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Gartenreich Wörlitz zu Wasser und zu Lande

Ich habe vier Tage Urlaub im September für eine kleine Rundreise in Sachsen-Anhalt und Thüringen genutzt. Eine der Stationen war das Gartenreich Dessau-Wörlitz. Ein Traum von einem englischen Garten.

Kaum jemand weiß auf Anhieb etwas mit Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau anzufangen. Und auch nicht mit Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff. Der junge, früh zur Regentschaft gekommene und reiselustige Fürst und der Architekt, der stets im Schlepptau seines Fürsten unterwegs war, sammelten auf ihren Reisen alles ein, was ihnen gefiel. Einsammeln ist damit nicht immer, manchmal aber schon wörtlich gemeint. Meistens aber kopierten sie das, was sie sahen, für das von Friedrich Franz angelegt Gartenreich.

Wie die beiden durch Europa zogen und welche Anregungen sie von dort mitbrachten, wie Friedrich Franz und Erdmannsdorff tickten, das kann Kuno Wendt wunderbar erzählen. Er ist einer der Gondoliere, die die sogenannten Gondeln mit Besuchern über die Seen und Kanäle des Gartenreichs rudern und unterwegs die Geschichte dieses Juwels eines englischen Gartens erklären. Angestellt bei der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, die auch die Gondeln betreibt, bieten Wendt und seine Kollegen den Besuchern vom Wasser aus einen einmaligen Überblick über den Garten.

Kuno Wendt, Gondoliere im Gartenreich Dessau-Wörtlitz, am Ruder der Gondel.
Kuno Wendt, Gondoliere im Gartenreich Dessau-Wörtlitz, am Ruder der Gondel.

Bester Überblick über das Gartenreich

Ich wollte ursprünglich auf die Gondelfahrt verzichten, habe mich dann aber zum Glück doch dazu entschlossen. Und habe es nicht bereut. Einen besseren Überblick über das Gartenreich gibt es nicht. Innerhalb einer dreiviertel Stunde ruderte Wendt die großen Gondeln scheinbar mühelos übers Wasser. Es geht langsam, sehr langsam voran. Und das ist genau richtig, um all die Eindrücke und Einblicke aufzunehmen und den Geschichten dahinter zu lauschen. Keine Frage, die Kuno Wendt nicht beantworten konnte. Und er wies auch auf Kleinigkeiten am Wasserrand hin. Etwa den Grund dafür, warum etliche Bäume im unteren Bereich mit Maschendraht umwickelt sind. Es hält die Biber ab, die im Gartenreich vorkommen.

Solcherart mit Wissen ausgerüstet, lässt sich das Gartenreich danach gut zu Fuß erkunden. Es ist ein strammer Marsch. Wer alles sehen möchte, muss schon eine ordentliche Strecke zurücklegen. Abkürzen lässt sich die eine oder andere Kurve mit einer der drei Fähren, die über die Seen führen und das Hin- und Herspringen zwischen Teilen des weitläufigen Geländes ermöglichen. Auch die Amtsfähre, die beiden kleinen Roseninselfähren und die Teelaubfähre werden von Hand betrieben, mit Kurbeln. Es ist still auf den Gartenreich-Gewässern, kein irgendwie gearteter Motor stört die Idylle.

Gondeln unterwegs auf den Gewässern des Gartenreichs.
Gondeln unterwegs auf den Gewässern des Gartenreichs.

Ich fand das gesamte Gartenreich ganz wunderbar, obwohl ich am Ende des Tages runde Füße hatte. Und erschöpft war. Es war brüllend heiß, da half es auch nichts, dass überall große Bäume stehen und viel Schatten spenden. Aber die Neugier hat mich immer weiter getrieben, weil es hinter jeder Wegbiegung etwas zu Neues zu sehen gibt. Den Besuch im Schloss, das auf dem Gelände steht, habe ich mir geschenkt, es gab auch so viel zu entdecken. Vielleicht wäre es ja eines meiner Lieblingsschlösser geworden.

1765 angelegt, ist das Wörlitzer Gartenreich der erste englische Landschaftsgarten auf dem europäischen Festland. Da hat der Fürst doch mal was richtig Gutes von einer seiner vielen Reisen mitgebracht. Der englische Garten setzte sich im Gegensatz zum französischen Garten mit seinen strengen Formen bald überall durch.

Ein für jeden zugängliches Wunderreich

Das Gartenreich Dessau-Wörlitz ist eine sehr soziale Sehenswürdigkeit. Es ist kein Eintritt fällig. Schon Friedrich Franz, „Vater Franz“ genannt, hat verfügt, dass es für jeden Bürger seines kleinen Reiches offen steht. Heute kann jeder kostenlos darin herumspazieren. Die Gondelfahrt kostet zwölf Euro, für die drei Fähren sind je ein Euro fällig.

Wohnte ich näher am Gartenreich, ich wäre öfter da. Zum einen, um den Wandel der Natur in den Jahreszeiten zu erleben. Dank eines Kalenders 2024, den ich mir gegönnt habe, werde ich wenigstens etwas davon erleben. Zum anderen möchte ich mal morgens früh dort sein, wenn sich über dem Wasser die Nebel ausbreiten. Das muss schöne Bilder ergeben. Ich konnte nur welche im hellen und harten Sonnenlicht machten. Ich finde, sie sind trotzdem schön geworden.

Gartenreich Dessau-Wörlitz
Die Gondeln warten am Vormittag auf die ersten Besucher.
Gartenreich Dessau-Wörlitz
Die Wolfsbrücke, benannt nach dem Bauern Wolf, der dem Fürsten das Land für das Gartenreich verkaufte.
Gartenreich Dessau-Wörlitz
Die Wolfsbrücke mit einer schräg stehenden Eiche, die andere gegenüber ist bei einem Sturm umgekippt. Bäume und Brücke bildeten den Buchstaben A für Anhalt.
Gartenreich Dessau-Wörlitz
Die Goldene Urne, eines von vielen Kunstwerken, die im Gartenreich verteilt stehen.

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Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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