gut fürs Gehirn

Das Online-Magazin „Was liest du?“ hat weitere Gründen fürs Lesen aufgelistet, die sich zum Teil mit meinen decken. Manche davon sind bekannt, etwa, dass Lesen den Horizont oder den Wortschatz erweitert. Andere sind eher wissenschaftliche Erkenntnisse, nämlich dass das Lesen Alzheimer vorbeugt. Zumindest gibt es Impulse, die das Gehirn anregen und es damit vielleicht weniger anfällig für Demenz machen.

Das Netz ist voll von Listen, die fünf, zehn oder gar 28 Gründe aufführen, warum man lesen sollte. Und zwar Bücher. Ich habe immer die Meinung vertreten, dass das Medium egal ist, Hauptsache die Texte sind lang und mehr oder weniger anspruchsvoll. Trotzdem bevorzuge ich immer noch das Buch aus Papier, habe mich nie mit einem E-Reader anfreunden können. Ich weiß gar nicht genau, warum. Am Inhalt kann es nicht liegen.

Was hat die Gesellschaft davon?

Letztlich ist klar: Wir Leser wissen, warum wir so gern lesen. Auf Twitter (jetzt X) hat nun jemand die Frage aufgeworfen, warum das Lesen gesellschaftlich so hoch bewertet wird. Und angemerkt: „Es ist eine außerordentlich passive Beschäftigung, zunächst und zumeist ohne positive Rückwirkung auf die Gesellschaft (ok, wer liest, begeht währenddessen keine Verbrechen) und oft auch ohne positive Auswirkung auf die eigene Kreativität oder die eigenen Fähigkeiten.“ Das mit der Kreativität und den eigenen Fähigkeiten stimmt schon mal nicht. Aber wie ist es mit der Gesellschaft?

Vielleicht die beste Antwort auf die Frage war, dass Lesen bildet und die Gesellschaft gebildete Menschen braucht. Da ist sicher etwas dran. Aber letztlich hat der Mann mit seiner etwas ketzerischen Frage recht. Das Lesen ist gesellschaftlich anerkannt, obwohl es für das Zusammenleben höchstens indirekt etwas bringt. Vielleicht ist sein größter Verdienst, dass Menschen, die viel lesen, zufriedener sind, ausgewogener denken, weil sie viele Sichtweisen kennen, und seltener radikal werden. Das ist doch schon mal was.

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